In neue Tierställe werde "so gut wie gar nicht mehr investiert", sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied, als er den jüngsten Situationsbericht des Deutschen Bauernverbands (externer Link) vorstellte. Als Gründe dafür nannte er, dass es "keinerlei Planungssicherheit" gebe sowie die zunehmende Verlagerung der Tierhaltung ins Ausland.
Zahl der Tierhaltungsbetriebe geht zurück, aber viele neue Ställe
Allerdings – "so gut wie niemand" ist offenbar relativ. Denn die Statistik zeigt: Zwar geht die Zahl der Tierhaltungen in Deutschland und Bayern seit Jahren zurück, weil Betriebe aufgeben. Trotzdem entscheiden sich durchaus noch viele Landwirte dafür, einen neuen Stall zu bauen.
Für Bayern lässt sich das an den Förderanträgen ablesen, die das Landwirtschaftsministerium bewilligt. Es gab in diesem Zusammenhang zwar keinen Boom, aber die Zahl war in den vergangenen Jahren relativ konstant. Die neueste Statistik stammt aus dem Jahr 2022: Da gab es genau 390 Förderbewilligungen für Stallneubauten. Und das, obwohl die Baukosten auch im landwirtschaftlichen Bereich stark gestiegen sind.
Ohne Stall-Neubau keine Zukunft
Verena und Markus Pirchmoser aus dem oberbayerischen Greiling im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen gehören zu denen, die bei ihrem Milchviehbetrieb einen Neubau wagen. Es war eine Entscheidung, bei der es um die Existenz des Betriebs ging. "Ich habe gesagt, wenn wir keinen neuen Stall bauen, dann hören wir ganz auf und dann war’s das", sagt Markus Pirchmoser.
Denn mit dem alten, niedrigen Stall mitten im Dorfkern hätten sie keine Möglichkeit gehabt, sich zu erweitern. Außerdem müssen hier alle Arbeiten wie Misten, Einstreuen und Füttern noch mühsam und zeitaufwändig per Hand erledigt werden. Die viele Handarbeit sei das Hauptargument für den Neubau gewesen. Und natürlich die Tatsache, dass das junge Paar Freude an der Milchviehhaltung hat und den Betrieb gerne weiterführen will.
Freistaat unterstützt Tierwohl-Ställe mit Zuschüssen
Was ihnen dabei maßgeblich hilft, ist eine staatliche Förderung. Bayern bezuschusst Investitionen in neue Tierställe in der Regel mit 25 Prozent. Bei den Pirchmosers ist es sogar noch mehr: Weil sie von der umstrittenen Anbindehaltung auf einen tierfreundlichen Laufstall umstellen, bekommen sie insgesamt 40 Prozent. Das macht bei ihnen eine Summe von gut 300.000 Euro aus.
Und auch ihre Molkerei gibt einen Anreiz, ins Tierwohl zu investieren. Mit dem neuen Laufstall und einem Laufhof draußen werden sie künftig pro Liter Milch zwei Cent mehr bekommen.
Langer Weg von der Idee bis zum fertigen Stall
Trotzdem sagt Markus Pirchmoser, dass er sich mehr Unterstützung für den Neubau gewünscht hätte. Vor allem von den Behörden. Bereits Anfang 2021 reichten sie den Bauplan zur Genehmigung im Landratsamt ein. Dann gab es Verzögerungen, auch weil die Beamten nur "häppchenweise" verschiedene Belege und Gutachten eingefordert hätten. "Es waren fünf, sechs Sachen, die sie gebraucht hätten, aber es ist ewig nichts vorwärtsgegangen."
Letztlich dauerte es über ein Jahr, bis die Baugenehmigung da war. Und erst dann konnten sie die Förderung beim Landwirtschaftsministerium beantragen. Während dieser Zeit stiegen die Baukosten. Jetzt müssen sie für den neuen Stall rund 15 Prozent mehr zahlen als ursprünglich geplant. Und doppelt so hohe Zinsen.
Bauen trotz hoher Kosten und hoher Zinsen?
Dass sich ein geplanter Stallneubau verzögert, ist keine Seltenheit. Thomas Gasteiger aus Bergkirchen im Landkreis Dachau hatte schon vor fünf Jahren die Idee, einen neuen Stall für seine Milchkühe zu bauen, um mehr Tierwohl zu erreichen. Mit mehr Platz und "kuhgebundener Kälberaufzucht", bei der die Kälber nicht von den erwachsenen Tieren getrennt werden und am Euter saugen dürfen. Das Vorhaben sei ziemlich umfassend, da in das neue Gebäude auch ein Hofladen und eine kleine Molkerei mit reinkommen sollen, erklärt der Landwirt.
Während er seinen Plan ausarbeitete, ein Emissionsschutzgutachten einholte und Änderungen mit dem Landratsamt verhandelte, verging viel Zeit. Die endgültige Baugenehmigung ist bis heute noch nicht da. Auch Gasteiger ist jetzt mit gestiegenen Kosten und hohen Zinsen konfrontiert. Lohnt sich die Investition aktuell also überhaupt noch?
Auch, wenn es leichte Schwankungen gebe, rechne er nicht damit, dass es bald wieder viel günstiger werde, sagt Gasteiger. Er werde gründlich kalkulieren müssen, wolle aber an seinem Projekt festhalten. Mehr Tierwohl und Direktvermarktung – darin sieht er schließlich die Zukunft für seinen Betrieb.
Bauberater: Neubau kann sich rentieren
Wenn sie in einen neuen Stall investieren wollen, können sich Bauern bei den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beraten lassen. Konrad Knoll, Bauberater in Weilheim, sagt, dass er einen Neubau durchaus empfehlen kann, sofern alles gut durchdacht und finanziell überschaubar sei. Es komme auch auf individuelle Voraussetzungen wie die verfügbaren Flächen und die Möglichkeit zum Weidegang an. "Wenn jemand mit Leib und Seele Tierhalter ist, gut ausgebildet und in seinem jetzigen Stall erfolgreich, kann er das Projekt Stallneubau angehen", so der Fachmann.
Dabei gelte es, Möglichkeiten zur Kosteneinsparung zu nutzen – einen Kuhstall zum Beispiel in einfacher Holzbauweise zu errichten oder gebrauchte Melktechnik anzuschaffen. Er als Berater sehe, so Knoll, dass viele Milchviehhalter, die in der Vergangenheit einen Laufstall gebaut hätten, sehr erfolgreich seien. Sie würden die Arbeitserleichterung genießen und könnten Schulden teilweise sogar schneller zurückzahlen als erwartet.
Die Pirchmosers aus Greiling rechnen damit, den Kredit für ihren Neubau mindestens über die nächsten 20 Jahren abbezahlen zu müssen. An Ostern soll der Stall fertig sein. Auch, wenn es viel Geld koste und anstrengend sei, stünden sie nach wie vor zu 100 Prozent dahinter, sagt Verena Pirchmoser: "Das war eine gute Entscheidung." Sie freut sich schon auf den Moment, wenn die Kühe im neuen Stall einziehen. "Das wird bestimmt schön, wenn man sieht, wie es ihnen gefällt."
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