Freudige Frauen und Männer kümmern sich um Hühner
Bildrechte: BR/Katharina Reichart

Mehrere engagierte Frauen und Männer kümmern sich in dem Kunstprojekt um die Hühner.

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Kunstprojekt in Kempten: Hühner für die Seele

Seit Juli leben in Kempten - mitten im Herzen der Stadt - sieben Hühner. Sie sind ein Kunstprojekt und sollen Menschen und Nutztiere wieder mehr zusammenbringen. Und damit haben die Hennen Cleo, Hanna, Trudi und Co Erfolg.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Sie gackern leise vor sich hin und scharren im Sand, der für sie auf den Stallboden geschüttet wurde. Die sieben Hennen, die seit Juli am sogenannten Reglerhaus unterhalb der Burghalde in Kempten ein neues Zuhause gefunden haben, werden regelrecht betüdelt. Ehrenamtliche Hühnerversorger misten aus und bringen den Hühnern täglich frisches Wasser und Futter. Marianne Hartmannsberger zum Beispiel kocht sogar Nudeln für das Federvieh: "Weil sie das gerne mögen. Ich möchte auch nicht jeden Tag Körner, ich möchte auch mal was anderes essen."

Areal wird umgenutzt

Der Hühnerstall in Form eines Bauwagens wurde an ein altes Gebäude des früheren Kemptener Gaswerks angebaut, davor ein Gehege mit Freilauf-Fläche. Künftig soll das sogenannte Reglerhaus als Haus der Baukultur genutzt werden. Bis es soweit ist und der Umbau stattfinden kann, wird es aber noch eine Weile dauern. Für die Übergangszeit hatte das architekturforum allgäu deshalb einen Kunst-am-Bau-Wettbewerb ausgeschrieben. Das Hühner-Projekt der Frankfurter Künstlerin Rahel Seitz hat die Jury überzeugt. Franz Schröck, Vorsitzender des architekturforums, erklärt das so: "Das Projekt rückt einmal das Gebäude in den Mittelpunkt, es transportiert eine Nutzung und es versucht Aufmerksamkeit zu generieren, außerdem bringt es Menschen zusammen. Alles, das was Architektur im besten Fall auch bewirken soll."

Hühner sollen Miteinander fördern

Nutztiere in der Stadt waren früher üblich: Fast jeder hatte einen kleinen Stall an das Wohnhaus angebaut. Laut Schröck sind diese Lebensräume für Tiere und Pflanzen nach dem 2. Weltkrieg aber verloren gegangen - selbst in vergleichsweise kleinen Städten wie Kempten. "Da muss gerade angesichts der Klimakatastrophe wieder ein Umdenken stattfinden."

Die Stadtteilhühner sind ein erster Schritt dazu: Sie sollen das Miteinander, mehr Verständnis und mehr Gefühl füreinander vermitteln. Laut Künstlerin Rahel Seitz, die eigentlich Bühnenbildnerin ist, geht ihr Konzept schon jetzt auf. Im Sommer habe sie eine Mutter beobachten können, die Tag für Tag mit ihrem Kind zum Stall gekommen sei, eine Decke ausgebreitet habe und einfach da saß. Das Kind sei völlig zufrieden gewesen, die Mutter entspannt, erzählt Seitz. "Außerdem kommen regelmäßig ältere Menschen und die Kinder im Viertel sprechen inzwischen davon, dass sie auf den Spielplatz und zu den Hühnern gehen."

Tiere locken Besucher an

Hanna, Hertha, Trudi und Co bereichern das Stadtquartier unterhalb der Burghalde. Das berichten auch die Bewohner selbst. "Die Hühner bringen uns tatsächlich zusammen", sagt Norbert Hirsch. Und Marlies Stubenrauch fügt an: "Ich kenne jetzt Nachbarn, die ich bisher nie gesehen habe."

Treffpunkt Hühnerstall, wo nicht nur Menschen, sondern auch Architektur und Landwirtschaft zusammenkommen - und das noch mindestens ein Jahr lang : Vom Kulturamt der Stadt Kempten und aus dem Fonds für Soziokultur des Bundes gab es 22.000 Euro. Damit können die Hühner erst einmal bleiben. Außerdem sind Feste, Mitmachaktionen und Ausstellungen geplant, um noch mehr Menschen für das Projekt "Von Hühnern, Raumeroberungen und neuen Verbündeten" zu begeistern. Zum Beispiel sind auch alle Besucher aufgefordert, ihre Hühner-Erlebnisse aufzuschreiben oder aufzumalen. Es kommen Tierpädagogen, Kindergärten und Senioren-Häuser, machen Ausflüge zu den Hühnern. Das Federvieh hat den Stadtteil also längst erobert und findet immer mehr "Verbündete". Inzwischen übt sogar eine QiGong-Gruppe direkt vorm Hühnerstall.

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