Ein Eurasischer Biber im Wasser beim Fressen von Wasserpflanzen, im Hintergrund: Gras
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Der Bund Naturschutz kritisiert auch den zweiten Anlauf für eine Allgemeinverfügung des Landratsamts Oberallgäu zum Biber-Abschuss

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Oberallgäu: Streit um Biber-Abschuss geht weiter

Oberallgäu: Streit um Biber-Abschuss geht weiter

Das Landratsamt Oberallgäu möchte Biber-Abschüsse erleichtern – zum Schutz der Menschen. Eine erste entsprechende Allgemeinverfügung hat ein Gericht kassiert. Jetzt geht es um eine Neuauflage. Naturschützer befürchten die Ausrottung der Tiere.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

Die Allgemeinverfügung des Landkreises Oberallgäu schieße über das Ziel hinaus und konterkariere das bayerische Bibermanagement, sagt Christine Margraf. Sie ist stellvertretende Bund Naturschutz-Landesbeauftragte und Leiterin des Referats für Artenschutz. "Außerdem bedroht es die Population des Bibers im Landkreis", so Margraf auf einer Pressekonferenz des BN in Kempten.

Das Landratsamt Oberallgäu hatte mit einer Frist von heute, die Umweltverbände um Stellungnahmen zur sogenannten Biber-Allgemeinverfügung gebeten.

Doch kein neues Regelwerk für Umgang mit Biber?

Aufgrund der übermittelten Unterlagen könne allerdings keine sachgerechte Beteiligung erfolgen, kritisierte die BN-Kreisgruppe Oberallgäu-Kempten das Verfahren. Das Landratsamt habe lediglich die per Eilverfahren bereits gestoppte alte Allgemeinverfügung vorgelegt. Der BN befürchtet, dass sie genau so neu erlassen werden soll. "Das ist sehr misslich vom Landratsamt", erklärte Rechtsanwalt Eric Weise-Saulin von der Kanzlei Baumann Rechtsanwälte in Würzburg, die den BN juristisch vertritt. "Der Landkreis hätte die Allgemeinverfügung überarbeiten sollen, bevor er die Stellungnahmen der Umweltverbände einholt."

Naturschützer fordern: Abschuss-Alternativen prüfen

Darüber hinaus sei nach wie vor unklar, warum es überhaupt eine Allgemeinverfügung zum Abschuss des Bibers geben soll. Weder das staatliche Bauamt Kempten noch die Deutsche Bahn hätten zum Beispiel bislang eine solche gefordert. Außerdem fehlten aktuelle Zahlen, die das Bibervorkommen im Oberallgäu dokumentieren. Auch sei unklar, von welchen konkreten Gefahren, die durch die Aktivitäten des Bibers ausgehen, gesprochen werde. Darüber hinaus müssten vorab Alternativen zum Umgang mit dem Biber geprüft werden. Also zum Beispiel, ob präventive Maßnahmen möglich sind, um Bäume, Straßen, Bahngleise etc. vor den Aktivitäten des Bibers zu schützen. "Das ist nicht passiert und damit ist eine pauschale Abschussgenehmigung durch eine Allgemeinverfügung rechtlich nicht haltbar", betonte der Rechtsanwalt, der Akteneinsicht am Landratsamt hatte.

Inzwischen haben der Rechtsanwalt und der BN auch eine entsprechende Klagebegründung beim Verwaltungsgericht in Augsburg eingereicht. Dort läuft nach wie vor das Hauptsacheverfahren. Der BN hatte ja gegen die im September erlassene erste Allgemeinverfügung geklagt und würde das im Fall einer neuen Allgemeinverfügung auch wieder tun.

Bund Naturschutz befürchtet Ausrottung der Biber

Gerhard Schwab, Biberbeauftragter des BN für Südbayern, befürchtet: "Diese Allgemeinverfügung rottet den Biber im Landkreis aus." Durch die Abschussgenehmigung wie sie in der Allgemeinverfügung ursprünglich geplant gewesen sei, hätte der Biber im Oberallgäu auf weit über 1.000 Gewässerabschnitten und einer Länge von circa 103 Kilometern abgeschossen werden dürfen. "Teilweise wären dadurch ganze Flussbereiche betroffen. Das ist komplett überzogen."

Der BN hätte sich gewünscht, von Anfang an in neue Überlegungen zum Umgang mit dem Biber eingebunden zu werden. Zumal es laut Julia Wehnert, Geschäftsführerin der BN Kreisgruppe Kempten-Oberallgäu, bisher ein gutes Miteinander in Sachen Biber geben habe: "Die Allgemeinverfügung trifft uns kalt."

Landrätin will Menschen vor Bibern schützen

Landrätin Indra Baier-Müller (Freie Wähler) zeigte sich irritiert von der Pressekonferenz des BN. Durch die Anhörung habe man die Umweltverbände ins Boot holen wollen. Bislang sind wohl drei Stellungnahmen beim Landratsamt eingegangen, ließ die Landrätin heute Mittag mitteilen. "Diese werden wir jetzt sorgfältig auswerten. Sollten dabei fachlich oder rechtlich überzeugende Argumente vorgebracht werden, werden wir diese in die neue Allgemeinverfügung einfließen lassen", heißt es in der schriftlichen Mitteilung.

Generell sehe sie die Allgemeinverfügung als notwendig an, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten und den Schutz der Menschen im Landkreis sicherzustellen. Der Biber habe in der Vergangenheit bereits Bahndämme unterhöhlt, die Trinkwasserversorgung gefährdet und Schäden an Straßen sowie Wirtschaftsflächen verursacht.

Bislang Biber-Abschuss nur mit Genehmigung

Derzeit darf der strenggeschützte Biber im Oberallgäu nur nach vorheriger Genehmigung abgeschossen werden. Durch die Allgemeinverfügung soll das Tier in bestimmten Bereichen - zum Beispiel entlang von Staats- und Bundesstraßen sowie nahe an Bahngleisen und Fischteichen - ohne Einzelgenehmigung gefangen und getötet werden dürfen. Eine erste Allgemeinverfügung hatte das Verwaltungsgerichts Augsburg Anfang November gestoppt.

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