Kirchenbänke, Heiligenfiguren, die Orgel: Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, Mitarbeitende aus der Pfarrei und der Stadt räumen die ehemalige Pfarrkirche "Zu den Acht Seligkeiten" aus.
Kirchenglocken läuteten ein letztes Mal
Viele Gegenstände sollen weiterverwendet werden. Ein Teil der Kirchenbänke kommt zum Beispiel in die Aussegnungshalle am örtlichen Friedhof, damit Trauernde es dort bequemer haben. Ein großes Kreuz mit Jesusfigur, eine Holzstele und die diesjährige Osterkerze samt Kerzenständer übernimmt das städtische Museum als Dauerleihgabe. Die kirchlichen Gegenstände kommen zwar erst einmal ins Depot, werden dort aber gesäubert und fachgerecht aufgehoben, versichert Isabelle Schwarz, Leiterin der städtischen Museen in Füssen.
Nachdem der Augsburger Bischof Bertram Meier am Sonntagabend das Profanierungsdekret verlesen hatte, wurde der Tabernakel geleert, das Portal geschlossen und die Kirchenglocken haben ein letztes Mal geläutet. Damit ist das Kirchengebäude kein sakraler Ort mehr.
Kosten für Sanierung nicht kalkulierbar
Mitgefeiert haben den letzten Gottesdienst so viele Menschen wie schon lange nicht mehr. Stadtpfarrer Frank Deuring geht davon aus, dass gut 700 Gläubige gekommen sind: "Mehr als an Ostern und Weihnachten zusammen", so Deuring. Das ist ein Grund, warum die große Pfarrkirche aus den 60er Jahren abgerissen wird: Die Zahl der Menschen, die regelmäßig in die Kirchen gehen, ist in den vergangenen Jahrzehnten drastisch gesunken. Außerdem ist der Betonbau stark sanierungsbedürftig, die Kosten unkalkulierbar. "Die Immobilie ist aus energetischer Sicht eine absolute Katastrophe", meinte der Augsburger Bischof Bertram Meier in seiner Predigt, der Abriss sei deshalb unausweichlich.
Das Ende des Gotteshauses ist das Ergebnis eines langen Prozesses mit vielen Diskussionen: Schon vor acht Jahren hat sich die Pfarrgemeinde für den Abriss entschieden. Trotzdem tue es nun in der Seele weh, dass die Kirche dicht gemacht werde, so der Bischof.
Trauer und Wehmut bei den Gläubigen
Die Emotionen stehen auch den Gottesdienstbesuchern ins Gesicht geschrieben: Oft laufen Tränen, als Pfarrer Deuring die Kerzen und die Tücher vom Altar wegräumt und diesen entblößt hinterlässt. Beim Imbiss nach dem Gottesdienst lassen die Menschen die fast 60 Jahre dauernde Geschichte von "Acht Seligkeiten" Revue passieren. Manche haben die Grundsteinlegung miterlebt, ihre Erstkommunion gefeiert oder geheiratet. "Das macht schon traurig, wenn es diese Kirche jetzt bald nicht mehr gibt", sagt zum Beispiel eine Frau. Eine andere meint: "Wie es wohl wird, wenn die Kirchenglocken nicht mehr läuten?" Sie lebe nur 200 Meter von der Kirche entfernt und habe die Glocken jeden Tag gehört.
Zu der Trauer und der Wehmut mischt sich bei vielen aber auch ein hoffnungsvolles Gefühl: "Wenn jetzt hier nur grüne Wiese kommen würde, dann wäre es sehr traurig, aber es soll ja etwas Neues entstehen. Und darüber freue ich mich", sagt eine junge Frau.
Nach dem Abriss soll ein Begegnungszentrum entstehen
Genau das wollen auch Stadtpfarrer Deuring und der Augsburger Bischof vermitteln. Sie wünschen sich, dass die Pfarrgemeinde nicht in Trauer versinkt. Das Motto lautet deshalb: Abbruch heißt Aufbruch. Die Pläne für die Zeit nach dem Abriss gibt es schon. Auf dem Grundstück soll ein neues Begegnungszentrum für die Pfarrei entstehen – mit einer Kapelle, einem Saal, Büro, einem Jugendraum und einer Beratungsstelle. Außerdem wird ein dringend benötigter neuer Kindergarten gebaut.
Bevor Mitte Oktober der Abbruch des Anbaus mit dem Kindergarten und der Sakristei beginnt, sollen noch viele Gegenstände aus der Kirche für die weitere Verwendung entfernt werden: Eine ehrenamtliche Bewegung junger Architekten, Ingenieuren und Ökologen aus Kaufbeuren will zum Beispiel die Glasfenster, die restlichen Kirchenbänke oder den Holzfußboden von der Empore mitnehmen. Das eigentliche Kirchengebäude wird voraussichtlich im Dezember abgerissen.
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