Der Bamberger Stadtrat hat am Mittwoch in einer Vollversammlung entschieden, dass der städtische Schlachthof bis Ende Juni schließen muss. Eine Fortführung des Betriebes würde in jedem Fall zu hohen jährlichen Verlusten führen, sagte Julian Müller, Geschäftsführer des Schlachthofs, vor dem Gremium. Dauerhafte Defizite in Millionenhöhe könnten nicht von der Stadt Bamberg getragen werden, so Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD). Die große Mehrheit der Stadträte stimmte für die Schließung.
Gegner: Längere Transportwege
Vor der Sitzung des Stadtrats kam es zu Protesten von Befürwortern und Gegnern der Schließung. Etwa 60 Gegner hatten sich vor der Konzert- und Kongresshalle, in der der Stadtrat tagte, versammelt. Die Gegner – vornehmlich Landwirte – argumentieren: Viele Landwirte aus den Landkreisen Bamberg, Coburg und Haßberge müssten ihre Tiere künftig länger transportieren, weil umliegende Schlachthöfe keine weiteren Tiere annehmen könnten, so Hermann Greif, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes in Oberfranken. Die Landwirte müssten dann mehr für den Transport bezahlen und die Tiere würden während der weiteren Fahrten länger leiden.
Befürworter: Tierindustrie bald Vergangenheit
Es demonstrierten aber auch rund 30 Aktivisten für die Schließung des fleischverarbeitenden Betriebs und für mehr Tierwohl. Darunter die Regionalgruppe Bayern des Bündnisses "Gemeinsam gegen die Tierindustrie" mit Sitz in Berlin. Mitglied Sam Hockings sagte: "Die Stadt Bamberg solle die Schließung des Schlachthofes zum Anlass nehmen, die dringend notwendige Agrar- und Ernährungswende aktiv voranzutreiben." Denn: "Wir brauchen mehr Pflanzen, um gegen die Klimakrise vorzugehen." Die Tierindustrie werde es seiner Meinung nach bald nicht mehr geben."
Was geschieht mit dem Gelände?
Die Stadt hat auch schon eine alternative Nutzung des vier Hektar großen Geländes parat. Es gebe die Idee eines Food Campus, so Oberbürgermeister Starke. Auf dem Gelände könnten sich Start-Ups und Forschung ansiedeln, um neue Nahrungsmittel zu entwickeln, zu produzieren und zu vermarkten. Außerdem gebe es den Vorschlag eines Handwerkerhofes, in dem sich in den denkmalgeschützten Gebäuden Handwerksbetriebe aus der Region niederlassen könnten. Zudem werde darüber nachgedacht, das Gelände für städtische Ämter zu nutzen, so Starke weiter.
Über diese und andere Vorschläge für die Nachnutzung soll aber erst nach Ostern diskutiert werden. Daraufhin folge ein sogenanntes Interessenbekundungsverfahren, das noch vor der Sommerpause durchgeführt werden soll. Die Gebäude stehen teils unter Denkmalschutz.
Jede Woche 40.000 Euro Miese
Der Aufsichtsrat des Schlachthofs hatte dem Stadtrat wenige Tage vor der Sitzung die Schließung des städtischen Betriebs empfohlen und das mit mangelnder Auslastung begründet. Laut Geschäftsführung fehlten dem Unternehmen seit der Jahreswende pro Woche rund 350 Rinder zur Schlachtung. Dies verursache ein wöchentliches Defizit von 40.000 Euro. "Ein wirtschaftlicher Betrieb ohne ausreichende Schlachtmengen der Großkunden ist nicht darstellbar", hieß es vom Aufsichtsrat. Auch eine Verkleinerung des Betriebs sei nicht zielführend. Der Schlachthof müsse zeitnah geschlossen werden, denn eine wirtschaftlich tragfähige Perspektive für die Fortführung sei nicht vorhanden. Zudem sei kein einziger Landwirt oder Metzger aus Bamberg Kunde des Bamberger Schlachthofs.
"Hände gebunden": Ministerium bedauert Aus des Schlachthofs
Unterdessen hatte das bayerische Landwirtschaftsministerium "mit großem Bedauern" auf das Aus für den Bamberger Schlachthof reagiert. "Auch dass alternative Konzepte für kleinere Lösungen nicht intensiver verfolgt wurden, wird sehr bedauert", teilte ein Sprecher mit.
Das Landwirtschaftsministerium betonte erneut, dass dem Freistaat die Hände gebunden gewesen seien, was eine mögliche staatliche Hilfe für den Betrieb anbelangte: "Aufgrund EU-rechtlicher Vorgaben ist die Förderung von Schlachthöfen, bei denen die Kapitalbeteiligung der öffentlichen Hand mehr als 25 Prozent des Eigenkapitals des Unternehmens beträgt, ausgeschlossen." Der Schlachthof Bamberg befindet sich komplett in kommunaler Hand. Zugleich versicherte das Haus von Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU), dass die "Sicherung und Stärkung der guten Schlachtstrukturen im Freistaat" ein zentrales Anliegen der Staatsregierung sei.
Bauernverband sieht Probleme für kleine und mittlere Betriebe
Der Bauernverband (BBV) in Oberfranken fürchtet, dass wegen der bald längeren Transportwege vor allem kleinere und mittlere Höfe mit Viehhaltung aufgeben.
Durch die Schließung kommen trotzdem noch Kosten auf die Stadt zu, denn die Betriebsstilllegung sei erst Ende Juni möglich. Die Kosten belaufen sich bis dahin auf rund zwei bis 2,8 Millionen Euro.
Und die Menschen? Der mehr als 120 Jahre alte Schlachthof beschäftigt aktuell 165 Mitarbeiter. Das Aufsichtsgremium will "verantwortungsvoll und sensibel die Interessen der Belegschaft" im Blick haben, hieß es auf der Sitzung.
Mit Informationen von dpa
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