Dinkelsbühl von oben: Die Dächer sind mit roten Ziegeln gedeckt.
Bildrechte: Stadt Dinkelsbühl

Die markanten roten Dächer in Dinkelsbühl sollen, wenn es nach dem Bürgermeister geht, PV-Anlagen-frei bleiben.

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Photovoltaik: Dinkelsbühl und Rothenburg streiten mit Habeck

Die zwei beliebten Touristenziele in Westmittelfranken wollen keine Photovoltaik-Anlagen auf den Altstadt-Dächern. In einem Schreiben haben sie den Wirtschaftsminister um Lösungsvorschläge gebeten. Mit der Antwort sind die Städte unzufrieden.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Dinkelsbühls Oberbürgermeister Christoph Hammer (CSU) ärgert sich über Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Es geht um den Zwiespalt zwischen erneuerbaren Energien und Denkmalschutz: Denn würde man die Dinkelsbühler Dächer mit Photovoltaikanlagen überziehen, würde das Stadtbild darunter leiden, findet Hammer. Verbietet man die Anlagen, ergäben sich für die Hauseigentümer Nachteile. Hammers Amtskollege Markus Naser (Freie Wähler) aus Rothenburg pflichtet ihm bei. Gemeinsam haben sie deshalb vor einem Dreivierteljahr an Habeck geschrieben – jetzt kam die Antwort.

Keine PV-Anlagen in der Altstadt

Die beiden Stadtoberhäupter sowie die Regierung von Mittelfranken formulierten in ihrem Brief an den Wirtschaftsminister, dass ihre Denkmalperlen auch künftig frei von Solaranlagen bleiben. Die Dachlandschaft "mit ihren roten unglasierten Dachziegeln" sei besonders einzigartig. Die Bayerische Staatsregierung hat allerdings die Regelungen gelockert, unter denen Solaranlagen auf denkmalgeschützte Dächer gebaut werden dürfen. Den Männern ist das ein Dorn im Auge – sie wünschen sich ein generelles Solaranlagen-Verbot auf ihren Altstadt-Ensembles. In den beiden Städten werde man zwar in Zukunft jeden Einzelfall prüfen, die Anträge allerdings immer ablehnen, "sofern die Anbringung von Anlagen sichtbar ist und dadurch den Eindruck der historischen geschlossenen Dachlandschaft beeinträchtigt." Das betreffe praktisch alle Gebäude in beiden Städten.

Auch Photovoltaikanlagen an den Wänden und Wärmepumpen in den Innenstädten schließen die Bürgermeister aus – und befürchten in der Folge Nachteile für die Anwohnerinnen und Anwohner, weil diese dann, wenn sie die Klimaforderungen nicht erreichen können, auch keine Fördermittel oder Zuschüsse erhalten. Und: Altstadtbewohner, die keinen Strom selbst produzieren können, hätten deshalb höhere Kosten, als Bürgerinnen und Bürger, die Grundstücke außerhalb besitzen und dort ihren Strom selbst erzeugen können.

Entlastungen für Altstadtbewohner?

Deshalb fordert Hammer, den Altstadtbewohnerinnen und -bewohnern die Netzentgelte zu erlassen, um sie so zu entlasten. Zudem könnte man sie an PV-Anlagen beteiligen, die außerhalb des Ortes liegen und ihnen dann dafür ebenfalls die Netzentgelte erlassen. Das müsste aber der Bund finanzieren, fordert Hammer und schreibt: "Kein Bürger soll schlechter gestellt werden, wenn ihm wegen eines höherrangigen Allgemeininteresses Befugnisse verwehrt werden, die aus seinem Eigentum entspringen."

Wirtschaftsministerium kritisiert Anti-Haltung

Das Antwortschreiben kommt von Stefan Wenzel, Habecks Staatssekretär. Der erklärt: Da die Anbringung von PV-Anlagen zum Zweck des Klimaschutzes "der öffentlichen Sicherheit dienen", müssten die erneuerbaren Energien gegenüber dem Denkmalschutz Vorrang haben. Ausnahmen davon seien stark geschützte Bauten, wie zum Beispiel UNESCO-Weltkulturerbestätten. Dazu zählen Dinkelsbühl und Rothenburg aber nicht. Das Vorhaben der Städte, Anträge für PV-Anlagen in der Altstadt grundsätzlich abzulehnen, sehe das Wirtschaftsministerium daher kritisch.

Zum Vorschlag der Aufhebung der Netzentgelte schreibt Wenzel: "Vorgaben zur Höhe der Netzentgelte für den über das öffentliche Netz gelieferten Strom liegen ausschließlich in der Zuständigkeit der Bundesnetzagentur; sie ist dabei an die europarechtlichen Vorgaben gebunden."

Bürgermeister mit Antwortbrief unzufrieden

Mit dem Antwortschreiben aus dem Wirtschaftsministerium sind die beiden Stadtoberhäupter unzufrieden. "Bekommen haben wir nur unnötige Belehrungen über eine Sach- und Rechtslage, welche uns bestens bekannt ist", schreiben sie in einer erneuten Mitteilung. Die Bürgermeister werfen Habeck vor, zu sehr aus ideologischen Motiven heraus zu argumentieren.

Gegenwind von Grünem Stümpfig

Gegenwind erhalten die beiden Oberbürgermeister von Martin Stümpfig, dem Sprecher der Grünen für Energie und Klimaschutz im Bayerischen Landtag. Stümpfig lebt in Feuchtwangen. Er kritisiert die "kategorische Ablehnung" der beiden Stadtoberhäupter und fordert stattdessen mehr konstruktive Mitarbeit. "Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg", so Stümpfig in einer Pressemitteilung.

Er hält PV-Anlagen in Rothenburg und Dinkelsbühl durchaus für möglich. Dort gebe es "die ein oder andere Dachfläche", die kaum einsehbar sei. Auch Wärmepumpen sind für ihn in den historischen Altstädten eine Option. Mittlerweile, so Stümpfig, gebe es Modelle, die leise seien. Zudem könne man die Installation auf dem Dach in einer Art Kamin verstecken. Dies sei auch der Wunsch von einigen Altstadt-Bewohnern: "Ich kenne mehrere Bürger aus den beiden Städten, die seit Jahren versuchen Anlagen zu installieren", so Stümpfig.

Audio: Rothenburg wollte Solarstrom außerhalb der Altstadt produzieren (11.12.2023)

Markus Naser (links), David Wittner (Mitte), Christoph Hammer
Bildrechte: BR/Henry Lai
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So soll es bleiben: die Dachlandschaft von Dinkelsbühl. Trotzdem muss eine Lösung für die Energiewende in der Altstadt gefunden werden.

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