Mit einem Untersuchungsausschuss will die Opposition im Bayerischen Landtag aufklären, welche Rolle Mandatsträger bei den Masken-Beschaffungen der Staatsregierung während der Corona-Pandemie gespielt haben – und wer zu welchem Zeitpunkt über teils millionenschwere Provisionen für CSU-Vertreter Bescheid wusste. Am Vormittag haben Grüne, SPD und FDP ihren Fragenkatalog im Landtag vorgestellt.
- Die Maskenaffäre - und was Sie darüber wissen müssen
Unter welchen Umständen flossen hohe Provisionen für Masken-Geschäfte und andere Corona-Beschaffungen, für die Mandatsträger selbst bei Ministerien geworben haben? Bei welchen Verträgen des Freistaats und seiner Behörden in den vergangenen gut zehn Jahren waren Abgeordnete beteiligt? Und schlummert noch mehr fragwürdiges in der jüngeren Corona-Geschichte Bayerns? Darauf zielen die Fragen der Opposition ab, die auf insgesamt 19 DIN-A4-Seiten aufgelistet sind.
Grüne wollen "schwarzen Filz" durchleuchten
Der Grünen-Abgeordnete Florian Siekmann spricht von einem "exzellenten Fragenkatalog, um den schwarzen Filz zu durchleuchten". Die Maskenaffäre habe das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik massiv erschüttert, es brauche nun "schonungslose Aufklärung". Während die Staatsanwaltschaft die strafrechtlich relevanten Fragen kläre, gehe es dem Untersuchungsausschuss um die politischen Hintergründe und Konsequenzen.
Der SPD-Abgeordnete Markus Rinderspacher moniert "dreistes Gewinnlertum" und eine "Schändung bayerischer Integrität". Es gehe dabei nicht nur um den langjährigen CSU-Abgeordneten Alfred Sauter, der im Zuge der Maskenaffäre viel Geld verdient haben soll. "Das Parlament ist der Bürgerschaft Aufklärung schuldig, welche Personen und Systeme hinter dieser Vetternwirtschaft stehen", betont Rinderspacher. "Welche Preise wurden bezahlt? Wie kamen die Verträge zustande? Welche Politiker waren in welcher Form beteiligt? Kamen unbrauchbare Masken in Umlauf?" Diese und weitere Fragen will man laut Rinderspacher mit Akten und Zeugen beantworten.
U-Ausschuss soll spätestens im Februar starten
Bis es soweit ist, wird allerdings noch etwas Zeit vergehen. Helmut Kaltenhauser von der FDP geht davon aus, dass es spätestens im kommenden Februar richtig losgeht mit dem Untersuchungsausschuss. Auch der FDP-Abgeordnete sieht längst nicht alle Schlüsse aus den Vorfällen gezogen: "Mit einem Transparenzgesetz und dem formalen Austritt eines Abgeordneten aus seiner Regierungsfraktion kann es nicht getan sein." Kaltenhausers Vermutung in Sachen Maskenaffäre: "Wir wissen noch lange nicht alles."
Auch der inzwischen aus der CSU ausgetretene Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein soll hohe Provisionen erhalten haben. Er und Sauter weisen Korruptionsvorwürfe zurück. Die Justiz beschäftigt sich seit Monaten mit den Vorgängen: Die Münchner Generalstaatsanwaltschaft ermittelt gegen beide sowie sechs weitere Beschuldigte unter anderem wegen des Anfangsverdachtes der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern.
Ministerium: Untersuchungsausschuss "nicht geboten"
Das bayerische Gesundheitsministerium hält die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses derweil für "nicht geboten". Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) habe dem Landtag "auf eigene Initiative" eine Liste mit insgesamt 243 Beschaffungsverträgen zusammengestellt, erklärt ein Ministeriumssprecher. "Diese im Mai übergebene Liste enthält unter anderem das Bestelldatum, Hinweise zum Produkt, Mengenangaben und Preise."
Zwar will das Ministerium "selbstverständlich an der gewünschten Aufklärung und Beantwortung noch offener Fragen einzelner Parlamentarier aktiv mitwirken". Der Sprecher betont aber erneut: "In keinem Fall seien Provisionen von Seiten des Ministeriums an Mandatsträger gezahlt worden." Zudem habe das Ministerium mehr als 40 parlamentarische Anfragen der Opposition im Zusammenhang mit Schutzausrüstung sorgfältig beantwortet.
Söder: U-Ausschüsse immer kurz vor Wahlen
Grüne, SPD und FDP sehen das völlig anders. Man warte teilweise seit Monaten auf Antworten. Zudem sei die Einsetzung eines Sonderermittlers oder einer Sonderermittlerin verweigert worden - deshalb nun der Untersuchungsausschuss. Leiten wird ihn entsprechend der Mehrheitsverhältnisse im Landtag ein Vertreter der CSU, Siekmann von den Grünen wird die Stellvertretung übernehmen.
Auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) soll - genau wie Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) - im Untersuchungsausschuss die Fragen der Opposition beantworten. Söder nennt die Einrichtung des Ausschusses auf BR-Anfrage "das gute Recht des Parlaments". Alle Fragen würden beantwortet, alles würde geklärt. Ihm falle aber auf, dass Untersuchungsausschüsse in Bayern immer kurz vor Wahlen stattfänden, sagt Söder mit Blick auf die Bundestagswahl am 26. September. "Ich hoffe sehr, dass das Motiv, das dahinter steht, die Wahrheitsfindung ist und weniger Parteipolitik."
SPD sieht "immensen Vertrauensverlust"
Auch diesen Vorwurf weisen Grüne, SPD und FDP wiederum deutlich zurück. Es seien "Verquickungen von Abgeordnetenmandat und der Verfolgung wirtschaftlicher Interessen in erheblichem Ausmaß zutage getreten", betonen die drei Landtagsfraktionen. Der SPD-Abgeordnete Rinderspacher hält die Folgen für gravierend: "Der damit verbundene Vertrauensverlust in die Politik im Gesamten ist immens."
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