Soll sich Deutschland erneut um Olympische Spiele bemühen, womöglich mit dem Austragungsort München? Darum geht es seit den European Championships, die bis Sonntag in der bayerischen Landeshauptstadt stattgefunden haben. Nachdem sich zuletzt schon Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) für Sommer- oder Winterspiele in Deutschland ausgesprochen hat, plädieren jetzt auch die Landtagsfraktionen von CSU und Freien Wählern (FW) dafür - mit Bedingungen.
Streibl: "Vom Geld der Autokraten verabschieden"
"Die überaus erfolgreichen European Championships haben deutlich gezeigt: Bayern und München können bürgernahe, ökologische und freundliche Sportgroßereignisse", sagt FW-Fraktionschef Florian Streibl auf BR24-Anfrage. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) solle sich das zum Vorbild nehmen, künftig "auf ökologische und bürgerfreundliche Spiele bei weltoffenen Demokratien setzen und sich vom Geld der Autokraten und dem Mammon des Kommerz verabschieden".
CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer ist ebenfalls für einen neuen Versuch, Olympische Spiele im Freistaat durchzuführen. "Nachhaltig, ressourcenschonend und im echten olympischen Geist" seien die European Championships gewesen. "Genau das Konzept, das auch in Zukunft bei derartigen Großveranstaltungen zugrunde gelegt werden muss." Allerdings drängt auch Kreuzer auf Änderungen beim IOC: Maximale Transparenz müsse an oberster Stelle stehen. Zudem sei bei einer Olympia-Bewerbung wichtig, "dass wir die Menschen vor Ort frühzeitig und kontinuierlich einbinden".
SPD skeptisch: "Haben ganz andere Probleme"
Deutlich zurückhaltender äußerte sich Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) Anfang der Woche. Die Absage der Bürgerinnen und Bürger an eine Bewerbung 2013 hat laut ihm gelehrt, welche Sportveranstaltungen in München möglich sind. Damals hatten die Menschen in den betroffenen Regionen eine Olympia-Bewerbung für die Winterspiele 2022 mehrheitlich abgelehnt.
Er glaube nicht, dass eine neue Olympia-Bewerbung Sinn ergeben würde, sagte Reiter. "Das IOC müsste sich bewegen und den Veranstaltungsorten deutlich mehr Spielraum bei der Gestaltung lassen. Dann könnte man darüber nachdenken." Zwar wolle man das positive Feedback nicht ignorieren und sich mit dem Thema befassen, es sei aber nicht das zentrale der nächsten Wochen.
Auch der bayerische SPD-Landeschef Florian von Brunn zeigt sich skeptisch. Zwar waren die European Championships laut ihm toll. "Aber im Moment haben die Menschen in Bayern ganz andere Probleme als eine Olympia-Bewerbung", sagt von Brunn auf BR24-Anfrage. "Wir als SPD wollen Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger, bezahlbare Wohnungen und Investitionen in eine kraftvolle Energiewende - statt Unsummen an das Olympische Komitee zu geben."
- Zum Artikel: Münchens olympisches Erbe - was ist geblieben von 1972?
Schulze kritisiert "massive Kommerzialisierung"
Bayerns Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze stellte sich vergangene Woche gegen eine neue Olympia-Bewerbung. Die Rahmenbedingungen seien unverändert: "Das IOC ist immer noch das gleiche, inklusive Knebelverträge, die die finanziellen Risiken auf die Austragungsorte abwälzen nach dem Motto 'Gewinne behalten wir, Verluste tragen die anderen'". Das IOC betreibe eine massive Kommerzialisierung der Spiele, kritisierte Schulze als Sprecherin des Bündnisses "NOlympia".
Zwar könne sie es verstehen, wenn manch einer von einer erneuten Olympiabewerbung träume. Der Staat sollte sich aber lieber zuerst um die dauerhafte Instandhaltung der vielen Sportstätten und den Breitensport kümmern. "Falls es zu einer erneuten Bewerbung für Olympische Spiele kommen sollte, braucht es wieder einen Bürger- oder Volksentscheid", betonte Schulze.
Junge Liberale: "Olympiabewerbung auf den Weg bringen"
Bei der FDP gibt es dagegen Sympathien für einen neuen Versuch. "Die Stadt sollte jetzt mit allen nötigen Akteuren eine Olympiabewerbung auf den Weg bringen", finden die Jungen Liberalen in der Landeshauptstadt. München sei "ideal geeignet, nachhaltige Spiele in einem demokratischen Land möglich zu machen" - allerdings sollte man nicht jede Kröte des IOC schlucken. Der bayerische FDP-Landeschef Martin Hagen bezeichnet den Vorstoß des Parteinachwuchses als "gute Initiative".
Der sportpolitische Sprecher der Landtags-AfD knüpft eine bayerische Bewerbung an Bedingungen. Man setze sich dafür ein, "dass große Sportveranstaltungen wie die Olympischen Spiele in München stattfinden können", erklärt Ralf Stadler auf BR24-Anfrage. "Allerdings ist es den Bürgern nicht vermittelbar, wenn sie weiter strikten Corona-Zwängen unterworfen sind und unsere Energieversorgung nicht gewährleistet ist, während ein solches Groß-Event problemlos möglich ist." Stadlers Fazit: Erst wenn die Staatsregierung "ihre Hausaufgaben" mache, "können wir uns auch für Olympia bewerben".
Zweimal fanden bisher in Bayern Olympische Spiele statt - die Sommerspiele 1972 in München und die Winterspiele 1936 in Garmisch-Partenkirchen. Geht es nach dem Chef des des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Thomas Weikert, dann sollten weitere Spiele in Deutschland dazukommen. "Wir wollen Olympia angehen", sagte Weikert Anfang der Woche. Seine Lehre aus den European Championships in München: "Ich denke, man kann auch Olympische Spiele ausrichten, ohne einen Gigantismus zu haben."
Wüst will Olympia in NRW: "Verbindende und einende Kraft"
Unterdessen erwartet Bayern bei einer möglichen Bewerbung wohl innerdeutsche Konkurrenz. Denn der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) will die Olympischen Spiele in sein Bundesland holen. "Von sportlichen Großereignissen kann eine enorm verbindende und einende Kraft ausgehen, gerade in schwierigen Zeiten", sagt Wüst im Interview mit der "Rheinischen Post". Nordrhein-Westfalen verfüge über eine Vielzahl an Sportstätten, die für Olympische und Paralympische Spiele genutzt werden könnten.
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- zum Artikel "EBU-Projekt Europäische Perspektiven"
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