In einer Zeit, in der Krieg herrscht und in der die Gesellschaft gespalten ist, braucht es laut Klaus Holetschek gesellschaftlichen Zusammenhalt. Der CSU-Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag plädiert deshalb für eine gesellschaftliche Pflichtzeit, eine "Gesellschaftszeit", wie er es am Mittwochabend bei der Bürgerdiskussion "jetzt red i" im BR Fernsehen nannte. Man könne so Menschen für soziale Berufe, den Katastrophenschutz oder für die Bundeswehr gewinnen.
Pflichtzeit für Jung und Alt
Dabei will Holetschek nicht nur die Jungen in die Pflicht nehmen, sondern eine verpflichtende Lösung für Menschen aller Altersgruppen. "Wir sind ja auseinandergedriftet, wir brauchen wieder einen Spirit. Wo kommen wir wieder zusammen? Und das kann in jedem Alter sein." Der Staat, so der CSU-Politiker, sei immerhin kein "abstraktes Gebilde", sondern die Summe der Menschen, die sich für das Gemeinwohl engagieren.
Auch die Eichstätterin Elisabeth Boretzki, die im Publikum saß, sprach sich für eine verpflichtende Gesellschaftszeit für Menschen aller Altersgruppen aus. "Wenn man es einführt, dann muss es alle Generationen betreffen. Es kann nicht sein, dass die jungen Leute was leisten müssen, was alle anderen nicht leisten mussten", sagte Boretzki in der Sendung im BR Fernsehen.
Hagen: Pflichtzeit verstößt gegen Europarecht
Ganz anderer Meinung ist Martin Hagen, der Parteivorsitzende der bayerischen FDP. Er lehnt eine verpflichtende Lösung grundsätzlich ab. Mit einer Pflichtzeit würde man Menschen zu Tätigkeiten zwingen. "Es hält die Gesellschaft nicht zusammen, wenn man Leute gegen ihren Willen zu einem Pflichtjahr verpflichtet", sagte Hagen bei "jetzt red i". Jungen Menschen würde man damit ein Jahr ihres Lebens nehmen. Außerdem würde eine Pflichtlösung gegen das Europarecht verstoßen.
Im Europarecht sieht Holetschek keine unüberwindbare Hürde: "Natürlich müssen wir Gesetze ändern. Wenn wir meinen, dass es richtig ist, müssen wir es auch tun, sonst wäre es eine Kapitulation vor der guten Idee." Der CSU-Politiker wolle dabei über verschiedene Modelle nachdenken. Weg vom "starren Konzept", hin zu einer Lösung, die auf Bedürfnisse und verschiedenen Lebenslagen der Menschen eingeht: "Ich kann mir vorstellen, dass so ein Thema auf verschiedene Lebenszeitmodelle angepasst wird. (…) Dass wir Anreize schaffen von der Frage der Rente bis hin zu Themen wie 'kostenloser Führerschein' oder Studium. Wir müssen da anders denken", so Holetschek.
Pflichtjahr als Chance für jeden Einzelnen
Holetschek bemängelte, dass die Debatte um ein Soziales Pflichtjahr generell zu negativ geführt werde. Nicht nur die Gesellschaft könnte von einer Pflichtzeit profitieren, sondern auch der Einzelne: "Wir sollten viel mehr darüber sprechen, was die Freiwilligen aus dem Jahr mitnehmen".
Simon Münzer half sein Bundesfreiwilligendienst im Caritas-Kinderdorf Marienstein etwa bei der beruflichen Orientierung. "Ich wäre nicht da, wo ich jetzt bin, ich würde nicht Sozialpädagogik studieren, wenn ich den Bundesfreiwilligendienst nicht gemacht hätte", sagte Münzer in der Sendung. Für sein Engagement gab es Applaus vom Publikum – auch von FDP-Politiker Martin Hagen.
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