"Schnerbfl" ist das Oberfränkische Wort des Jahres 2024. Bezirkstagspräsident Henry Schramm und Sternekoch Alexander Herrmann verkündeten die Entscheidung der Jury am Sonntag und hatten dabei gleich mehrere Schnerbfl dabei. Beim Schnerbfl handelt es sich zum Beispiel um das abgebundene Endstück der Wurst, das abgebundene obere Ende eines Sackes, den Bettzipfel oder den Ausgießschnabel an Topf oder Kanne.
Zudem wird Schnerbfl häufig auch als flapsige Bezeichnung für das männliche Geschlechtsteil verwendet. Manchmal soll es sogar vorkommen, dass ein Oberfranke sein Gegenüber als Schnerbfl bezeichnet, was dieser durchaus als Beleidigung auffassen kann.
Keine "Flöhfangelesärbet"
"Die Jury hat in diesem Jahr eine ganz besondere Auswahl getroffen", sind sich Schramm und Herrmann einig. Laut diesem Gremium muss das Wort unseren Sprachschatz bereichern und das Gemeinte besonders treffend, originell oder präzise benennen.
"Schnerbfl wird nahezu in ganz Oberfranken verwendet und ist ein herrliches Beispiel dafür, wie lebendig und vielfältig unser Dialekt ist", so Schramm. Jedes Jahr erreichen den Bezirk eine große Anzahl an Vorschlägen für das Wort des Jahres aus der Bevölkerung. "Dabei begegnen uns wirklich tolle Worte, die auch die Jury ab und an überraschen", so Florian Bergmann vom Bezirk Oberfranken, eines von fünf Jurymitgliedern. "Ein Wort, das keiner von uns kannte, war 'Flöhfangelesärbet'. Der Einsender schrieb dazu, es bezeichne eine Arbeit, die sinnlos ist, lange dauert, bei der nichts dabei rauskomme und die man aber trotzdem machen müsse."
Der Schnerbpfl und seine Wort-Familie
Das Wort Schnerbfl kann man auf das mittelhochdeutsche Verb "schnurpfen" zurückführen, das so viel bedeutet wie sich zusammenziehen oder schrumpfen. So diene auch das Wort schnurpfen in der Variante schnürpfen in Oberfranken als Grundlage für weitere Wörter, heißt es in der Erklärung der Jury.
Eine schlechte, knotige Flickerei sei in Marktschorgast a Geschnärbf und in Waischenfeld a Gschnörbfl. Die Ausgussröhre an der Kaffeekanne ist in Arnstein der Kaffee-Schnörbfl. In Peulendorf heißt es: "Die hot mei Huesn zammgschnörpft", wenn die Hose schlecht geflickt ist. In Weismain ist die Hose in diesem Fall zammgschnerbflt.
Die neun bisherigen Worte des Jahres
Der Bezirk Oberfranken kürt seit 2015 jedes Jahr das Oberfränkische Wort des Jahres. Diese Wörter haben es bisher ganz oben aufs Treppchen geschafft: Im Jahr 2015 machte das "Wischkästla" als oberfränkischer Begriff für "Smartphone" den Anfang. Es folgten 2016 die oberfränkische Redewendung "a weng weng" und 2017 "urigeln", eine Beschreibung für das Gefühl, wenn kalte Hände langsam auftauen.
Im heißen Sommer 2018 wurde "derschwitzen" gewählt, was so viel bedeutet wie "durch Schwitzen zugrunde gehen". Ein Jahr später macht der "Sternlaschmeißer", die Wunderkerze, das Rennen. Ihm folgten 2020 "Fregger": So bezeichnet man einen gewitzten Menschen oder ein freches, aber durchaus sympathisches Kind, und im Jahr 2021 "Erpfl" (Kartoffeln). 2022 machte "waafn" als Sinnbild für ein Miteinander im Gespräch und das Verbindende des Dialekts das Rennen. Im Jahr 2023 wurde das "Meichela", ein Kopftuch, zum Oberfränkischen Wort des Jahres gekürt.
Die Jury besteht aus der Sprachwissenschaftlerin Almut König vom Lehrstuhl für Germanistische Sprachwissenschaft an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen, dem Leiter des Oberfränkischen Bauernhofmuseums Bertram Popp, Sabine Hager von extra Radio in Hof sowie Barbara Christoph, der Leiterin der KulturServiceStelle des Bezirks Oberfranken, und Florian Bergmann, dem Leiter des Präsidialbüros und der Öffentlichkeitsarbeit beim Bezirk Oberfranken.
Dieser Artikel ist erstmals am 27. Oktober auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!