Für den Obermeister der Münchner Metzger-Innung, Andreas Gaßner, geht es bei der Weißwurstprüfung um einiges. Schließlich ist der Obermeister so etwas wie das Gesicht der Zunft. Deswegen tut es dem gestandenen Metzger in der Seele weh, wenn er einem Kollegen eine silberne oder gar bronzene Auszeichnung verleihen muss. Das sei, sagt Gaßner, wie ein Stich ins Herz. Als Metzger habe man seinem Gewerk gegenüber einfach eine gewisse Verantwortung, findet der Obermeister.
Vierköpfige Fachjury entscheidet
Gaßner darf bei der Weißwurstprüfung, die – so wie es sein muss – im Münchner Schlachthofviertel stattfindet, nicht mitprüfen. Er ist stattdessen für das Warmmachen der Würste zuständig. 20 Metzgereien der Münchner Innung lassen dieses Jahr ihre Produkte freiwillig testen, und zwar von einer auf zwei Tische verteilten Fachjury. Jeder Tisch ist mit einem Metzgermeister, einer Veterinärin, einem Wirt und einer Verbraucherin besetzt.
Auch die Weißwurst hat ein Yin und Yang
Jurymitglied Werner Braun, Obermeister der Dachauer Innung, achtet beim Testen besonders auf die Würzung. Die "Original Münchner Weißwurst" besteht aus Kalbfleisch, Schwarte, Speck sowie Petersilienblättern, Macis und Zitrone. Der Rest sei Betriebsgeheimnis.
Der Dachauer Obermeister legt sein lukullisches Augenmerk vor allem auf das richtige Verhältnis der Gewürze. Das Yin und das Yang müssten würztechnisch im Gleichklang sein, so Braun. Zudem müsse die Weißwurst beim Reinbeißen fluffig und auf keinen Fall batzig sein.
Während der Dachauer Obermeister, der zugleich auch stellvertretender Landesinnungsmeister ist, über den richtigen Geschmack philosophiert, erklärt Andreas Gaßner in der Küche, wie die Weißwurst richtig warm gemacht wird. 80 Grad warm sollte das Wasser sein und pro Liter Wasser einen Esslöffel Salz enthalten. Fertig sei die Weißwurst dann, wenn man sich nicht mehr in der Hand halten könne.
"Dopingkontrolle" im Labor
Besonders spannend sei die Verkostung der ersten Weißwurst, sagt Gaßner. Die habe einen gewissen Ankereffekt, denn treffe die den Geschmack der Prüfer, wirke sich das auf die restlichen Bewertungen aus. Neben der Geschmacksprüfung werden die Weißwürste mikrobiologisch noch im Labor untersucht. Allerdings würde man es auch herausschmecken, wenn etwas mit einer Wurst nicht stimmen würde, ist man sich an den beiden Jurytischen sicher.
Tatsächlich wird die erste Weißwurst von der Jury mit einem "Bitte mehr davon" goutiert. Ohne Probleme lässt sich die weiße Metzgersfrucht aus dem Schweindarm befreien. Das lasse auf einwandfreies Brät schließen, so der stellvertretende Landesinnungsmeister, Werner Braun.
Auf den Teller kommt nur die nackte Wurst
Verkostet werden die Weißwürste ohne den sonst üblichen Dreiklang von Senf, Brezn oder Bier. Der Geschmack einer Weißwurst komme nur ohne Senf zur Geltung. Deswegen empfiehlt er, die erste Hälfte der Wurst grundsätzlich ohne Senf zu probieren, den könne man sich für die Breze aufheben.
Ganz im Gegensatz zur Berliner Currywurst, fügt er mit einem Lächeln hinzu, da sei wiederum die Soße das Beste. Während der Münchner Innungsobermeister in der Küche die Weißwürste anwärmt, wird draußen eine nach der anderen verkostet.
Prüfung mit fast historischem Ausmaß
Nach rund zwei Stunden sind alle zwanzig Würste verkostet. Es sei eine schwere Prüfung gewesen, sagt Werner Braun. Man habe so viel diskutiert wie eigentlich noch nie. Der Grund waren die teilweise komplett unterschiedlichen Würzungen, erklärt Braun.
Medaillenvergabe am 8. Februar
Trotzdem: Mit 16-mal Gold, zweimal Silber und zweimal Bronze könne sich das vorläufige Ergebnis sehen lassen, findet Obermeister Gaßner. Da die Laborprüfung noch aussteht, wird auch nicht bekannt gegeben, wer Gold, Silber oder Bronze erhalten hat. Das passiert erst am 8. Februar, wenn die Medaillen verliehen werden. Allerdings: Am Ende würden die Kunden selbst entscheiden, welche Weißwurst ihnen am besten schmeckt, ist sich der Münchner Obermeister sicher.
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