Gefährliche Körperverletzung und Misshandlung wirft die Staatsanwaltschaft einem ehemaligen Altenpfleger vor. Er soll in einem Chamer Pflegeheim einem Bewohner ein Kissen aufs Gesicht gedrückt haben.
Seit Dienstag (08.11.) muss sich der 24-Jährige vor dem Landgericht Regensburg verantworten. Zu Beginn der Verhandlung hat das Gericht die Öffentlichkeit aber für weite Teile der Verhandlung ausgeschlossen. Der Grund: In den Aussagen des Angeklagten, seiner Schwester und der Gutachter könnten intime Details zur Vorgeschichte des Mannes und auch zur mutmaßlichen psychischen Erkrankungen Thema werden.
- Zum Artikel: "Pflegemängel - Expertin beklagt strukturelles Problem"
Verdacht auf Tötungsdelikte bestätigen sich nicht
Zunächst war gegen den 24-Jährigen sogar wegen versuchter Tötung ermittelt worden. Davon ist die Staatsanwaltschaft aber später "zu Gunsten des Angeklagten" abgerückt. Sie geht nun davon aus, dass der Altenpfleger "von einem etwaigen Tötungsversuch freiwillig zurückgetreten ist". Er hatte das Kissen wieder vom Gesicht des 68-jährigen Heimbewohners genommen, als eine Kollegin in das Zimmer kam und ihn ansprach. Die Kollegin, eine Pflegehelferin, habe nicht eingreifen müssen.
Der pflegebedürftige Heimbewohner war während der Attacke rot angelaufen und bekam Atemprobleme, trug aber keine dauerhaften Verletzungen davon.
Drei Exhumierungen: Patienten starben natürlichen Todes
Gegen den Altenpfleger war monatelang ermittelt worden, ob er möglicherweise tatsächlich Menschen in dem Heim getötet haben könnte. Grund war nicht nur der Vorfall mit dem Kissen. Er soll laut Staatsanwaltschaft auch mehrfach gesagt haben, "er könne alle Menschen umbringen".
Kripo und Staatsanwaltschaft nahmen deshalb rund 15 weitere Todesfälle aus der Dienstzeit des Altenpflegers unter die Lupe. Dabei gab es auch drei Exhumierungen auf verschiedenen Friedhöfen im Landkreis Cham, die in der Bevölkerung für erhebliches Aufsehen sorgten. Die Leiche eines 89-jährigen Mannes, der 2019 gestorben war, wurde wieder ausgegraben und in der Rechtsmedizin untersucht, ebenso die sterblichen Überreste einer 95-jährigen Frau und die einer 80-jährigen Frau.
In keinem Fall erhärtete sich jedoch der Tatverdacht gegen den Altenpfleger, dass er für deren Tod verantwortlich sein könnte. Bei der 80-Jährigen ergaben sich zwar Hinweise auf einen Sturz, aber kein Nachweis, dass der Altenpfleger diesen gewaltsam herbeigeführt haben könnte.
Nicht alle Todesfälle konnten durch eine Exhumierung noch einmal genauer untersucht werden, weil viele Verstorbene nach ihrem Tod eingeäschert worden waren.
Angeklagter Altenpfleger vorläufig im Bezirkskrankenhaus
Der Altenpfleger, der womöglich psychisch krank ist, ist seit der Tat vorläufig in einem Bezirkskrankenhaus untergebracht. Eine ausführliche forensisch-psychiatrische Begutachtung ergab verschiedene Diagnosen, so die Staatsanwaltschaft, "die möglicherweise dazu geführt haben", dass der 24-Jährige bei der Tat nur eingeschränkt schuldfähig war. Er selbst hatte bei den Ermittlungen angegeben, er könne sich nur bruchstückhaft an die Tat erinnern und habe "einen Aussetzer" gehabt.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!