In die sogenannte Regensburger Korruptionsaffäre kommt wieder Bewegung: Ab Ende Januar wird vor dem Landgericht München I ein neuer Prozess die Geschehnisse rund um den ehemaligen, bereits rechtskräftig wegen Korruption verurteilten Oberbürgermeister Joachim Wolbergs beleuchten. Vor Gericht stehen dann zunächst der Gründer sowie der ehemalige Geschäftsführer eines Regensburger Bauträgers. Das bestätigte die Pressestelle für Strafsachen des Oberlandesgerichts München dem BR. Für das neue Verfahren sind bislang vier Verhandlungstage angesetzt. Die Termine dafür sind der 25. und 26. Januar sowie der 2. und 3. Februar.
Noch kein Prozesstermin für Wolbergs
Wann die Hauptverhandlung im Verfahren gegen Joachim Wolbergs beginnen wird, ist allerdings weiterhin unklar. Denn das Verfahren gegen die zwei Angeklagten des Regensburger Bauträgers wurde davon abgetrennt. Wie die Pressestelle für Strafsachen des Oberlandesgerichts München dem BR mitteilte, sei dies aus "prozessökonomischen Gründen" erfolgt. Peter Witting, der Anwalt von Joachim Wolbergs, habe darum gebeten, mit der Terminierung noch so lange zu warten, bis das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsbeschwere entschieden hat, die er und sein Mandant Anfang 2022 eingereicht hatten. Damit wollten sie gegen Wolbergs' Verurteilungen unter anderem wegen Bestechlichkeit vorgehen.
Deren Ausgang will das Landgericht München I nun auch abwarten. Das kann aber dauern. Denn beim Bundesverfassungsgericht heißt es auf BR-Anfrage, das Verfahren sei anhängig. Derzeit sei nicht absehbar, wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist. Da die beiden anderen Angeklagten keine Verfassungsbeschwerde eingelegt haben, war ihr Verfahren insoweit fortzusetzen, heißt es vom Oberlandesgericht.
Wolbergs-Anwalt kritisiert Abtrennung als "dreckigen Deal"
Dass die Verfahren voneinander abgetrennt wurden, stößt bei Witting und seinem Mandanten allerdings auf Unmut, wie sie am Mittwochvormittag im Rahmen einer Pressekonferenz in einem Regensburger Lokal mitteilten. Witting bezeichnete die Vorgehensweise des Münchner Gerichts gar als "dreckigen Deal" und als "grobes Foul": "Das entspricht nicht den Grundsätzen einer fairen Verfahrensführung", so Witting weiter. Seinem Mandanten werde durch die Abtrennung der Verfahren ein fairer Prozess vorenthalten. "Natürlich war es ein dreckiger Deal", pflichtete ihm auch Joachim Wolbergs bei.
Kritik auch am Rechtsgespräch im Oktober
Die beiden stören sich auch daran, dass bereits im Oktober ein "Rechtsgespräch" stattgefunden habe, an dem Witting selbst wegen einer Corona-Erkrankung nicht habe teilnehmen können. Trotz seiner Bitte um eine Verschiebung des Termins sei das Oberlandesgericht dem nicht nachgekommen. Seine Vermutung: Bei diesen Gesprächen habe es erste Verständigungen bzw. "Deals" mit den zwei Angeklagten des Regensburger Bauträgers gegeben. Laut Oberlandesgericht diente die Besprechung jedoch ausschließlich der Vorbereitung der Hauptverhandlung. Im Rahmen des Gesprächs sei der Kammer dann bekannt geworden, dass es vorab bereits Gespräche zwischen der Staatsanwaltschaft und den Verteidigern des Regensburger Bauträgers gegeben habe.
Die Staatsanwaltschaft habe mit ihrem Vorgehen das gesetzlich für eine Einigung vorgesehene Prozedere umgangen, sagte der ebenfalls in Regensburg anwesende Rechtswissenschaftler Jan Bockemühl, selbst Fachanwalt für Strafrecht und Honorarprofessor an der Uni Regensburg: "Die Staatsanwaltschaft hat hier unter Umgehung des Gerichts und der anderen Verfahrensbeteiligten Strafen in Aussicht gestellt für zwei der Betroffenen und dadurch die Phalanx gespalten." Dies sei ein Verstoß gegen faire Verfahren und ein "dreckiger Deal".
Staatsanwaltschaft widerspricht Vorwürfen
Ein Vorwurf, dem die Staatsanwaltschaft München I auf BR-Anfrage jedoch widerspricht. Zwar habe es Kontakt gegeben mit den zwei Verteidigern, teilte die Pressestelle mit. Allerdings sei dies zulässig. Ein Rechtsgespräch anzuregen stehe sowohl dem Gericht, als auch der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung frei. Ziel sei dabei nie gewesen, eine Verständigung ohne Beteiligung des Gerichts herbeizuführen. Nach einem Vorgespräch habe man daher die zuständige Strafkammer eingebunden.
💡 Die Korruptionsaffäre Regensburg
Wolbergs hatte sich in der sogenannten Regensburger Korruptionsaffäre zwei Prozessen vor dem Landgericht der oberpfälzischen Stadt stellen müssen. 2019 wurde er wegen zwei Fällen der Vorteilsannahme verurteilt, jedoch sahen die Richter von einer Strafe ab. Im zweiten Prozess erhielt er 2020 wegen eines Falles der Bestechlichkeit eine einjährige Bewährungsstrafe. Von sämtlichen weiteren Vorwürfen hatten ihn die jeweiligen Strafkammern beider Prozesse freigesprochen. Der BGH hob das Urteil im ersten Prozess in Teilen auf und beanstandete es als zu milde. Diese Teilkomplexe müssen vor dem Landgericht München 1 neu verhandelt werden. Das zweite Urteil bestätigte der BGH. Unter anderem deshalb legte Wolbergs Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein.
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