Begleitet von Protesten durch Naturschützer haben Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Forstministerin Kaniber die Feuchtwälder im Nürnberger Reichswald zum schützenswerten Naturwald erklärt. Als die beiden vor Ort ankommen, werden sie schon erwartet: Fünf Dutzend Demonstranten sind gekommen. "Unser Wald ist unser Leben", sagt eine Frau, die in der Waldsiedlung bei Feucht lebt und fürchtet, dass vor ihrer Haustür bald ein ICE-Werk steht. "46 Hektar sollen dafür gerodet werden, und da sagen wir klipp und klar: Nein", ergänzt ein Mann.
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Mit Gartenschlauch-Hörnern gegen das ICE-Werk
Die Demonstrantinnen und Demonstranten halten Transparente in die Höhe und blasen in Gartenschlauch-Hörner. Sie machen sich Sorgen um den Reichswald, die grüne Lunge Nürnbergs. Die Pläne für ein ICE-Werk, für eine Nordanbindung zum Flughafen oder Anträge für mehr Sandabbau – der Reichswald, glauben sie, ist gefährdet. Der Ministerpräsident bleibt stehen und diskutiert. Er wirbt um Verständnis. Zum Beispiel für die knapp 500 Arbeitsplätze, die das ICE-Werk mit sich bringen würde. "Die sind für die Region schon wichtig", meint Söder. Als eine Frau ihm zuruft, dass es im Großraum Nürnberg Vollbeschäftigung gebe, schüttelt er verärgert den Kopf. "Haben wir nicht. Und die Zeiten, in denen wir gerade sind, da könnt viel passieren."
Söder: Kein ICE-Werk im Reichswald
Immerhin: Söder sagt den Naturschützern zu, dass der Reichswald nicht für ein ICE-Werk der Bahn zur Verfügung stehen wird. Auch den geplanten Sandabbau bei Feucht sehe er skeptisch. Dann geht der Tross aus Politikern, Pressesprechern, Personenschützern und Polizisten weiter in den Wald hinein – zwei große hölzerne Hinweisschilder warten darauf, enthüllt zu werden. Mit der Enthüllung sind die Feuchtwälder im Reichswald offiziell sogenannter Naturwald, die nicht mehr bewirtschaftet werden. Statt eines großen Nationalparks mit vielen kontroversen Diskussionen mache die Staatsregierung lieber ein solches Netzwerk vieler kleinerer Naturwälder, meint Söder. "Wir haben einen ganzen Teppich solcher Naturwälder in Bayern."
BN kritisiert: Naturwald-Netzwerk viel zu klein
Doch der Teppich hat zu viele Löcher und zu wenig Fläche, meint der Bund Naturschutz in Bayern. Der BN-Regionalreferent für Mittelfranken, Tom Konopka, hätte gerne mehr. "Die Ausweisung heute ist natürlich wie so häufig nur eine sehr kleine Fläche", so Konopka. Im Fall der Auwälder im Nürnberger Reichswald sind es 317 Hektar. Die Auwälder an der Unteren Iller zwischen Neu-Ulm und Illertissen, die ab heute ebenfalls unter Schutz stehen, umfassen 516 Hektar, die Laubwälder an der Rodach in Nordhalben im Landkreis Kronach 177 Hektar.
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Nationalpark würde mehr Fläche schützen
Damit umfasse das Netzwerk der Naturwälder in Bayern 83.000 Hektar, verkünden Ministerpräsident und Forstministerin stolz. Klingt viel – aber im Vergleich zu einem Nationalpark sind Naturwälder nur kleine Schutzgebiete. Zum Vergleich: Allein der älteste Nationalpark Deutschlands, der Bayerische Wald, hat fast 25.000 Hektar. Ein Nationalpark Steigerwald mit seinen uralten Baumriesen würde noch einmal 10.000 Hektar Staatsforstfläche umfassen. "Wir wollen natürlich, dass größere Flächen dazukommen, mehr Naturwald geschützt wird", fordert Tom Konopka vom Bund Naturschutz. "Der Freistaat Bayern muss schon noch einiges tun, um das Ergebnis des Volksbegehrens "Rettet die Bienen" umzusetzen." Und auch der Bundesbeschluss, fünf Prozent aller Wälder in Deutschland aus der Nutzung herauszunehmen, sei noch nicht erfüllt.
Keine Diskussion über Nationalpark
Doch über das Thema Nationalpark Steigerwald wollen an diesem Tag weder Ministerpräsident Markus Söder noch Forstministerin Michaela Kaniber lange diskutieren. Mit den drei neuen Naturwäldern in Franken und Schwaben ist für sie das landesweite grüne Netzwerk Naturwald komplett. Einen Nationalpark brauche es deshalb nicht.
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