Auf einem 5.000 Quadratmeter großen Areal, wenige Kilometer von der niederbayerischen Gemeinde Pfeffenhausen entfernt, ist am Freitag ein 5-Megawatt Elektrolyseur eingeweiht worden. Dieser spaltet Wasser mithilfe von Strom aus erneuerbaren Energien in Sauerstoff und Wasserstoff, deshalb spricht man von "grünem Wasserstoff".
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Wirtschaftsminister: "Meilenstein" der Energiewende
Bei der Einweihung waren auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) dabei. Söder bezeichnete den dritten Elektrolyseur dieser Art im Freistaat als eine "neue Hausnummer" in der bayerischen Wasserstoffstrategie. Aiwanger sprach von einem "Meilenstein bei der Energiewende" in Bayern.
440 bis 600 Tonnen Wasserstoff sollen pro Jahr in Zukunft hier produziert werden. Dieser soll vor allem im Bereich der Mobilität zum Einsatz kommen.
Strom kommt von PV-Anlagen vor Ort
Das Besondere an der Anlage ist, dass der Strom unter anderem direkt aus einer nahegelegenen Photovoltaikanlage bezogen wird, sagt Tobias Brunner, Geschäftsführer von HY2B, der Betreibergesellschaft der Anlage. Diese leiste 12,5 Megawatt.
In naher Zukunft sollen außerdem zwei Windkraftanlagen in unmittelbarer Nähe gebaut werden, so Brunner. Er geht davon aus, dass bis 2026 zumindest eines dieser Windräder gebaut werden kann.
Grüner Strom, also aus erneuerbaren Energien, wird auch aus dem Netz gezogen. Steht er nicht ausreichend zur Verfügung, wird auch kein grüner Wasserstoff produziert, sagt Brunner, der Elektrolyseur wird dann nicht genutzt. Doch soweit soll es nicht kommen – der Geschäftsführer ist sich sicher, dass der grüne Strom ausreichend vorhanden ist – auch dank der umliegenden Freiflächen PV-Anlage.
Wasserstoff für Busse und Lkw
Der ab Mitte des Jahres produzierte Wasserstoff aus Pfeffenhausen soll mithilfe von Lastwagen an zwei Tankstellen geliefert werden: Eine steht in München, die andere in Ebersberg. 12 Wasserstoffbusse der öffentlichen Verkehrsbetriebe sollen damit betankt werden, zudem sollen auch weitere bestehende Tankstellen in Bayern beliefert werden, um zum Beispiel Lkw damit zu betanken. Tobias Brunner sagt, dass ein Teil auch an Industriekunden geliefert wird und an das geplante Wasserstoffzentrum, dass in direkter Nähe der Anlage gebaut wird.
Fördermittel auf Eis wegen Verdacht auf Vetternwirtschaft
Eigentlich sollte bis 2025 neben der Anlage mit dem Elektrolyseur auch ein Wasserstoff Technologie-Anwenderzentrum (WTAZ) entstehen, als eines von insgesamt vier Wasserstoffzentren dieser Art bundesweit. Gefördert wird das Zentrum durch den Bund mit 72,5 Millionen Euro und vom Freistaat mit 30 Millionen. Aufgrund von mutmaßlicher Vetternwirtschaft im Bundesverkehrsministerium sind die Bundesfördermittel derzeit jedoch eingefroren.
"Wir finden es nicht gut, dass zugesagte Mittel plötzlich ausgesetzt werden", sagte Söder bei der heutigen Einweihung. "Berlin sollte jetzt schnell die Verwandtschaftsverhältnisse klären, damit wir weiterbauen können", ergänzte Aiwanger. "Uns wurde zugesagt, dass das Geld nicht gesperrt sei, sondern quasi auf dem Tisch liegt".
Das WTAZ soll den Technologietransfer aus der Wissenschaft zur Industrie beschleunigen. Auf dem geplanten Gelände in Pfeffenhausen sollen auf rund 12 Hektar Wissenschaftler und Industrie zum Thema Wasserstoff forschen und geeignete Prozesse für die Wirtschaft entwickeln. Die Halle, in dem der Elektrolyseur steht, ist das erste Gebäude auf dem noch nicht erschlossenen Gelände. Laut Aiwanger soll der Fokus des WTAZ in Pfeffenhausen auf dem Einsatz von Wasserstoff in der Mobilität liegen.
Erneuerbarer Strom für Elektromobilität sinnvoller
Michael Sterner ist Professor für Energiespeicher und Energiesysteme an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg und Mitglied im Nationalen Wasserstoffrat. Prinzipiell sieht er den Ausbau von Wasserstoffzentren wie in Pfeffenhausen positiv. Allerdings würde der Strom aus erneuerbaren Energien derzeit in erster Linie dringender benötigt werden, um die Lücken im Stromnetz zu decken, die durch den Ausstieg aus Atom- und Kohleenergie entstanden sind, sagt er. Auch im Bereich der Elektromobilität oder auch für Wärmepumpen sei grüner Strom wichtiger, anstatt damit grünen Wasserstoff zu produzieren.
Wasserstoff für die Industrie wichtig
Auch den geplanten Einsatz des Wasserstoffs überwiegend in der Mobilität sieht Sterner kritisch. Gerade hier habe man mit Elektrofahrzeugen Alternativen, die um den Faktor zwei bis drei effizienter seien als die, die mit Wasserstoff betrieben werden. Elektrobusse zum Beispiel seien deutlich effizienter als Wasserstoffbusse.
Den Einsatz von grünem Wasserstoff sieht der Professor vor allem in der Industrie, wo er zum Beispiel zur Erzeugung von Wärme genutzt wird oder auch in der Langstreckenmobilität, also der Schifffahrt oder bei Flugzeugen. Hier gebe es wenig Alternativen, deshalb sollte der Fokus zur Nutzung von Wasserstoff dort liegen. Man müsse mit der Ressource sparsam umgehen, weil sie auf absehbare Zeit nicht günstig produzierbar sei, so Michael Sterner.
4.500 Tonnen CO₂ einsparen
Geht es nach Tobias Brunner, sollen mit der Anlage pro Jahr 4.500 Tonnen CO₂ eingespart werden. Allein die Kosten für den ersten Bauabschnitt auf dem Gelände mit dem Elektrolyseur belaufen sich auf 25 Millionen Euro. Das sei natürlich noch hoch, sagt Brunner. Er geht aber davon aus, dass sich in diesem Bereich in Zukunft noch einiges tun wird und solche Anlagen günstiger werden.
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