Mit Jens Spahn (CDU) wird heute erstmals ein ehemaliger Bundesminister als Zeuge im Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags zur Corona-Maskenaffäre aussagen. Der frühere Bundesgesundheitsminister solle dem Gremium Rede und Antwort zu den Verquickungen zwischen Bund und Freistaat bei Maskengeschäften stehen, sagte der Vize-Vorsitzende des Ausschusses, Florian Siekmann (Grüne), in München.
Söders Büroleiter vor dem Untersuchungsausschuss Maske
Vor dem Untersuchungsausschuss Maske hat am Donnerstag der Büroleiter von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ausgesagt. Er schilderte, warum ein Telefontermin zwischen Söder und dem bayerischen Corona-Test-Hersteller GNA Biosolutions letztendlich doch nicht zustande kam. Der ehemalige CSU-Justizminister und mittlerweile fraktionslose bayerische Landtagsabgeordnete Alfred Sauter hatte sich dafür eingesetzt. Nach internen Prüfungen hatten die Fachbeamten jedoch von einem Telefonat "abgeraten".
Sauter wollte eigentlich eine Million Euro für Schnelltest-Hilfe
Sauter hatte sich im Dezember 2020 für die Sonderzulassung des Corona-Schnelltestgeräts "Octea" eingesetzt. Unter anderem dafür kassierte er 300.000 Euro Anwalts-Honorar. Eigentlich wollte Sauter für seinen Einsatz sogar eine Million Euro haben, aber der Geschäftsführer der Entwicklerfirma "GNA Biosolutions" aus Martinsried bei München konnte ihn "runterhandeln". So jedenfalls seine Aussage jüngst im Untersuchungsausschuss des Landtags.
Telefontermin mit Söder sollte Firmenverkauf erleichtern
Beim Verkauf seiner Firma hakte es, der GNA-Geschäftsführer schrieb deshalb am 14.12.2020 direkt an Söders Büroleiter. In der Mail schildert er, dass "ein namhafter Silicon-Valley-Konzern eine dreistellige Millioneninvestition" in sein Unternehmen plane. Aber: "Nun ist ein Problem mit einer Bundesbehörde entstanden, die mit einer fragwürdigen Entscheidung bayerische Interessen konterkariert. Daher bitte ich um einen 10-minütigen Telefontermin mit Ministerpräsident Söder, der dieses Hemmnis (...) sicherlich kurzfristig aus der Welt räumen kann."
Gemeint war das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das eine Sonderzulassung des Coronatests verweigern wollte.
Telefontermin kam nie zustande – Sondergenehmigung schon
Am nächsten Tag (15.12.2020) schrieb Alfred Sauter eine E-Mail an die Bayerische Staatskanzlei. Darin nimmt er Bezug auf den gewünschten Telefontermin mit Söder, und bittet, die Staatskanzlei solle mit dem zuständigen BfArM "schnellstmöglich" Kontakt aufnehmen. Das ist allerdings nie passiert, denn im internen Vermerk an Söder heißt es: "Ein zusätzliches Tätigwerden seitens der Staatskanzlei scheint entbehrlich. Hinsichtlich einer möglichen Einflussnahme auf Entscheidungen der Bundesbehörde (BfArM) wird zudem Zurückhaltung empfohlen."
Am 23. Dezember 2020 kam dann die Sonderzulassung für den Corona-Schnelltest doch noch. Söders Büroleiter sagte vor dem Untersuchungsausschuss, er habe keine Kenntnis, woher dieser Sinneswandel gekommen sein könnte. Der Wert der Firma stieg von 100 Millionen Euro auf rund 160 Millionen Euro und wurde endgültig an einen US-Investor verkauft.
Sauter benutzte Signatur als CSU-Abgeordneter
Zur Unterstützung hatte sich "GNA Biosolutions" die Dienste der in der CSU, Staatsverwaltung und Unternehmerschaft bestens vernetzten Münchner Kanzlei Gauweiler & Sauter gesichert. Auch Peter Gauweiler ist ehemaliger bayerischer Minister, Ex-Chef der CSU-München und erfolgreicher Rechtsanwalt.
In seiner E-Mail vom 15. Dezember 2020 schrieb dann Sauter allerdings vom Mailaccount seiner anderen Rechtsanwaltskanzlei Sauter & Wurm – und vor allem mit seiner Signatur als CSU-Landtagsabgeordneter. Die Adresse: Maximilianeum. Für Florian Siekmann (Grüne), Vizevorsitzender des Untersuchungsausschusses, belegt diese E-Mail, dass sich Sauter als Abgeordneter ausgegeben hat und in der Staatskanzlei auch als Abgeordneter wahrgenommen wurde. Dabei habe Sauter längst als Rechtsanwalt agiert "und hintenrum 300.000 Euro kassiert".
- Zum Artikel: "U-Ausschuss-Maske: E-Mail wirft Fragen auf"
Auch Aiwanger schrieb an Spahn wegen Octea-Schnelltest
Auch Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hat sich für den Octea-Schnelltest eingesetzt. Und zwar direkt beim damaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Der Brief stammt ebenfalls vom 15. Dezember 2020. Aiwanger wirbt darin für die Sonderzulassung mit den Worten, die Zeitspanne für den Nachweis der Viren sei damit "erheblich kürzer als bei vergleichbaren Testverfahren". Seiner Meinung nach ergebe sich "ein Alleinstellungsmerkmal für das System 'Octea' der GNA Biosolutions im Hinblick auf die Kombination der drei Eigenschaften 'Qualität der Analyse', 'Geschwindigkeit des Tests' und 'Preis der einzelnen Tests'".
Spahn wegen möglicher Untersuchungsausschüsse zurückhaltend
Der frühere Bundesgesundheitsminister Spahn wird an diesem Freitag vor dem Untersuchungsausschuss Maske im Landtag aussagen. Neben Fragen zur Sonderzulassung des GNA-Tests – das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wollte den Antrag bis zur Intervention der verschiedenen Politiker zunächst eigentlich ablehnen – wird Spahn auch Fragen zu den Masken-Geschäften mit der Schweizer Emix-Trading beantworten müssen.
Denn auch er bekam im März 2020 eine SMS der CSU-Europa-Abgeordneten Monika Hohlmeier, der Tochter von CSU-Legende Franz Josef Strauß. Darin fragte sie im Auftrag ihrer Jugendfreundin Andrea Tandler, der Tochter von Ex-CSU-Finanzminister und Generalsekretär Gerold Tandler, den "lieben Jens", ob die Bundesregierung drei Millionen Corona-Schutzmasken brauchen könne. Spahn erbat per SMS eine E-Mail, die er weiterleiten wollte.
Im Mai 2020 meldete sich Hohlmeier bei Spahn dann noch einmal per SMS: Wegen angeblicher Qualitätsmängel der Emix-Masken stockten die Zahlungen des Bundesgesundheitsministeriums. Spahn antwortete jedoch im Rückblick fast visionär: Er wolle keinen politischen Einfluss nehmen, denn mit dem Thema würden sich wohl noch Untersuchungsausschüsse beschäftigen. "Schützt Dich und mich. Lg Jens".
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