Eine junge Frau steht in einem Zimmer eines Frauenhauses.
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Frauenhaus

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Mehr Schutz vor Gewalt: Neues Frauenhaus in Landsberg am Lech

Jeden dritten Tag stirbt hierzulande eine Frau – umgebracht von ihrem Partner oder Exfreund. Frauenhäuser bieten Schutz. In Landsberg am Lech entsteht nun eine solche Schutzeinrichtung - eine von 41 in Bayern. Doch immer noch fehlen tausende Plätze.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Rot, rot, rot. Das ist das überwiegende Bild auf der Karte der Zentralen Informationsstelle für Frauenhaus-Suche [externer Link]. 41 Frauenhäuser gibt es in Bayern, 400 insgesamt in Deutschland. Doch die meisten Plätze sind belegt, also auf Stufe rot. Es gibt einfach viel zu wenige für die 150.000 Frauen, die jährlich laut Bundeskriminalstatistik 2022 [externer Link] Opfer von Gewalt in der Partnerschaft werden.

Frauenhaus dank neu gegründetem Initiativkreis

Insofern sind die mindestens sechs Plätze, die mit dem neuen Frauenhaus in Landsberg am Lech kommen sollen, ein wichtiger Anfang. Wann es bezugsfertig ist, ist derzeit noch unklar.

Doch es wird kommen, dank dem jüngst gegründeten Initiativkreis Frauenhaus Landsberg [externer Link], der das Thema Gewalt durch den Partner oder Ex-Partner auch künftig mehr in die Öffentlichkeit tragen möchte. Die Opfer sind zu mehr als 80 Prozent Frauen.

Expertin: Nicht überall genügend Aufklärung vorhanden

Liane Bissinger ist unter anderem Vorstandsmitglied des Initiativkreises und als Gynäkologin eine Expertin für von Gewalt betroffenen Frauen. Für sie findet einfach nicht genug Aufklärung statt: "Wir hier im Landkreis stolpern nicht über Plakatwände, über Bänke, über Mahnmale oder über große Ankündigungen, wo Beratungsangebote – oder gar Schutzräume – zu bekommen wären."

Deshalb sei der Aufbau eines frauensolidarischen Netzes im Landkreis, auf das betroffene Frauen schnell zurückgreifen können, ein weiterer wichtiger Punkt, an dem der Verein ansetzen will.

Frauen verheimlichen Gewalt durch Partner

Es ist viel Aufklärung nötig. Die Gewalt gegen Frauen ist oft unsichtbar. Das hat viele Gründe. Zum einen ist es tatsächlich sehr schwer zu erkennen, ob eine Frau von ihrem Partner geschlagen wird. Davon kann Tina Steiger, Vorstandsmitglied des Initiativkreises Frauenhaus Landsberg und Mitglied der Betroffeneninitiative #dienächste [externer Link], aus eigener Erfahrung berichten. Auch sie war Gewalt in der Partnerschaft ausgesetzt.

"Frauen überschminken ihre Verletzungen, sie verdecken blaue Flecken mit langen Ärmeln, haben Erklärungen wie Unfälle für die Verletzungen", schildert sie. "Das klassische Bild der geprügelten verhuschten Frau mit blauem Auge ist grundfalsch".

Oft fehlt aus ihrer Sicht außerdem der Rückhalt in der Gesellschaft und im Bekanntenkreis, das mache es für die Frauen schwer, sich jemandem anzuvertrauen. Betroffenen Frauen werde oft die Frage gestellt, wieso sie denn nicht einfach gehen. Dafür hat Tina Steiger aus Dießen am Ammersee kein Verständnis. Denn sie sagt, dass rund 50 Prozent der Taten in der Trennungsphase stattfinden würden, oft sei es schlichtweg "brandgefährlich" für die Frauen, einfach so zu gehen.

Finanzielle Abhängigkeit und Kinder erschweren eine Trennung

Oft seien zudem noch Kinder involviert, so Tina Steiger. Das erschwere nicht nur finanziell einen Neuanfang für die betroffenen Frauen, sondern verhindere auch, dass sie sich trauen, den Partner zu verlassen. Auch, weil der Rückhalt im Rechtssystem fehle.

Expertin kritisiert Ungerechtigkeiten im Rechtssystem

Traditionelle Familienbilder würden idealisiert und Alleinerziehende oft stigmatisiert: "Ich kennen viele, viele Fälle, wo die Frauen ihre Kinder an Täter verloren haben, aufgrund dieser Ungerechtigkeiten im Rechtssystem", so die Expertin weiter. Oft gelte der Blick dahingehend, dass die Kinder ja ihren Vater nicht verlieren sollen. Dabei gäbe es mittlerweile genügend Untersuchungen, die zeigen, dass das Miterleben der Gewalt an der Mutter auch Gewalt am Kind sei.

Initiativkreis auf Spenden und Fördergelder angewiesen

Gefördert wird der Initiativkreis Frauenhaus Landsberg unter anderem von Doris Baumgartl, der Oberbürgermeisterin der Stadt Landsberg sowie von Spenden und Fördergeldern, um künftig bestmöglich Beratungsangebote und Hilfestrukturen aufzubauen. Bis es das frauensolidarische Netzwerk und das Frauenhaus in Landsberg am Lech gibt, kann sich jede betroffene Frau – in ganz Bayern – an das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" [externer Link] wenden. Das ist ein bundesweites Beratungsangebot, das rund um die Uhr unter der Nummer 116 016 Unterstützung anbietet.