"Wir können heute feststellen, dass der Höhepunkt wohl von Corona erreicht ist", sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach der Kabinettsitzung am Dienstag – und kündigte dann umfangreiche Lockerungen für den Freistaat an. Sie sollen laut dem Kabinettsbeschluss ab Donnerstag, den 17. Februar, gelten. Geimpfte Menschen dürfen dann mehr Bereiche ohne zusätzlichen negativen Test besuchen. Nicht gegen Corona Geimpfte erhalten wieder Zugang zu Teilen des öffentlichen Lebens, für die bisher die 2G-Regel galt. Was sich ändert – ein Überblick.
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Wo in Bayern statt 2G jetzt 3G gilt
In viele Bereichen, zu denen im Freistaat bisher nur Geimpfte und Genesene Zutritt hatten, dürfen mit einem negativen Test auch Ungeimpfte wieder. Die sogenannte 3G-Regel gilt in Bayern künftig laut dem Kabinettsbeschluss für Hochschulen, Musikschulen, außerschulische Bildung sowie die berufliche Aus-, Fort- und Weiterbildung.
3G gilt demnach im Freistaat auch für Bibliotheken und Archive, Museen, Ausstellungen, Fitnessstudios, Solarien und "die eigene aktive Mitwirkung in Laienensembles (z.B. Blasorchester, Laienschauspiel)". Betroffen ist laut Kabinettsbeschluss zudem "die eigene aktive sportliche Betätigung".
Wie bisher gilt die 3G-Regel in Bayern vorerst weiter unter anderem für den öffentlichen Personennahverkehr, im Regional- und Fernverkehr, bei touristischen Bus- und Bahnreisen sowie auf Ausflugsschiffen im Linienverkehr. Die Testpflicht für Ungeimpfte besteht im Freistaat auch für körpernahe Dienstleistungen wie den Friseurbesuch, für Meisterkurse sowie für Theorie- und Fahrstunden von Fahrschulen. Wichtig: Selbsttests reichen nicht überall. Seit Ende November und Stand jetzt bis 19. März heißt es zudem bundesweit am Arbeitsplatz: Zugang nur für Geimpfte, Genesene oder Getestete.
Aus 2G plus wird in Bayern weitgehend 2G
"Aus 2G plus wird generell 2G", steht im aktuellen Kabinettsbeschluss. Damit gilt in vielen Bereichen, für die bisher 2G plus galt, in Bayern die 2G-Regel. Das betrifft Sportveranstaltungen, Kulturveranstaltungen (Theater, Oper, Konzerthäuser, Bühnen, Kinos), öffentliche und private Veranstaltungen "in nichtprivaten Räumlichkeiten", Messen, Kongresse, Tagungen sowie "Objekte der bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen indoor".
Zutritt für Geimpfte und Genesene ohne weitere Bedingung – das betrifft künftig im Freistaat auch den Besuch vieler Freizeiteinrichtungen wie Indoor-Spielplätze, Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen, Führungen in geschlossenen Räumen, Schauhöhlen und Besucherbergwerken. Dazu kommen, im Kabinettsbeschluss schwammig formuliert, "infektiologisch vergleichbare Bereiche".
Alle genannten 2G-Bereiche bleiben in Bayern vorerst Geimpften und Genesenen vorbehalten - wer noch nicht geboostert ist, braucht aber künftig keinen negativen Test mehr. Weiterhin gilt die 2G-Regel für zoologische und botanische Gärten, Gedenkstätten, Seilbahnen, Veranstaltungen von Parteien, Bäder, Thermen und Saunen. Übrigens wird nicht aus allen bisherigen 2G plus-Regeln im Freistaat "nur noch" 2G: Für den Museumsbesuch gilt statt 2G plus laut dem Kabinettsbeschluss sofort die 3G-Regel.
Gastronomie und Hotels: Weiter 2G – aber wie lange noch?
Für Restaurants und Hotels gilt in Bayern dagegen weiter die 2G-Regel – nur Geimpfte und Genesene dürfen also ins Restaurant oder Wirtshaus. Im Kabinettsbeschluss wird auch hier eine Lockerung zu 3G gefordert – allerdings bundesweit. Bayern erwartet sich demnach von Bund und Ländern "weitere Öffnungsperspektiven" für die Gastronomie und das Beherbergungswesen.
Als wahrscheinlich gilt, dass für Gastronomie und Hotels ab Anfang März in ganz Deutschland die 3G-Regel gilt – von Bund und Ländern vorgeschlagen ist der 4. März. Eine andere Lockerung für die Gastronomie im Freistaat gab es bereits: Die bayerische 22-Uhr Sperrstunde gibt es seit 9. Februar nicht mehr. Tanzen und laute Musik in geschlossenen Räumen der Gastronomie bleiben dagegen "nicht zulässig".
Neu: Ungeimpfte Jugendliche unter 18 haben überall Zutritt
Neu ist in Bayern auch eine sogenannte Generalklausel für Jugendliche: Demnach haben minderjährige Schülerinnen und Schüler, die in der Schule regelmäßig getestet werden, künftig zu allen Bereichen Zutritt. Monatelang durften sie bestimmte 2G-Bereiche nicht besuchen oder nutzen, zum Beispiel Kinos oder Theater. Sport, Musizieren und Schauspielern ist für ungeimpfte Jugendliche schon länger wieder möglich.
- Zum Artikel: Schließung, Quarantäne, Tests - Was in Kita, Hort und Schule gilt (Stand: 08.02.22)
Keine Kontaktbeschränkungen für Geimpfte mehr
Auch die bereits im Vorfeld von Ministerpräsident Söder angekündigten Änderungen bei den privaten Kontaktbeschränkungen hat das bayerische Kabinett auf den Weg gebracht: Für geimpfte und genesene Menschen entfallen sie komplett, weil sie laut Söder "nicht mehr angemessen und notwendig" sind. Bisher durften sich im Freistaat höchstens zehn geimpfte Menschen gleichzeitig treffen, Kinder unter 14 Jahren nicht mitgezählt.
Für Menschen ohne Corona-Impfschutz gilt die Lockerung nicht: "Die Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte bleiben unverändert", heißt es im Kabinettsbericht. Sobald auch nur ein Ungeimpfter dabei ist, darf sich also ein Haushalt in Bayern weiter nur mit maximal zwei Angehörigen eines weiteren Hausstands treffen. Auch hier werden Kinder unter 14 nicht mitgezählt.
Wo gilt in Bayern weder 2G noch 3G?
Keine Beschränkungen oder Bedingungen gibt es - abgesehen von der Maskenpflicht - für den Besuch im Supermarkt oder sonstigen Handel. Auch für medizinische, pflegerische oder therapeutische Leistungen braucht man in Bayern keinen Impf-, Genesenen- oder Testnachweis. Für private Treffen gilt das natürlich auch, für Ungeimpfte gelten aber weiter die genannten Kontaktbeschränkungen.
Öffnen Diskotheken und Clubs nach Fasching?
Diskotheken und Clubs sollen im Freistaat demnächst mit der 2G plus-Regel öffnen dürfen. Ein konkretes Datum gibt es aber bisher nicht, zunächst sollen sich Bund und Länder abstimmen. Möglicherweise sei "nach Fasching" der richtige Zeitpunkt, erklärte Söder. Stand jetzt weiter geschlossen bleiben in Bayern auch reine Schankwirtschaften sowie Bordelle.
Bayern: Große Veranstaltungen mit bis zu 25.000 Zuschauern
Für große Kultur- und Sportveranstaltungen in Bayern gilt künftig im Freien eine Teilnehmergrenze von 25.000. Für die Kultur gilt generell eine erlaubte Auslastung von 75 Prozent, für Sport-Events 50 Prozent. Die Besucher müssen weiter eine FFP2-Maske tragen. Erst vergangene Woche war die Grenze von 10.000 auf 15.000 Menschen erhöht worden. Der neue Grenzwert von 25.000 Besuchern pro Tag gilt ab diesem Donnerstag auch für Messen, Kongresse und Tagungen.
Zudem entfällt überall die Pflicht zur Kontaktdatenerfassung sowie die Pflicht, bei größeren Sport- und Kulturveranstaltungen nur personalisierte Tickets zu verkaufen. Wichtig auch: Bei Sport- und Kulturveranstaltungen mit mehr als 1.000 Personen darf in Bayern kein Alkohol ausgeschenkt werden.
Ebenfalls neu: Für Handels-, Dienstleistungs- und Handwerksbetriebe in Bayern entfällt die Begrenzung der Kundenzahl von einem Kunden pro zehn Quadratmeter. Weiterhin muss man eine FFP2-Maske tragen und nach Möglichkeit 1,5 Meter Abstand zu anderen halten.
Jetzt fix: Keine regionalen Lockdowns mehr
Passend zur Abkehr von den Inzidenzwerten als Richtschnur hat Bayerns Kabinett beschlossen, die bisher nur ausgesetzte Hotspot-Regelung ersatzlos aufzuheben. Demnach wird es in bayerischen Regionen mit einem Inzidenzwert über 1.000 keine regionalen Lockdowns mehr geben. Nach der bayerischen Hotspot-Regel hätte für die entsprechenden Kreise ein regionaler Lockdown verhängt werden müssen - die Vorschrift wurde aber Mitte Januar ausgesetzt.
Und Menschen, die sich nicht impfen lassen können?
Für Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können und das durch ein schriftliches ärztliches Attest belegen können, reicht für den Zugang nach 2G weiter ein negativer Test.
Maskenpflicht & Co: Was in Bayern weiter gilt
In geschlossenen Räumen (mit Ausnahme von privaten Räumlichkeiten), öffentlichen Verkehrsmitteln sowie Veranstaltungen im Freien gilt in Bayern weiterhin eine FFP2-Maskenpflicht. Kinder unter sechs Jahren sind davon ausgenommen. Bei 6- bis 15-Jährigen reicht ein medizinischer Mund-Nasen-Schutz. Abgenommen werden darf die Maske in der Gastronomie am Tisch sowie bei Veranstaltungen an festen Sitz- oder Stehplätzen bei Einhaltung eines Mindestabstands von 1,5 Metern zu Menschen aus anderen Haushalten.
Zu Gottesdiensten dürfen auch nicht gegen Corona Geimpfte. Die maximale Teilnehmerzahl hängt davon ab, wie viele Menschen Platz finden, solange der Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden kann. Entscheidet sich die Kirchengemeinde oder Glaubensgemeinschaft freiwillig für die 3G-Regel, entfällt die Personenobergrenze.
Wiesn & Co: Was ist mit Volksfesten?
Wie es mit Volksfesten in Bayern weitergeht, bleibt offen. Wirtschaftsminister und Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) zeigte sich optimistisch, dass in diesem Jahr Volksfeste stattfinden können. Noch im Februar werde es einen Runden Tisch dazu geben. Zwar gebe es bisher keine "abschließende Klarheit", erklärte Aiwanger. Er betonte aber: "Ich gehe fest davon aus, dass wir diese Feste realisieren können." Stand jetzt sind Volksfeste und Jahresmärkte in Bayern weiterhin untersagt.
Söder: "Hoffnung auf einen anderen Frühling"
Bayerns Ministerpräsident Söder begründete die jüngsten Lockerungen damit, dass die Tendenz bei den Neuinfektionen seit Tagen "leicht fallend" sei. Die Krankenhauszahlen seien weitgehend stabil, die Omikron-Variante "de facto einfach viel weniger gefährlich". Der "stufenweise Einstieg in den Ausstieg" sei deshalb "kein Wagnis". Der Ministerpräsident zeigte sich optimistisch: "Es gibt Anlass zu Hoffnung auf einen anderen Frühling und Sommer."
Grüne Haubrich: Söder erzeugt "Regelchaos"
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, Christina Haubrich, hatte bei BR24live nach der Kabinettsitzung am Dienstag den Zeitpunkt der Entscheidung kritisiert. Dass das bayerische Kabinett bereits vor den aktuellen Bund-Länder-Beratungen Beschlüsse gefasst habe, erzeuge ein "Regelchaos".
Die Oppositionspolitikerin forderte die Staatsregierung auf, schon jetzt Vorsorge zu treffen für eine weitere mögliche Corona-Welle im Herbst. Es brauche ein Abwasser-Monitoring und eine bessere Ausstattung der Gesundheitsämter. Freie-Wähler-Chef Aiwanger hatte die Regierung in Berlin zuvor aufgefordert, für ein robusteres Gesundheitssystem zu sorgen, um einschränkende Maßnahmen bei Infektionskrankheiten künftig zu vermeiden.
- Dieser Artikel listet die wichtigsten Corona-Regeln für Bayern auf, erhebt aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die jeweils aktuelle Infektionsschutzmaßnahmenverordnung für Bayern finden Sie hier auf der Webseite des bayerischen Gesundheitsministeriums.
Das gesamte BR24live am 15.02.22 zu den jüngsten bayerischen Corona-Lockerungen zum Nachschauen:
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