Die Münchner Polizei hat am Donnerstagmorgen gegen drei Klimaaktivisten einen längerfristigen Präventivgewahrsam angeordnet. Doch die erforderliche richterliche Bestätigung der Maßnahme scheiterte an internen Zuständigkeitsstreitigkeiten des Münchner Amtsgerichts. Im Polizeipräsidium sorgt das für Kopfschütteln.
Letzten Generation: Drei Männer blockieren Straße
Nachdem sich drei Männer im Alter von 19, 21 und 27 Jahren nachweislich mehrfach an Klebeaktionen bei Straßenblockaden der "Letzten Generation" in München beteiligt hatten und aus polizeilicher Sicht eine Wiederholungsgefahr bestand, ordnete das Polizeipräsidium einen Präventivgewahrsam bis zum Ende der Mobilitätsmesse IAA am 10. September gegen das Trio an.
Maßnahmen scheitern an internen Zuständigkeitsstreitigkeiten
Nach dem Polizeiaufgabengesetz muss für diese freiheitsentziehende Maßnahme unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeigeführt werden. Wie das Amtsgericht München dem BR bestätigte, kontaktierte die Polizei deshalb Donnerstagmorgen kurz nach 6 Uhr die zuständige Bereitschaftsrichterin. Diese verwies allerdings darauf, dass sie bis zum Ende ihrer Dienstzeit (7.30 Uhr) keine Entscheidung über Gewahrsamsanträge treffen könne, berichten Polizeipräsidium und Amtsgericht übereinstimmend.
Das Polizeipräsidium stellte die Anträge auf Ingewahrsamnahme daraufhin bei den Ermittlungsrichterinnen und -richtern des Amtsgerichts München im Strafjustizzentrum an der Nymphenburger Straße. Diese lehnten das Präventivgewahrsam jedoch ab, aber nicht aus inhaltlichen Gründen - sondern "aus Gründen der Unverhältnismäßigkeit", wie es in einer schriftlichen Stellungnahme des Amtsgerichts heißt. Demnach verwiesen die Ermittlungsrichterinnen und -richter "zur näheren Begründung maßgeblich darauf, dass eine Zuständigkeit der Bereitschaftsrichterin als gesetzliche Richterin nach Artikel 1 GG bestand". Ergebnis der internen Querelen: Die drei betroffenen Männer wurden mangels richterlicher Bestätigung des längerfristigen Präventivgewahrsams wieder entlassen.
Präventivgewahrsam: Bearbeitung trotz Dienstzeitende
Die zeitlichen Zuständigkeiten am Amtsgericht München sind laut Stellungnahme der Justizbehörde wie folgt geregelt: Für polizeiliche Gewahrsamsanträge, die vor 7.30 Uhr eingehen, ist der richterliche Bereitschaftsdienst zuständig. "Diese Zuständigkeit reicht sodann jeweils so lange, bis eine Sachentscheidung getroffen wurde." Für Anträge, die nach 7.30 Uhr eingehen, besteht demnach eine Zuständigkeit der Ermittlungsrichterinnen und -richter. Mit anderen Worten: Die an dem Morgen zuständige Bereitschaftsrichterin hätte das vom Polizeipräsidium angeordnete Präventivgewahrsam prüfen müssen, auch wenn die Bearbeitung über ihr Dienstzeitende hinaus gegangen wäre.
Kopfschütteln im Polizeipräsidium
Wer mit Beschäftigten des Polizeipräsidiums über das Scheitern der Maßnahme an Zuständigkeitsstreitigkeiten innerhalb des Münchner Amtsgerichts spricht, erntet Kopfschütteln. Offene Kritik äußern an der Justizbehörde, mit der die Münchner Polizei täglich zu tun hat, möchte indes keiner. Zwischen den Zeilen der Stellungnahme des Amtsgerichts ist zu lesen, dass man sich dort der peinlichen Außenwirkung des Vorgangs durchaus bewusst ist.
In neun anderen Fällen lief das Prozedere in den vorangegangenen Tagen problemlos: Die Polizei beantragte den Präventivgewahrsam, die jeweils zuständigen Richterinnen und Richter des Amtsgerichts bestätigten die Maßnahme. Vier Frauen und fünf Männer befinden sich deshalb bis zum 12. September in der Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim.
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