Heiß, dreckig, anstrengend: So beschreibt Martin Wensauer seine Arbeit. Dennoch sei es "eine coole Sache, dass man mit seinen eigenen Händen den Stahl so verformen kann, dass am Ende ein Klöppel rauskommt, der milimetergenau passt", sagt der Hammerschmied.
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Historischer Betrieb seit 1863
Wensauer arbeitet in dem historischen Familienbetrieb. Die Produktionshallen gehen teilweise bis auf das Jahr 1863 zurück. "Den Bereich der Hammerschmiede, das hat mein Ur-Ur-Großvater aufgebaut", erzählt der Firmenchef mit einem Strahlen in seinen Augen. "Und das macht uns schon stolz, dass wir da immer noch produzieren können."
Jährlich werden hier über 1600 Glockenklöppel geschmiedet. Dabei ist jeder Klöppel ein Unikat. Von kleinen, 500 Gramm leichten Klöppeln, bis hin zu 500 Kilogramm schweren Riesenklöppeln – alles wird in den Anzenkirchner Hallen in Rottal-Inn angefertigt.
Prestige-Projekt: Klöppel für Notre-Dame
Zum 850. Jubiläum der Kathedrale Notre-Dame in Paris im Jahr 2013 fertigten die Wensauers neun neue Köppel an. Familie Wensauer reiste für die große Feier nach Paris und durfte dem Glockenläuten vor Ort lauschen.
"Jede Glocke wurde zuerst einzeln geläutet", erinnert sich Martin Wensauer. "Später läuteten dann alle Glocken im Plenum, das war schon beeindruckend. Der Platz war so voll, wie auf einem Konzert, einem Glockenkonzert." Auch für die größte Glocke der Kathedrale, die Emmanuel, gab es einen neuen Klöppel: 560 Kilogramm, hergestellt in Niederbayern.
Unterschiedliche Klänge in anderen Ländern
Dabei geht es um präzise Genauigkeit: Nur der perfekt angefertigte Klöppel sorgt für den richtigen Klang. Dabei gibt es große, kulturelle Unterschiede. "Der Läutewinkel, also wie hoch läutet die Glocke rauf, das macht einen Unterschied", erklärt Wensauer.
In Deutschland werde zwischen 60 und 80 Grad hoch geläutet. In Österreich sei dies schon wesentlich höher. "Da gibt’s auch das sogenannte Stellläuten: Die Glocke ist praktisch verkehrtherum aufgehängt und die fällt nachher runter."
Neue Klöppel nach Brand
Nach dem verheerenden Brand der Kathedrale Notre-Dame vor fünf Jahren, mussten die Wensauers auch zwei neue Klöppel anfertigen. Diese sind bereits in Paris eingetroffen. Anfang Dezember sollen dann die Glocken nach der großen Restaurierung wieder läuten – und der Ton stammt von den Klöppeln aus Anzenkirchen.
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