In der Küche von Rosa Lohrmann wird wieder fleißig geschnitten, gerührt und gebrutzelt. Es gibt: Gemüselasagne, Schweinelende mit Rahmschwammerl und natürlich Kaiserschmarrn. Seit Pfingsten haben auch die Hüttenbetreiber in den bayerischen Alpen ihre Außengastronomie wieder geöffnet – sofern der Sieben-Tage-Inzidenzwert im jeweiligen Landkreis unter 100 stabil ist.
Alte Hütte, neue Pächter
Seit 1. Mai sind Rosa und Sebastian Lohrmann die neuen Pächter der Priener Hütte in den Chiemgauer Alpen. Der Start für die beiden gelernten Pädagogen war dann doch etwas holprig: "Mein Mann ist Profi im Gesetzestexte lesen, denn die Auflagen sind schon heftig. Es ist ja anders als im Hotel: Wir haben Lagerplätze, wo gerne viele Familien und Gruppen zusammenkommen. Das geht gerade alles nicht. Das sind schon große Einbußen, aber wir machen das Beste draus. Die Gäste sind so dankbar, dass sie mal rauskommen und woanders schlafen dürfen", erzählt Rosa Lohrmann im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk.
Hütten-Übernachtung: ja, aber …
Es gibt Freude über die Öffnung der Außengastronomie einerseits, aber auch Unverständnis über die Übernachtungs-Regelungen andererseits. Denn: Pro Zimmer darf derzeit nur ein Hausstand übernachten. "Unzumutbar", findet Roland Stierle, der Vizepräsident vom Deutschen Alpenverein. "Hütten sind keine Hotels. Wenn in einem Matratzenlager mit 40 Schlafplätzen nur ein Hausstand liegen darf, dann ist ein ganzes Lager reserviert - im Zweifel mit nur einer Person. Das ist unzumutbar und wirtschaftlich absolut unrentabel." Aktuell muss also eine fünfköpfige Wandergruppe in fünf verschiedenen Zimmern schlafen, wenn die Gruppenmitglieder nicht aus demselben Hausstand stammen. Ausnahmen gibt es für Geimpfte und Genesene, die überall mit dazugelegt werden dürfen.
Nur 20 Prozent der Hüttenschlafplätze können genutzt werden
Bei Familie Lohrmann auf der Priener Hütte gibt es 15 Zimmer und 70 Betten - prinzipiell wären 15 Hausstände dann möglich, allerdings fehlt es bei Ihnen an Tischen. "Wir haben im Wirtshaus nur Platz für zwölf Tische mit Abstand. Mehr geht nicht", sagt Rosa Lohrmann.
Forderung nach Regelungen des vergangenen Sommers
DAV-Vizepräsident Stierle ist im ständigen Austausch mit den Ministerien und fordert von der Bayerischen Staatsregierung: "Wir brauchen Perspektiven und Planungssicherheit - und zwar schnell. Und wir fordern die gleichen Regelungen wie im letzten Jahr. Da konnten zwei Hausstände in einem Zimmer untergebracht werden, sogar Gruppen zählten als ein Hausstand. Warum soll das dieses Jahr nicht wieder möglich sein? Geimpft, Genesen und Getestet - auch das muss auf Hütten gleichgestellt werden. Warum soll ich nicht mit getesteten Bergsteigern in einem Zimmer mit Abstand schlafen dürfen, wenn ich mit ihnen vorher fünf Stunden am Biertisch gesessen bin?"
Keine Corona-Infektion auf DAV-Hütten 2020
Die gesamte Sommersaison 2020 hat es laut Stierle keine Corona-Infektion auf den DAV-Hütten in Bayern gegeben. Es sollen schnelle Lockerungen der Regelungen kommen, denn "wir brauchen gute Hüttenwirte. Die müssen natürlich auch ihr Geld verdienen. Es besteht die große Gefahr, dass Hütten geschlossen bleiben und Pächter und Pächterinnen auf Dauer abspringen."
Berghütten für Wirtschaft, Tourismus und Natur wichtig
Der DAV Vizepräsident weiß, wie wichtig die Perspektiven nicht nur für die Wirte sind. Berghütten sind wichtig für den Tourismus in einer Region. "Dort wo Hütten sind mit einer Sanitäranlage, mit Verpflegung und Übernachtung wird nicht wild biwakiert oder wild herumgelaufen. Die Öffnung der Hütten hilft allen. Wirtschaft, Tourismus und der Natur", erklärt er.
Hüttenauslastung im vergangenen Jahr nur bei 40 Prozent
Im vergangenen Jahr lag die Auslastung der Hütten im Durchschnitt bei 40 Prozent. Das soll sich 2021 ändern, denn es werden mehr Gäste erwartet. Ein Grund sind Impfungen und die Möglichkeit sich auf Covid-19 zu testen.
Corona-Schnelltest im Rucksack
Noch sind einzelne Plätze auf der Priener Hütte frei, aber die Nachfragen werden mehr. Neben der Reservierung und einem negativen Coronatest (außer: für vollständig Geimpfte oder für Genesene) müssen die Gäste auch einen eigenen Schlafsack, Kopfkissenbezug und Handtuch mitbringen. Hüttendecken gibt es aktuell nicht. Ein Tipp für alle Mehrtages-Wanderer von Rosa Lohrmann: "Wer länger bleibt, der kann vor uns einen Schnelltest machen - sprich Vier-Augen-Prinzip. Den Schnelltest also bitte mit in den Rucksack packen. Wir haben zur Not auch Schnelltests vor Ort, aber eigentlich sehen wir uns nicht als Apotheke."
Nur wenig ist für Hüttengenuss nötig
Wer also reserviert und den Rucksack richtig packt, der kann den Sonnenuntergang und Sternenhimmel über Nacht genießen – inklusive Alpenpanorama.
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