"Die Bundeswehr zum Anfassen" lautet das Credo von Oberstabsfeldwebel Karl. Er ist vom Karrierecenter in München und leitet die Messeauftritte der Bundeswehr in Bayern. Nachnamen werden bei Soldatinnen und Soldaten nicht mehr genannt. Auf der Freizeitmesse in Nürnberg kann man persönlich mit ihnen ins Gespräch kommen. Früher sei in fast jedem Landkreis eine Kaserne gewesen, so Karriereberater Karl. Die Wehrpflicht wurde ausgesetzt und damit ein Stück weit die Verwurzelung der Bundeswehr in der Gesellschaft: "Deswegen gehen wir dahin, wo die Menschen sind und zeigen: Uns gibt es noch".
Fahrzeuge, Lebensrettung und Seemannsknoten
Auf dem Stand der Bundeswehr gibt es Aktionen zum Mitmachen: An einer Puppe kann man die Herzdruckmassage für die Erste Hilfe üben, an einem Flugsimulator virtuell durch die Luft fliegen oder sich Seemannsknoten zeigen lassen. Familien mit Kindern schauen vorbei, probieren aus und sprechen mit den Soldatinnen und Soldaten.
Nur Waffen gibt es auf dem Stand nicht zu sehen. Und wenn Menschen kommen, die sich Abenteuer beim Militär versprechen, stellt Oberstabsfeldwebel Karl im Gespräch klar: "Wir sprechen das an: Das Thema Auslandseinsatz, das Thema Tod und Verwundung. Wir versuchen, den Zahn der Abenteuerlust zu ziehen. Aber die meisten wissen, worauf sie sich einlassen."
Voraussetzungen für die Laufbahn bei der Bundeswehr
Im Schnitt haben sich in den vergangenen Jahren deutschlandweit 44.000 Männer und Frauen bei der Bundeswehr beworben. 2022 fingen rund 19.000 neu an. Das heißt, dass nicht alle genommen werden und einige auch im Bewerbungsprozess wieder abspringen.
Die Voraussetzungen sind unter anderem die deutsche Staatsangehörigkeit, ein Mindestalter von 17 Jahren (dann mit dem Einverständnis der Eltern) und die Bereitschaft, sich versetzen zu lassen – auch ins Ausland. Aber bei der Bundeswehr arbeiten auch etwa 80.000 zivile Angestellte in mehr als 50 Berufen, etwa im Ingenieurswesen oder im Pflegebereich. Bundesweit gibt es rund 100 Karriereberatungsbüros der Bundeswehr, die über den Einstieg, Ausbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten informieren.
Junge Interessenten kommen zum Messe-Stand
Ein junger Mann, der Informationstechnologie studiert, nimmt sich ein Informationsheft mit. Die 22-jährige Valentina geht jedoch gezielt auf den Bundeswehr-Stand zu. Dort berät sie Stabsfeldwebel Rainer über ihre Möglichkeiten bei der Weiterbildung, über das Gehalt und die dreimonatige Grundausbildung. Dabei muss sie zum Beispiel um fünf Uhr aufstehen, um 23 Uhr ist Zapfenstreich. Solange es nur um eine begrenzte Zeit geht, sei das für sie in Ordnung, sagt Valentina. Nach ihrer Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten und Arbeit in Krankenhäusern und Arztpraxen ist die 22-Jährige auf der Suche nach einer neuen Herausforderung und mehr Anerkennung im Beruf: "Weil man Menschen hier mehr helfen kann und weil man für sein Land dasteht".
Imagewandel durch Angriff Russlands auf die Ukraine?
Das Interesse an Sicherheitspolitik sei gewachsen, erzählt Oberstabsfeldwebel Karl. Inzwischen würden Besucher kommen, um mit den Soldatinnen und Soldaten darüber zu sprechen. In früheren Jahren kamen Kritiker zum Stand, manchmal gab es auch Proteste. Inzwischen bedankten sich Besucherinnen und Besucher für die Arbeit der Bundeswehr, so der Karriereberater Karl. "Das kannte ich vorher so auch nicht", sagt er.
Der Angriff Russlands auf die Ukraine sei tatsächlich eine Zeitenwende gewesen, sagt ein Besucher, der mit seinem 16-jährigen Sohn die Freizeitmesse besucht. Dadurch habe sich auch das Image der Bundeswehr verändert: "Plötzlich ist man ein bisschen aus der Illusion erwacht", sagt er. "Plötzlich ist eine massive Bedrohung da, eigentlich des gesamten Westens, die bisher so nicht erkannt wurde."
Bundeswehr soll wachsen
Die Bundeswehr soll ihr Personal aufstocken: Bis 2023 soll die Zahl der Soldatinnen und Soldaten auf 203.000 steigen. Aktuell zählen etwa 181.600 zum militärischen Personal. Der Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) erklärte, dass die Bundeswehr in fünf bis acht Jahren kriegstüchtig sein soll. Schon wird über die Rückkehr zur Wehrpflicht gesprochen oder die Einführung eines freiwilligen Dienstjahres. Die politische Diskussion, wie dieses Ziel erreicht werden kann, ist in vollem Gange.
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