Last man standing: Franziskaner Richard Heßdörfer bleibt noch bis 31. Oktober in Kloster Engelberg, dann sollen indische Ordensmänner übernehmen.
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Last man standing: Franziskaner Richard Heßdörfer bleibt noch bis 31. Oktober in Kloster Engelberg, dann sollen indische Ordensmänner übernehmen.

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Kloster Engelberg: Franziskaner gehen, indische Brüder kommen

Fast 200 Jahre war das Kloster Engelberg im Landkreis Miltenberg in franziskanischer Hand. Nun wurde ein Abschiedsgottesdienst gefeiert. Der Orden gibt das Kloster aus Personalgründen auf. Die Seelsorge soll aber weitergehen – mit Hilfe aus Indien.

Über dieses Thema berichtet: Stadt Land Leute am .

Am Sonntag ist in Kloster Engelberg – zumindest offiziell – eine Ära zu Ende gegangen: Die Franziskaner geben den Wallfahrtsort in den südlichen Ausläufern des Spessarts auf. Aus diesem Anlass wurde ein Abschiedsgottesdienst mit zahlreichen Gläubigen gefeiert.

Orden muss knappes Personal klug einteilen

Seit 1828 war das Kloster mit Blick auf den Main bei Großheubach im Landkreis Miltenberg in franziskanischer Hand, der Klostersitz geht aber schon auf das 17. Jahrhundert zurück. Zuletzt waren aber nur noch zwei Franziskaner auf dem Engelberg – und die sollen auf Wunsch ihrer Provinz mit Sitz in München in für den Orden wichtigeren Klöstern eingesetzt werden: auf dem Kreuzberg in Bischofsheim in der Rhön und auf dem Frauenberg in Fulda.

"So leid es uns tut und so schwer es uns fällt, aber wir können es nicht mehr machen", sagt Richard Heßdörfer, der nach dem kürzlichen Weggang des zweitens Franziskaners inzwischen allein die Stellung auf dem Engelberg hält. Hintergrund der Klosteraufgabe ist das immer weniger werdende Ordenspersonal. Es fehlt an Nachwuchs, die noch aktiven Franziskaner werden immer älter. Heßdörfer ist heuer 76 geworden, knapp über dem Altersdurchschnitt der Franziskaner in der deutschen Provinz: Der liegt bei 73, rund ein Drittel sind über 80. Damit ist der Orden gezwungen, seine noch aktiven Leute auf seine Niederlassungen in der deutschen Provinz zu verteilen, die möglichst lange gehalten werden sollen.

Rund 1.000 Ordensleute im Jahr weniger – kaum Nachwuchs

Die Aufgabe von Kloster Engelberg ist nur ein Beispiel von vielen in der hiesigen Ordenslandschaft, die in der Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK) organisiert ist. "Zur DOK gehören ungefähr 14.000 Ordensleute und wir verlieren jedes Jahr ungefähr 900, 950, 1.000. Also das ist eine gewaltige Summe und dem stehen vielleicht zehn, 20, 30 Novizen gegenüber", sagt Andreas Murk, DOK-Vorsitzender und Franziskaner-Minorit in Kloster Schwarzenberg im Steigerwald.

Der Ordensverband ist daher aktiv geworden: Mit dem "Netzwerk alternde Gemeinschaften" hat er ein Beratungsangebot ins Leben gerufen, das Ordensleuten hilft, wenn eine Klosteraufgabe im Raum steht. "Wenn die Schwestern und Brüder zum Beispiel merken: Die Fläche ist zu viel, das Haus ist zu viel, die Pastoral funktioniert nicht mehr wirklich", erklärt Andreas Murk. "Dann muss die Gemeinschaft über die Nachnutzung entscheiden: Ein Klostergebäude in der Stadt lässt sich nochmal anders nutzen als ein Kloster, das idyllisch auf dem Land liegt. Manche sind vielleicht museal interessant."

Mit jedem Kloster "stirbt auch was von den Schwestern und Brüdern"

Und dann sei auch eine persönliche Dimension bei den Ordensgeistlichen nicht zu unterschätzen: "Es ist auch für die Mitglieder ein schwerer innerer Prozess, da stirbt auch was von Schwestern und Brüdern selbst und diesen Prozess zu begleiten ist auch ein Anliegen dieses Netzwerks."

Auf dem Engelberg bleibt den Mitarbeitern der Klosterschänke ein kleiner Trost: Die Gastronomie, für die der Engelberg für viele in der Region auch ein festes Ausflugsziel war, bleibt zumindest organisatorisch in franziskanischer Hand. Der Orden hatte eine eigene GmbH gegründet, die "Franziskaner Klosterbetriebe GmbH", zusammengeschlossen mit ihrer Gastronomie auf dem rund 150 km weiter nördlichen Kreuzberg. Die Angestellten in der Klosterschänke auf dem Engelberg hätten es freilich lieber gehabt, wenn auch die Ordensmänner geblieben wären: "Wir hätten das ganze Dorf mobilisiert und Unterschriften gesammelt, dass die Franziskaner da bleiben, aber es hieß: Es bringt nichts", sagt eine Mitarbeiterin.

Mit indischer Besetzung geht's auf dem Engelberg "normal weiter"

Nicht erst mit der Bekanntmachung Anfang Februar war die Entscheidung seitens der Provinz tatsächlich schon seit Längerem gefallen. Seither war aber unklar, ob und wenn ja, wie das geistliche Leben auf dem Engelberg weitergehen würde. Das ist nun geklärt: Die Oblaten des heiligen Josef – eine 1878 gegründete Kongregation von Ordensgeistlichen – gründen zum 1. November 2024 eine Niederlassung in Kloster Engelberg. Dafür hat der Würzburger Bischof Franz Jung den aus Indien stammenden Oblaten Nelson Antoney zum Wallfahrtsdirektor von Kloster Engelberg ernannt, ihm soll auch ein weiterer Ordensgeistlicher nachfolgen.

Vergangenen Mittwoch war Antoney auch schon zu Besuch bei Richard Heßdörfer, sagt der Franziskaner: "Pater Nelson lebt schon einige Jahre in Deutschland und kann gut Deutsch." Bis 31. Oktober bleibt Heßdörfer auf dem Engelberg, bis er nach Fulda wechselt. Der Franziskaner ist optimistisch: "Ich hoffe, dass ab November die Seelsorge mit der neuen indischen Besetzung des Klosters ganz normal wie bisher weitergeht."

Dieser Artikel ist erstmals am 29. Juli 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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