Im Prozess um die tödlichen Messerstiche auf einen Mann vor einer Würzburger Disko wurden die Schlussplädoyers gehalten. Während Staatsanwaltschaft und Nebenkläger auf Totschlag plädieren und eine Haftstrafe von zwölf Jahren fordern, will die Verteidigung den Angeklagten freisprechen lassen.
Verteidigung: Tat erfolgte in Notwehr
Als Grund für einen Freispruch führte die Verteidigung an, dass nicht eindeutig aufgeklärt werden konnte, wie es zum tödlichen Messerstich des Angeklagten gegen einen 28-Jährigen kam. Trotz mehrerer Zeugen und einer ausführlichen Beweisaufnahme blieben Zweifel, die dem Angeklagten nicht zur Last gelegt werden dürfen, so die drei Verteidiger. Bereits zum Prozessauftakt hatte der 28-Jährige die Attacke eingeräumt, sich über seine Verteidiger aber auf Notwehr und mehrere Gedächtnislücken berufen.
Türsteher verletzt Angeklagten
Die Schlussplädoyers brachten zwei Versionen des Tathergangs hervor. Anklage und Verteidigung waren sich einig, dass der Angeklagte mit etwa zwei Promille Alkohol im Blut mehrere Frauen vor der Diskothek ansprach - "mit plumpen Anmachsprüchen". In der Folge kam ein Türsteher der Diskothek dazu, der zugleich der Freund einer der angesprochenen Frauen war. Er soll den Angeklagten mehrfach unvermittelt ins Gesicht geschlagen haben, wobei dessen Trommelfell gerissen ist. Dafür erwartet den Mann ein gesondertes Strafverfahren. Ein weiterer Türsteher schritt ein und entfernte den Angeklagten vom Eingang der Diskothek.
Angeklagter rammt Messer in die Brust des Opfers
In der Folge gehen die Interpretationen der Zeugenaussagen und Beweismaterialien von Staatsanwaltschaft und Verteidigung auseinander: Laut Staatsanwaltschaft kam der Angeklagte mehreren Aufforderungen zu gehen nicht nach und kehrte immer wieder zum Eingangsbereich der Diskothek zurück. Schließlich kam ein 28-Jähriger dazu, der laut Zeugenaussagen schlichten wollte und den Angeklagten ohne Gewalt abermals weg von der Disko lenkte. Kurz darauf soll der 23-jährige Angeklagte ein in der Öffentlichkeit verbotenes Messer mit einer über elf Zentimeter langen Klinge vollständig in die Brust des 28-Jährigen gestoßen haben. Diese Version stützt sich hauptsächlich auf eine Zeugin, die etwa eineinhalb Meter entfernt von den beiden gestanden haben soll. Kurz nach diesem Stich kamen laut Zeugenaussagen zwei weitere Männer dazu und ein Kampf entwickelte sich. Das Opfer des Messerangriffs beteiligte sich zunächst an dem Kampf, erlag aber später seinen Verletzungen. Die anderen beiden wurden durch Schnitt- und Stichwunden teils schwer verletzt.
Messerstich als Folge einer Kränkung?
Diese Abfolge der Ereignisse hält die Verteidigung zwar für plausibel, aber nicht für die einzig mögliche Version. Unter anderem weil die zentrale Belastungszeugin den angeblichen ersten und tödlichen Stich nicht beschreiben konnte, stellt die Verteidigung deren Aussage in Frage. Für die Verteidiger war die Tat kein Angriff aufgrund eines gekränkten Egos nach einer Abweisung, sondern Notwehr. Kein Zeuge und keine Videoaufnahme aus der Tatnacht könne den von Staatsanwaltschaft und Nebenklägern geschilderten zeitlichen Ablauf zweifelsfrei bestätigen, so der Verteidiger. Genauso sei es möglich, dass der Angeklagte von mehreren Personen angegriffen wurde und das Messer zu seiner Verteidigung einsetzte.
Angeklagter entschuldigt sich für Tat
Am heutigen Prozesstag kamen auch der Vater des Getöteten sowie der Angeklagte selbst zu Wort. Während der Vater keinerlei Verständnis und Akzeptanz für die Tat fand, entschuldigte sich der Angeklagte "aus tiefsten Herzen". Das Landgericht Würzburg will das Urteil am Donnerstag um 10 Uhr verkünden.
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