In der Republik wird gestritten. Um den ökologischen Wert von Lorbeerkirsche, Rhododendron und Co. – allesamt Pflanzen, die in Klein- und Vorgärten im Trend liegen. Umwelt- und Naturschützer – allen voran der NABU – stellen diese "importierten Fremdgewächse" allerdings an den Pranger. Sie sollen das Insektensterben befördern und gehörten daher aus dem privaten Grün entfernt. Ein generelles Verbot wird gefordert. Für die in die Kritik geratenen Modesträucher gibt es auch Fürsprecher, wenngleich die heimischen Alternativen auch attraktiv sind.
Für Gärtner praktisch – für Insekten und Vögel wertlos
Die Lorbeerkirsche, im Volksmund Kirschlorbeer genannte, ist pflegeleicht und stellt kaum Ansprüche an Boden und Standort. Zudem ist die der wuchsfreudige Strauch immergrün und macht blickdicht. Auch Forsythien haben Vorzüge: wegen ihrer zahlreichen kleinen leuchtendgelben Blüten sind sie wahre Hingucker im Garten.
Allerdings gehört diese Pflanze zu den vom Menschen gezüchteten Hybriden. Das heißt: Die Blüten produzieren weder Pollen noch Nektar. Damit sind sie für Bienen und andere Insekten nutzlos. Unter Futter- oder Nistplatzaspekten betrachtet bringt auch Bambus nichts. Zudem ist sein unterirdischer Ausbreitungsdrang nur mit einer so genannten Rhizom-Sperre in Schach zu halte. Und gegen den Buchs als grünen Gartenzaun spricht mittlerweile vor allem der Buchsbaumzünsler.
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Sippenhaft für Rhododendren
Unverständlich erscheint jedoch Fachleuten wie der Gärtnermeisterin Anna Angermeier aus Bad Feilnbach, dass auch Rhododendren generell in die Kritik geraten sind. Denn bislang ist nur der Pontische Rhododendron auf eine Liste invasiver Arten beim Bundesamt für Naturschutz gelandet. Wohlgemerkt auf der Schwarzen; weil konkurrenzstark. Ein Blütenstand erzeugt bis zu 7.000 Samen, eine Pflanze bis zu einer Million. Und nachdem die Samen leicht sind, werden sie mit dem Wind weit vertragen. Jenseits des Gartenzauns hat Rhododendron ponticum zudem das Zeug, heimische Pflanzen der Krautschicht zu verdrängen. Das ist ein Problem vor allem im Wald, weil es die Naturverjüngung heimischer Baumarten schwer macht und hat zum Beispiel in Großbritannien schon zu sehr hohen Kosten für die Bekämpfung geführt.
Auch in der Liste zu finden: die Lorbeerkirsche. Aber auch anderen zartweißen Blüten – wie bei Rhododendren auch – herrsche reger Flugverkehr von Hummeln, Bienen und Co. Inwiefern sich dort aber eine wertvolle Tracht – also große Mengen an Nektar, Pollen und Honigtau finden – das können Gartenfachleute wie Anna Angermeier nicht genau sagen.
Jedoch hält die Gärtnermeisterin nichts von dem Postulat manch eines Umwelt- und Naturschutzverbandes, nur heimische Pflanzen im Klein- oder Vorgarten zuzulassen. Denn dann wäre auch auf unseren Tellern nicht viel zu finden, weil beispielsweise weder Sonnenblumen und Kartoffeln noch die Tomaten heimisch sind. Sogar das Gänseblümchen kommt aus Asien.
Vorgaben von Baugenehmigungsbehörden
Eine Lorbeerkirsche oder ein Rhododendron im ansonsten auf Vielfalt ausgerichteten Privatgarten, das wäre für Martin Hänsel vom Bund Naturschutz in Bayern kein Problem. Es sei in der Monokultur zu sehen. Und dagegen müsse insbesondere bei Neubauten mit entsprechenden Auflagen seitens der Baugenehmigungsbehörden gegengesteuert werden, so seine Forderung.
Geht man nämlich mit offenen Augen durch Neubaugebiete, finde man in zahllosen frisch angelegten Rabatten vor allem Lorbeerkirsche, Rhododendron, Thuja und auch Buchs; von heimischen Stauden und Sträuchern keine Spur.
- Zum Artikel "Sichtschutz im Garten: Es muss nicht immer Thuja oder Buche sein"
Für die Hecke: Exotische Modesträucher gegen heimische Alternativen
Als Gartenhecke können heimische Stauden und Sträucher nicht nur nach Auffassung von Naturschützer Martin Hänsel, sondern auch in Augen von Gärtnermeisterin Anna Angermeier mithalten. Gut zuschneiden lassen sich zum Beispiel Hainbuchenhecke, Kornelkirsche oder Liguster, der bei konsequentem Schnitt innen sehr dicht wird. Dadurch bietet er Sichtschutz und ist auch unter Spatzen beliebtes Versteck. Ebenfalls als Heckenpflanze geeignet: Rosen, genauso wie Haselnuss. Und vor allem Weiden stehen bei Bienen hoch im Kurs.
Denken sollte man in Sachen Hecke auch, so der Rat von Gärtnermeisterin Angermeier, an Weigelia oder Buddleja. In Frage kommen auch einfach blühende Hartriegel, Caryopteris oder Perowskie. Und wenn es an Stelle von Wacholder oder Schlehe unbedingt Immergrünes sein soll, dann stehen Ilex oder Eibe zur Verfügung. Zwar sind all deren Bestandteile giftig – bis auf den roten Samenmantel. Aber gerade der ist bei Vögeln beliebt. Und wo man nicht auf kleine Kinder achten muss, ist Pfaffenhütchen auch eine Alternative. Dessen Früchte sind zwar giftig, aber für eine Vielzahl von Insekten bedeutsam.
Genauso wie fürs Rotkehlchen: das fliegt geradezu auf die Samen, die in den markant orangen leuchtenden Hüllen und dem typischen kaminrosa "Häubchen" am "gewöhnlichen" Spindelstrauch – so der Fachname fürs Pfaffenhütchen – versteckt sind.
Gartenpflanzen: Ökologischer Wert vor erfreulichem Anblick
Die allerwichtigste Funktion von Gartenpflanzen ist nach Worten von Naturschützer Martin Hänsel, dass sie Nahrungsquelle und Lebensraum für eine Vielzahl von Tieren darstellen. Insofern müssen auch Gartenhecken nicht in erster Linie dem Menschen nutzen.
Streng genommen sei noch nicht einmal wichtig, ob ihr Anblick Freude bereite. Denn an einheimischen Arten wie Weißdorn, Schlehe, Holunder, fänden sich zum Beispiel leicht 60 Tierarten. An der Brombeere in einer Hecke unter anderem Wildbienen, die in die Stängel Löcher bohren, dort überwintern oder ihre Brut ablegen. Das könnten Rhododendron, Lorbeerkirsche, Bambus und Co. nicht bieten. Dort seien, wenn überhaupt, vorwiegend Allerweltsarten wie die Amsel zu finden.
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