Wie immer sehr gepflegt und aufmerksam sitzt die Heilpraktikerin aus Schrobenhausen vor der Strafkammer am Landgericht Ingolstadt. Diesmal im goldenen Jackett und passender goldener Handtasche. Das Betrugsverfahren gegen sie und einen Unternehmer aus Ingolstadt läuft bereits seit vergangenem Juni. Die Staatsanwaltschaft wirft der Heilpraktikerin und ihrem mutmaßlichen Geschäftspartner vor, todkranke Patienten über das untaugliche Krebsmittel BG-Mun getäuscht und es ihnen zu völlig überhöhten Preisen verkauft zu haben.
Schon über 60 Zeugen gehört
Seit Prozessbeginn hat das Gericht bereits an 32 Verhandlungstagen über 60 Zeugen vernommen, darunter zahlreiche frühere Patienten der Heilpraktikerin sowie auch Angehörige verstorbener Patienten. Viele von ihnen haben eindringlich geschildert, wie die Heilpraktikerin ihnen beziehungsweise ihren Angehörigen Heilung in Aussicht gestellt habe, wenn sie das untaugliche Präparat kaufen und anwenden. Aktuell stehen noch rund weitere 40 Personen auf der Zeugenliste.
Verteidiger lehnt Teileinstellung ab
Bei den Verteidigern stößt der Vorschlag, einige Fälle gemäß Paragraf 154 Strafprozessordnung einzustellen in einer ersten Reaktion auf Ablehnung. Die noch nicht behandelten Fälle wären wichtig, so ein Verteidiger, denn einige seien wohl "geeignet, ein positives Licht auf die Mandantin zu werfen". Ganz anders sieht das das Gericht. Es erachtet die wichtigen Aspekte des Betrugsverfahrens bereits in der bisherigen Beweisaufnahme geklärt.
Deal des Gerichts abgelehnt
Das Gericht hatte den beiden Angeklagten zur Jahreswende einen Deal vorgeschlagen. Im Kern lautete das Angebot des Gerichts für die Heilpraktikerin: Reduzierter Strafrahmen von zwei Jahren und zwei Monaten bis zwei Jahre und zehn Monate gegen Geständnis und Zahlung von rund 68.500 Euro zur Schadenswiedergutmachung.
Auch dem mitangeklagten mutmaßlichen Hersteller von BG-Mun hatte das Gericht einen Deal angeboten: Gegen ein Geständnis sollte sich seine Freiheitstrafe ebenfalls reduzieren - zwischen fünf Jahren und vier Monaten und sechs Jahren. Die Angeklagten haben den Deal des Gerichts jedoch abgelehnt haben. Sie hoffen offenbar immer noch auf Freispruch oder zumindest eine deutlich mildere Strafe.
Pflichtverteidiger muss weitermachen
Das Ausschlagen dieses Deals hat jedoch auch auf Seiten der Verteidiger teilweise für Unverständnis gesorgt und das Vertrauensverhältnis zum Mandanten belastet: Einer der Pflichtverteidiger des Unternehmers hatte das Gericht um seine Entlassung gebeten. Das hatte das Gericht jedoch abgelehnt.
Professorinnen-Titel nur "Schmuckzertifikat"
Das Gericht hat sich heute auch mit dem Anklagepunkt des Titelmissbrauchs befasst, konkret mit der Tatsache, dass die Heilpraktikerin mündlich und auch auf Werbeflyern den Titel Professorin geführt hat. Dieser Professorentitel stammt von einer Bildungseinrichtung in den USA, die selbst in den USA nicht als Universität anerkannt ist. Wie der Vorsitzende Richter vortrug, erkennt die deutsche Kultusministerkonferenz diesen Titel hierzulande nicht an und bezeichnet ihn als "Schmuckzertifikat". Zu diesen Ausführungen des Gerichts machten die Verteidiger der Heilpraktikerin keine Angaben.
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