Das Gekrähe sticht sofort ins Ohr, wenn man den Memminger Waldfriedhof betritt. Im hinteren Teil des Friedhofs, oben, in den höheren Baumkronen, sind die Nester von Saatkrähen – dicht an dicht. Direkt darunter: Vogelkot auf den Wegen, auf den Bänken, Gießkannen, Grabsteinen – überall weiße Flecken.
Krähenkot verärgert die Friedhofsbesucher
Auch das Familiengrab einer Friedhofsbesucherin ist vom Kot der Saatkrähen betroffen: "Schlimm ist das", klagt die Frau. Ein paar Gräber weiter ist Alfred Singer aus Kempten am Scheuern des Grabsteins: "Jetzt habe ich extra eine Stahlbürste mitgebracht, um wenigstens den gröbsten Dreck wegzukriegen. Das ist für mich das hauptsächlich Ärgerliche."
Memmingen wird die Krähen nicht los
Die Beschwerden über die Krähen kennt der Leiter des Memminger Amts für Stadtgrün und Friedhöfe, Michael Koch, nur zu gut. Dabei hat die Stadt schon alles Mögliche gegen sie versucht, was wegen des besonderen Schutzstatus gar nicht so einfach ist: "Man hat versucht, sie mit Falken zu vertreiben, aber das war auch nicht erfolgreich. Die Krähen sind so schlau, die haben genau gewusst, wenn der Falkner kommt. Die haben das Auto erkannt – haben eigentlich drüber gelacht."
Auch laute Geräusche oder Nester runterpflücken hat nichts gebracht: "Das sind so soziale Tiere, die helfen zusammen und bauen gemeinsam Nester wieder auf. Und im Endeffekt war noch mehr Krach, noch mehr Dreck und noch mehr Unruhe auf dem Friedhof für einen längeren Zeitraum, sodass wir das jetzt eigentlich eingestellt haben", sagt Michael Koch.
Memmingen stellt Regenschirme zur Verfügung
Die Stadt unternimmt nichts mehr gegen die Saatkrähen am Waldfriedhof. Auch mit dem Hintergrund, dass die Vögel sich nicht in kleinere Kolonien im ganzen Stadtgebiet aufteilen und das Problem noch größer wird. Damit die Besucher aber zumindest etwas entspannter über den Waldfriedhof gehen können, hat sich Amtsleiter Michael Koch etwas einfallen lassen: Leihschirme an den Eingängen. "Das Einzige, was wir tun können, ist eine Schutzvorrichtung zur Verfügung zu stellen, dass man eben den Friedhofsbesuch halbwegs genießen kann. Also wir wollen auf jeden Fall auch Anteilnahme zeigen, aber auch sagen: 'Mehr geht leider nicht.'"
Nach Brutzeit wieder Ruhe am Waldfriedhof
Und ewig dauert die Krähenplage auf dem Memminger Waldfriedhof glücklicherweise nicht mehr an: Nach Ende der Brutzeit Anfang Juni kehrt dort – und auch überall sonst – wieder mehr Ruhe ein. Bis dahin müssen Alfred Singer und die anderen Grabbesitzer eben weiterhin mit der Stahlbürste ran und den Leihschirm auspacken.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!