"Wasser marsch!", rufen Evelyn Bertl und Isabella Unsinn gleichzeitig. Bei der Freiwilligen Feuerwehr in Hopferau haben die beiden Frauen das Sagen. Wie bei der Übung im Weiler Wiedemen zeigen Evelyn und Isabella den Feuerwehlern, wo es langgeht. Seit gut einem Jahr ist Evelyn die Kommandantin, Isabella ihre Stellvertreterin.
Mit 16 als erste Frau zur Dorffeuerwehr
Schon immer wollte Evelyn Bertl zur Feuerwehr. Rund 17 Jahre ist sie schon dabei. Jetzt ist sie die Chefin. Für die Werkzeugmechanikerin und junge Mutter ist damit ein Kindheitsraum in Erfüllung gegangen. "Mein Papa war 24 Jahre lang Kommandant", erzählt die 32-Jährige. Ihr Vater habe damals immer alle angerufen, die 16 und damit im feuerwehrfähigen Alter waren – allerdings nur die Jungs. "Und dann habe ich gefragt: 'Wieso rufst du bloß die Kerle an?'" Für Evelyn war damals klar: Wenn sie 16 ist, geht sie auch zur Feuerwehr. Und so kam es dann auch. "Mit zwei Freundinnen haben wir zu dritt als erste Mädels in Hopferau angefangen."
Blöde Sprüche lassen die Kommandantinnen kalt
Inzwischen sind fünf Frauen bei der Hopferauer Dorffeuerwehr regelmäßig im Einsatz – bei fast 100 aktiven Feuerwehrlern. Evelyn und Isabella haben das Kommando. Als Kommandantinnen seien sie voll akzeptiert, sagen die beiden. Manchmal komme zwar schon ein blöder Spruch, aber damit kann Evelyn gut leben: "Ich kann auch einen zurückgeben", versichert die Kommandantin.
Zwei Frauen an der Spitze einer Feuerwehr – bis heute ist das in Bayern eher die Ausnahme. Als Industriemeisterin hat es die stellvertretende Kommandantin Isabella auch beruflich fast nur mit Männern zu tun. Die Mannsbilder auch mal rumzukommandieren – ihr macht’s Spaß: "Auf jeden Fall!", sagt die 26-Jährige und lacht. "Aber meistens ist es ja eine Zusammenarbeit und nicht nur Kommandos geben!"
Bei Führungspositionen sind Frauen die Ausnahme
Von den gut 300.000 Feuerwehrleuten in Bayern sind rund zehn Prozent weiblich. Und es werden stetig mehr: "Der Trend geht seit Jahren langsam nach oben", sagt die Frauenbeauftragte des Landesfeuerwehrverbands Bayern, Andreas Fürstberger. "Aber ich würde mir schon mehr Frauen bei der Feuerwehr wünschen". Gerade in den Führungspositionen sind Frauen noch eher die Ausnahme: Dort liegt der Frauenanteil bei gerade mal einem Prozent – bei den höheren Positionen sogar noch weit darunter. "Ich würde mir wünschen, dass wir bis 2030 auch eine Kreisbrandrätin in Bayern haben", sagt die Frauenbeauftragte. Bisher gibt es nur eine Stadtbrandrätin in Nürnberg.
Familie, Beruf und Ehrenamt unter einen Hut bringen
Warum der Frauenanteil bei der Feuerwehr noch relativ gering ist, hat mehrere Gründe. "Es ist nicht so, dass uns die Männer nicht hinlassen. Aber viele kommen auch nicht drauf, uns zu fragen", sagt Andrea Fürstberger. Außerdem sei es für viele Frauen schon schwierig, Beruf und Familie zu vereinbaren. "Aber dann müssen sie auch noch Beruf, Familie und Ehrenamt unter einen Hut bringen." Und gerade bei den Führungspositionen bei der Feuerwehr handle es sich um ein verantwortungsvolles Ehrenamt, das viel Zeit und Energie koste.
Männer werden auch zur Mangelware
Aber: Die Frauen werden bei der Feuerwehr dringend gebraucht. Denn tatsächlich werden die Männer immer weniger. "Früher war es selbstverständlich, dass jeder junge Bursche mit 15 zur Feuerwehr geht. Heute ist das anders", sagt Andrea Fürstberger. Deshalb hofft sie auf mehr Frauen. Denn auch sie seien für den Einsatz absolut geeignet. "Natürlich haben wir nicht die Muckis wie die Männer", sagt Fürstberger. "Aber Frauen schaffen es genauso, eine Person aus einem brennenden Haus zu retten. Man ist ja im Einsatz auch nie allein." Das sei immer eine Teamleistung. "Frauen können das genauso gut wie Männer. Wir machen das vielleicht nur anders."
32.000 Feuerwehrfrauen gibt es bereits in Bayern. "Da können wir schon stolz drauf sein", sagt die Frauenbeauftragte der Feuerwehr. Positiv stimmt sie, dass bei den Jugendfeuerwehren bereits 25 Prozent weiblich sind. Deshalb hofft sie darauf, dass der Frauenanteil bei den Erwachsenen auch weiter steigt. Ihr Appell: "Die Frauen sollen sich trauen, zur Feuerwehr zu gehen. Und die Männer sollen sich trauen, uns Verantwortung zu übergeben."
"Das macht keinen Unterschied"
Dass bei der Hopferauer Dorffeuerwehr seit eineinhalb Jahren die Frauen das Sagen haben – die Männer haben damit kein Problem. "Wir sind froh, dass sie das machen", sagt Matthias Steinacher und fügt lächelnd hinzu: "Dass wir rumkommandiert werden von Frauen, sind wir ja auch von daheim ein bisschen gewohnt." Und sein Feuerwehrkollege Klaus Berger meint: "Das macht keinen Unterschied, ob da ein Kerl was schafft oder eine Frau. Das ist die gleiche Arbeit." Und dass Frauen genauso bei der Feuerwehr das Kommando übernehmen können wie Männer – das beweisen die Hopferauer Chefinnen Evelyn Bertl und Isabella Unsinn jeden Tag.
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