Es war ein erfolgreicher Polizeieinsatz: Im vorigen Sommer wurde in Berlin ein mutmaßliches Mitglied einer internationalen Bande von Telefonbetrügern festgenommen, die in Bayern ältere Menschen mit Schockanrufen zur Übergabe von Geld veranlasst haben soll. Jetzt wurde der 39 Jahre alte Mann vom Landgericht Landshut zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt.
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Vorwürfe im Prozess eingeräumt
Die Staatsanwaltschaft hatte eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren gefordert, die Verteidigung hatte auf dreieinhalb Jahre Haft plädiert. Über seinen Verteidiger hatte der Verurteilte die Vorwürfe zu Beginn der Verhandlung eingeräumt, sich anschließend persönlich entschuldigt und kooperativ gezeigt. Bereits vor dem Prozess sei ein Betrag von insgesamt 10.000 Euro zur anteiligen Wiedergutmachung an zwei geschädigte Personen überwiesen worden, hieß es. Entsprechende Belege dafür wurden vorgelegt
Immer wieder ähnliche Masche
Das Vorgehen der Bande folgte laut Anklage einem immer gleichen Muster: Anrufer gaben sich als Staatsanwälte oder Polizeibeamte aus und und behaupteten, dass sich eine nahestehende Person in einer Notlage befinde: Zum Beispiel, dass ein Verwandter für einen tödlichen Verkehrsunfall verantwortlich sei. Deswegen müsse sofort eine Kaution bezahlt werden.
Für die Anrufe wurden und werden in der Regel Festnetzanschlüsse von Menschen ausgewählt, deren Namen nicht mehr gängig sind – und somit waren und sind vor allem ältere Menschen das Ziel. Unter dem Druck der Schockanrufer sollen sie dann Geld oder Wertgegenstände an weitere Bandenmitglieder aushändigen. Oftmals handelt es sich um Gruppierungen aus dem osteuropäischen Raum. Eine Schlüsselrolle kommt dabei aber auch immer den Bandenmitgliedern zu, die akzentfrei Deutsch sprechen – um sich glaubhaft als Beamte von Polizei oder Justiz ausgeben zu können.
Es geht um viel Geld
Immer wieder fallen Menschen auf die Masche herein. So auch in dem Fall, der nun am Landgericht verhandelt wurde. Der jetzt verurteilte Mann war als Teil der Bande an solchen Schockanrufen, mehrere davon im Raum Landshut, beteiligt. Die Opfer wurden um hohe Geldsummen und Wertgegenstände gebracht. Mehrmals ging es dabei um Geldbeträge von mehr als 20.000 Euro oder um Goldmünzen, die – so der Plan – immer an öffentlichen Plätzen übergeben werden sollten. Vor einem Landshuter Hotel zum Beispiel, in der Nähe des Hauptbahnhofs oder auf einem Supermarktparkplatz, so auch in einem Fall in Wismar in Mecklenburg-Vorpommern. Nicht immer kam es zur Übergabe – eine Frau erkannte den Betrugsversuch demnach im letzten Moment.
Klar aufgeteilte Rollen
Die Bande hatte laut Staatsanwaltschaft ihre Aufgaben klar aufgeteilt. Beispielsweise gab es Verantwortliche für die Koordination oder für die technische Manipulation der Rufnummern.
Die Rolle des jetzt verurteilten Mannes war laut Verteidigung die "des Logistikers", dafür sei er anteilig entlohnt worden. Die Staatsanwaltschaft erklärte, er sei für die Koordinierung der Abholung, insbesondere für die Bereitstellung und Organisation der Abholer, verantwortlich gewesen. Über die Identität verantwortlicher Hintermänner konnte der Verurteilte im Prozess keine Angaben machen, sie seien ihm nicht bekannt.
2023 weniger Anrufer, aber höherer Schaden
In Niederbayern waren die Zahlen beim Callcenter-Betrug zuletzt rückläufig. Das zeigt die Kriminalstatistik der Polizei von 2023. Aber: Der Vermögensschaden bei Enkeltrickbetrug und Schockanrufen stieg auf mehr als zwei Millionen Euro. Im vergangenen Jahr konnten mehr als 40 Personen festgenommen werden, die im Zusammenhang mit der Abholung von Geld und Wertgegenständen von Betrugsopfern stehen.
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