Das Modell der Justitia trägt den Schriftzug "Hass"
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Das Modell der Justitia trägt den Schriftzug "Hass"

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Mehr Hasskriminalität: Woran es liegt und was Bayern dagegen tut

Hasskriminalität hat in Bayern einen neuen Rekordstand erreicht – trotz großer Anstrengungen von Justiz und Polizei. Warum ist das so? Es gibt jedoch auch Hoffnung im Kampf gegen Hass und Hetze.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Körperverletzung, Bedrohung, Verleumdung, Beleidigung: Hasskriminalität hat viele Gesichter – auf der Straße oder im Internet. Immer mehr Menschen in Bayern werden wegen ihrer Nationalität, ihrer Hautfarbe, Religionszugehörigkeit, sexueller Orientierung oder aufgrund ihres Geschlechts Opfer von Straftaten. Seit 2019 sind die Fälle um 84 Prozent gestiegen, letztes Jahr waren es knapp 1.900. Es handelt sich hier um eine "besonders verwerfliche Form von Straftaten", sagt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und kündigt an: "Wir werden den Kampf dagegen weiter deutlich verstärken und Geschädigte nicht allein lassen."

Große Anstrengungen gegen Hasskriminalität

Bayern stemmt sich seit Jahren mit großem Aufwand gegen das Verbrechensphänomen. Die Bayerische Justiz hat einen eigenen Hate-Speech-Beauftragten, 25 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sind in Sonderdezernaten speziell dafür im Einsatz. Es gibt verschiedene Meldestellen für Hasskriminalität im Internet: per Screenshot und wenigen Mausklicks landen die Fälle direkt bei der Strafverfolgung. Laut Innenminister hat jede Polizeiinspektion einen eigenen Ansprechpartner in Sachen Hasskriminalität. Warum steigt trotzdem die Zahl der Verbrechen in diesem Bereich?

Krieg und Terror heizen den Hass an

"Wir haben leider insgesamt in unserer Gesellschaft eine deutliche Polarisierung", sagt Herrmann. Besonders häufig treten fremdenfeindliche und rassistische Motive auf. Antisemitische Straftaten haben laut Lagebild des Innenministeriums einen neuen Höchststand erreicht. Hier gebe es einen wesentlichen Zusammenhang mit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023, so Herrmann. Auch die Corona-Krise und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine seien "ein Nährboden für Hasskriminalität", sagt Justizminister Georg Eisenreich (CSU): "Die digitale Welt hat das Phänomen befördert." Im Internet sei es leichter, Hass und Hetze zu verbreiten, auch die Hemmschwelle sei niedriger.

Großes Dunkelfeld trotz mehr Anzeigen

"Jeden Fall anzeigen", lautet die Botschaft von Justiz- und Innenminister. Eine höhere Sensibilisierung wird auch als ein Grund gesehen, dass mehr Fälle von Hasskriminalität registriert werden. Das sei aber kein Problem, im Gegenteil. "Je mehr angezeigt wird, je mehr tatsächlich vor Gericht kommt und Strafen verhängt werden, desto größer ist die Chance, dass wir die insgesamt besorgniserregende Entwicklung auch ein Stück weit wieder eindämmen können", ist Herrmann überzeugt. Ermittlungs- und Gerichtsverfahren sind zuletzt gestiegen, aber eben auch die Dunkelziffer, schätzt Justizminister Eisenreich. Wenn Betroffene Anzeige erstatten, sei das auch ein Zeichen für mehr Vertrauen in Polizei und Justiz, sagt die SPD-Landtagsabgeordnete Christiane Feichtmeier. Noch würden sich aber zu wenige Menschen trauen, diesen Schritt zu gehen. Auch deswegen sei das Dunkelfeld hoch.

Hohe Aufklärungsquote

Dass sich eine Anzeige lohnt, zeige die hohe Aufklärungsquote, sagt der Innenminister. Mehr als zwei Drittel der Fälle konnten aufgeklärt werden. Dabei wurden 1.372 Tatverdächtige von der Polizei ermittelt. Die überwiegende Mehrheit waren Männer (1.098). Neben den staatlichen Behörden habe aber auch die Gesellschaft eine Mitverantwortung: "Wenn jemand hetzt und es gibt Widerspruch am Stammtisch, am Gartenzaun oder unter Kollegen, dann bremst das", sagt Eisenreich.

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