Zwischen 20 bis 100 Millionen Vögel sollen es sein, die von Katzen in Deutschland getötet werden. Obwohl das nur grobe Schätzwerte sind, wie der Ornithologe Lars Lachmann vom Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU) sagt, sei es "wahrscheinlich die zweitgrößte menschengemachte Todesursache von Vögeln" und komme gleich nach dem Tod von Vögeln durch den Anflug gegen Glasscheiben. Das Problem: Katzen bringen ihre Beute selten nach Hause. So weiß man nicht, wie viele Mäuse und Vögel sie erbeuten. Martin Wikelski, Biologe und Ornithologe am Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie in Radolfzell, will das ändern und hat eine Lösung dafür.
Neuer Sender für Katzen: Körperachsen verraten Verhalten
Martin Wikelski hat einen Sender entwickelt, mit dem Katzen nicht nur geortet werden können, sondern mit dem auch ihre Bewegungsmuster gezeigt werden können. Möglich machen das ein GPS und ein Bewegungsmesser, die in dem Sender eingebaut sind.
Die Bewegungsdaten, die so zusammenkommen, kann Martin Wikelski auf seinem Laptop auslesen.
"Wie die Katze sich im Raum bewegt, wenn sie springt oder langsam läuft oder sich hinlegt oder umdreht, das sehen wir alles in diesem Beschleunigungsmuster. Und damit können wir das Verhalten der Katze rekonstruieren, wenn sie draußen ist", erklärt der Biologe.
Die Beschleunigungsmuster beziehungsweise Bewegungsmuster sehen auf Wikelskis Laptop aus wie Linien auf einer Zeitachse. Liegt die Katze, ist die Linie ein waagerechter Strich. Läuft sie, dann gibt es Zacken in der Linie. Aus diesen Mustern lässt sich das Verhalten der Katze ablesen. Und eben auch sehen, ob sie einen Vogel oder eine Maus gejagt hat und wie erfolgreich sie dabei war. Letztlich sind es die Positionen der Körperachsen der Katze, die verraten, was sie gerade macht. Und die kann man mithilfe des neu entwickelten Senders exakt bestimmen.
"Mit diesen Sendern kann man genau sehen, wie die Körperachsen von so einer Katze sind. Also ob die sitzt, oder nach unten schaut, oder am Boden irgendetwas macht, oder eben dann nach oben schaut." Martin Wikelski, Ornithologe und Biologe
Wenn die Aufmerksamkeit des Tieres nach oben gerichtet ist, dann seien die Körperachsen verdreht, erklärt der Verhaltensbiologe. Daraus kann er dann rekonstruieren, ob die Katze eine Fledermaus oder Eule gejagt hat oder einer Maus am Boden hinterhergelaufen ist.
Studie mit Katzensender geplant
Mit dem neuen Sender will Martin Wikelski demnächst eine Studie machen. Etwa 100 Bürgerwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler sollen dafür das von ihm entwickelte Gerät zur Verfügung gestellt bekommen, um es ihren Katzen umzuhängen. Vielleicht erfahren wir so endlich, was Hauskatzen auf ihren täglichen und nächtlichen Streifzügen so alles treiben. Und vielleicht wissen wir dann etwas genauer, wie viele Vögel Katzen tatsächlich töten.
Rat an Katzenhalter: So schützen sie jetzt die Vögel
Womöglich gelingt es mit der neuen Technik sogar, Vögel besser vor den Angriffen jagender Katzen zu schützen.
Wer das schon jetzt machen möchte, für den hat Lars Lachmann vom NABU einen Rat:
"Der wichtigste Tipp für Katzenbesitzer ist, die Katzen jetzt zur Brutzeit, insbesondere von Mai bis Juli, vor allem morgens und vormittags im Haus zu behalten. Denn das ist die Zeit, wo Jungvögel zum ersten Mal aus dem Nest fliegen und besonders tollpatschig sind und [den] Katzen nicht ausweichen können. " Lars Lachmann, Vogelschutzexperte beim NABU
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