15.02.22: Bayerns Gesundheitsminister Holetschek (CSU) bei seiner Regierungserklärung zum Thema Corona im Bayerischen Landtag.
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15.02.22: Bayerns Gesundheitsminister Holetschek (CSU) bei seiner Regierungserklärung zum Thema Corona im Bayerischen Landtag.

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Schlagabtausch um Corona-Politik und Impfpflicht im Landtag

Bayerns Gesundheitsminister Holetschek hat die Corona-Lockerungen Bayerns in einer Regierungserklärung begründet. Aus der Opposition kommt vor allem wegen des Streits um die Teil-Impfpflicht Kritik - von "Brandbeschleunigung" ist die Rede.

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Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hat die am Vormittag beschlossenen Corona-Lockerungen für Bayern verteidigt. Es sei Zeit für "mehr Eigenverantwortung", sagte Holetschek bei einer Regierungserklärung im Landtag. Allerdings brauche es auch einen "Sicherheitsgurt", konkret die Verlängerung der epidemischen Lage im Freistaat. Diese Regelung ist auf Bundesebene schon abgeschafft, Bayern nutzt eine Ausnahmeregelung und möchte diese verlängern.

Corona sei nicht berechenbar, sagte Holetschek. "Wir sind noch in der Pandemie drin." Allerdings müssten die Inzidenzzahlen immer im Kontext bewertet werden und die Omikron-Variante sei nicht vergleichbar mit Delta. Ähnlich hatte bereits Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach der Kabinettsitzung am Vormittag argumentiert: Der Staat könne nicht die Verantwortung für den Einzelnen übernehmen, nachdem es mittlerweile genügend Impfstoff gebe und jeder sich entscheiden könne, sagte Söder.

Bei seiner Sitzung beschloss das Kabinett weitreichende Lockerungen. Unter anderem gibt es ab Donnerstag im Freistaat keine Kontaktbeschränkungen mehr für Geimpfte - und Ungeimpfte erhalten mit negativem Test Zugang zu weiteren Bereichen.

Hartmann fordert "mehr Sachlichkeit"

Bayerns Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann kritisierte Holetscheks Regierungserklärung als "Fundamentalopposition gegen Berlin". Er forderte mehr Sachlichkeit und weniger Wahlkampf. Auf die ab Donnerstag in Bayern geplanten Corona-Lockerungen ging Hartmann nicht im Detail ein. Er betonte aber, der Ampel-Plan, der vorsieht, dass bis zum 20. März bundesweit tiefgreifende Schutzmaßnahmen entfallen sollen, sei wegen der "neuen Lage der Pandemie" der richtige Weg. "Im Frühjahr und Sommer können wir leichter lockern", sagte Hartmann. Das Ziel sei, "dass wir keinen weiteren langen Corona-Winter erleben müssen".

"Impfen bedeutet Freiheit, Impfverweigerung schränkt unsere Freiheit ein", erklärte Hartmann. Im Streit um die einrichtungsbezogene Impfpflicht attackierte der Grünen-Politiker die Staatsregierung erneut scharf. Die Umsetzung der ab 15. März geplanten Teil-Impfpflicht sei in Bayern nicht richtig vorbereitet worden, kritisierte Hartmann. "Sie haben den Kanister mit Brandbeschleuniger für die Querdenker-Szene bereitgestellt", sagte er in Richtung Söder.

Zuvor hatte Bayerns Gesundheitsminister Holetschek gesagt, man habe sich von Anfang an zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht bekannt – nicht funktionierende "handwerkliche Dinge" müsse man aber nachbessern. "Sonst gehen wir an den Bürgerinnen und Bürgern vorbei." Die Bundesregierung kritisierte er abermals scharf - und warf ihr Schlampigkeit und Versagen in der Corona-Politik vor. In Berlin werde "ein Fehler nach dem anderen" begangen, sagte der CSU-Politiker.

AfD-Fraktionschef Singer: "Alle Teil des Teams Panik"

Ulrich Singer, der Vorsitzende der AfD-Landtagsfraktion, warf seinerseits der Staatsregierung Versagen und Missmanagement vor. Er attackierte auch die anderen Oppositionsfraktionen: "Sie alle sind Teil des Teams Panik." Ministerpräsident Söder habe die Gesellschaft gespalten. Singer forderte erneut ein Ende aller Anti-Corona-Maßnahmen.

SPD-Abgeordnete Waldmann kritisiert Söder

Die SPD-Gesundheitsexpertin Ruth Waldmann kritisierte vor allem den Ministerpräsidenten. Söder wolle immer wieder anderen Bundesländern reinreden, sagte Waldmann. Seit zwei Jahren fordere er vor Ministerpräsidentenkonferenzen gemeinsames Handeln und mache es danach in Bayern doch anders. Noch vergangene Woche habe die CSU im Plenum "genau das abgelehnt, was sie jetzt machen".

Grundsätzliche Kritik an Holetscheks Regierungserklärung kam von SPD und Grünen. "Von einer Regierungserklärung erwarte ich Plan, Prognose, Programm", twitterte der SPD-Abgeordnete Markus Rinderspacher. "Nichts davon" habe es bei Holetschek gegeben, "null". Der Grünen-Abgeordnete Tim Pargent attestierte Holetschek "Vorwahlkampf in Bayern". Ebenfalls bei Twitter schrieb Pargent: "Kaum Erläuterungen für die Maßnahmen und Beschlüsse in Bayern. Dafür umso mehr Angriffe auf die Bundesregierung."

Hagen: Söder "Wandervogel mit wenig Teamgeist"

Auch Martin Hagen, der Chef der Liberalen im Landtag, attackierte Söder und seine Wechsel vom Team Vorsicht ins Team Augenmaß und schließlich ins Team Freiheit. Im Fußball nenne man Spieler, die so oft das Team wechselten, Wandervögel. Söder sei ein Wandervogel der Politik mit wenig Teamgeist. Die jüngsten Lockerungen begrüßte Hagen. Man sei in den vergangenen Wochen Zeuge "diverser wundersamer Wandlungen" des Ministerpräsidenten geworden.

Der FDP-Fraktionschef forderte allerdings, die epidemische Lage auslaufen zu lassen. Als Rechtfertigung für Freiheitseinschränkungen habe zuletzt die Überforderung des Gesundheitswesens gedient. "Wir sehen, dass diese nicht mehr gegeben ist", sagte Hagen. "Wir sehen, dass immer mehr Länder um uns herum die Maßnahmen auslaufen lassen."

CSU-Abgeordnete Schorer-Dremel: "Freiheit und Verantwortung"

Die stellvertretende Vorsitzende der CSU-Fraktion, Tanja Schorer-Dremel, verteidigte den Kurs der Staatsregierung. Es sei richtig, Freiräume für Jugendliche zu schaffen. Gemeint ist die Regelung, dass künftig alle minderjährigen Schülerinnen und Schüler überall Zugang haben - auch dort, wo 2G gilt. "Ich kenne Familien, die haben mit Einschränkungen gelebt, sie haben sich an die Kontaktbeschränkungen gehalten und beim Distanzlernen durchgehalten" , sagte Schorer-Dremel. Sie verwies auch auf die psychische Belastung von Kindern und Jugendlichen durch die Einschränkungen.

Auch Fabian Mehring von den Freien Wählern lobte die Pandemie-Politik der Staatsregierung. "Omikron ist nicht Delta", sagte er. Man sei in einer gänzlich neuen Phase der Pandemie angekommen, Freiheit und Sicherheit müssten jetzt neu ausbalanciert werden. "Deshalb geben wir den Menschen mit verantwortungsbewussten, sanften Lockerungsschritten jetzt Teile ihres alten Lebens sukzessive mit einem konkreten Öffnungsplan wieder zurück." Bayern gehe bundesweit beim "Rückweg" voran.

Holetschek informiert den Landtag über die neuen Corona-Pläne
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Holetschek informiert den Landtag über die neuen Corona-Pläne

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