Unterwegs mit Pilz-Fachmann Rudi Markones im Irtenberger Wald bei Würzburg: Sein buntes Hemd mit den aufgedruckten Pilzen, das ihm seine Frau geschneidert hat, weist das Präsidiumsmitglied der Bayerischen Mykologischen Gesellschaft (BMG) sogleich als echtes Original aus. Sein erstes großes Pilz-Erlebnis hatte er schon mit etwa zwei Jahren in seiner früheren Heimat, in der Oberpfalz. Seine Eltern hatten ihn mit zur Schwammerl-Suche genommen. "Ich bin da unter den Fichten übers Moos gekrochen und habe darin meine ersten Steinpilze ertastet", schreibt er auf der Homepage der BMG.
Im Irtenberger Wald bei Würzburg bleibt Markones alle paar Meter stehen, weil er einen zumindest aus seiner Sicht hochinteressanten neuen Fund gemacht hat. Er nimmt den Pilz dann in die Hand, begutachtet ihn und riecht beinahe andächtig daran. Im Fall des sogenannten roten Täublings bricht er ihn sogar in kleine Stücke. Denn der Stil des essbaren Pilzes mit der roten Kappe lässt sich durchbrechen, ohne aufzufasern, erklärt er im Gespräch mit BR24.
Einziges bayerisches Pilzschutz-Gebiet bei Würzburg
Durch ein kleines Gatter geht es in ein abgezäuntes Waldstück, das der Verein "Pilz-Freunde Mainfranken" vor vier Jahren gemeinsam mit dem örtlichen Forst zum bislang einzigen Pilzschutz-Gebiet Bayerns erklärt hat. Pilze sollen hier nicht in erster Linie vor den Pilz-Sammlerinnen und -Sammlern geschützt werden, sondern sie werden überwacht und kartiert, sagt Markones. Vor Wildtieren schützt der Zaun allerdings.
Den ehemaligen Allgemeinarzt aus dem Landkreis Würzburg fasziniert an Pilzen vor allem ihre Vielfalt. Schließlich gebe es deutlich mehr Pilze als Pflanzen auf der Welt. Allein in Bayern seien es mehr als 10.000 verschiedene Arten.
Schwammerl-Saison ungewöhnlich früh dieses Jahr
Für die Schwammerl-Sucherinnen und -Sucher ist die Saison in den vergangenen Trocken-Jahren erst im Oktober losgegangen. Die Wälder und damit auch die Pilze hatten mit Hitze und Trockenheit zu kämpfen. Dieses Jahr startet die Saison ungewöhnlich früh, weil es viel geregnet hat: Die Pilze sprießen aktuell überall aus dem Boden – Steinpilze oder Täublinge zum Beispiel. Pfifferlinge sind noch rar. Hunderte von Pilzen hat Rudi Markones in den vergangenen Tagen entdeckt. "Das Pilzvorkommen ändert sich aber täglich rasant", so Markones.
Menschen vergiften sich regelmäßig an Pilzen
Unter den Pilzen, die jetzt schon wachsen, sind auch viele giftige Arten. Der anerkannte Pilz-Berater bekommt des Öfteren Anrufe aus Notaufnahmen von Krankenhäusern, weil dort Menschen mit Vergiftungen landen. Dann analysiert er die Pilz-Reste, die aus dem Küchenabfall oder im Zweifel auch dem Magen eines Vergiftungsopfers gerettet wurden.
Markones: Nur bekannte Pilze essen
Er rät deshalb dazu, nur die Pilze zu essen, die man wirklich hundertprozentig kennt. "Wenn man nicht sicher ist, sollte man wirklich immer zu einer Pilz-Beratung gehen", sagt Markones. Eine Liste mit Beratern und Pilzsachverständigen gibt es zum Beispiel bei der Bayerischen Mykologischen Gesellschaft. Bei der Deutschen Gesellschaft für Mykologie oder bei der Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg findet man ebenfalls Pilz-Sachverständige.
Zur Bestimmung: Pilz aus Boden herausdrehen
Und noch ein Tipp: Wenn man den Pilz später bestimmen lassen möchte, sollte man ihn nicht abschneiden, sondern vorsichtig herausdrehen. Nur so könne man ihn genau zuordnen. Denn der eigentliche Pilz lebt unter der Erde. Das, was wir als Pilze sammeln und essen, ist nur der Fruchtkörper.
Vor allem Steinpilze können sehr leicht verwechselt werden. Davor warnt auch Klaus Breese, Diplom-Biologe und Pilz-Berater der Bayerischen Mykologischen Gesellschaft – also ein Kollege von Markones. Verwechslungen mit giftigen Pilzen könnten im schlimmsten Fall lebensgefährlich sein, so der Experte.
Steinpilze mit schwarzem Hut stehenlassen
Ein paar Meter weiter sind zwei Pilz-Sammlerinnen unterwegs, die in ihrer Tragetasche einen Steinpilz mit schwarzer Kappe haben. Der ist eigentlich streng geschützt und sollte nicht mitgenommen werden, so Pilz-Experte Markones. Die Frauen wussten das nicht und versprechen Markones, den Pilz beim nächsten Mal stehenzulassen. Deshalb dürfen sie ihre Beute trotzdem mitnehmen.
Markones ist stolz auf Eier-Wulstling
Und dann präsentiert Rudi Markones noch eine kleine Pilz-Sensation. Denn einen Tag zuvor hat er eine absolute Rarität entdeckt, den sogenannten Eier-Wulstling. Dieser Pilz wurde in Bayern wahrscheinlich erst einmal gefunden – er ist eigentlich im Mittelmeer-Raum zu Hause. 20 Jahre hat der Pilz-Sachverständige nach dem großen, weißen Pilz Ausschau gehalten. Nun endlich der Erfolg.
Pilz-Saison könnte auch früher enden
Wer jetzt schon in den Wald gehen und Pilze sammeln will, sollte sich beeilen, mahnt Markones. Wenn nämlich der Regen ausbleibt, kann der Pilz-Boom schnell wieder abflauen. Außerdem könnte die Saison in diesem Jahr früher enden, weil sie so ungewöhnlich früh begonnen hat.
- Zum Artikel: Experten warnen vor Pilz-Apps zur Bestimmung
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