Die aktuelle These der Sprachwissenschaft lautet folgendermaßen: In den Tropen spricht man eher laut, im kühlen Norden eher leise. Deutsch zählt erstaunlicherweise schon zu den etwas leiseren Sprachen. Zum Beispiel "Schmetterling": Ein Wort mit zehn Konsonanten und nur drei Vokalen, zweimal "e" und einmal "i". Eine Sängerin, die eine Arie schmettern soll, täte sich mit "Schmetterling" schwer.
Sieht hingegen eine Afrikanerin in Nigeria einen Schmetterling, ruft sie: "Labalaba". Viermal "a" und stimmhafte Konsonanten "l" und "b". Damit lässt sich ein satter Klang erzeugen, den alle gut hören können, auch wenn sie weiter entfernt voneinander stehen. ,
Menschen im Freien müssen besser hörbar sein
Das ist in den Tropen wichtig, weil die Menschen viel draußen sind. Dagegen sitzt man im kühlen Deutschland eher drinnen am Tisch und versteht sich auch, wenn die Wörter eher zischen als tönen. Der dänische Sprachwissenschaftler Sören Wichmann arbeitet an der Universität Kiel und sagt, es sei schon früher vermutet worden, dass es eine Verbindung zwischen Lautfülle, Sonorität und Temperatur gibt. Und inzwischen könne man diese Vermutung bestätigen.
Er hat mit seinem Team über 5.000 Sprachen auf der ganzen Welt untersucht, eine Datenbank aufgebaut und den Klang klassifiziert. Demnach tönen Sprachen in Afrika und Ozeanien am stärksten. Anders ist es im Nordwesten Amerikas. Indigene, amerikanische Sprachen klingen eher zurückgenommen. Das kann auch physikalische Ursachen haben.
Kalte Luft begünstigt leisere Laute
Wie Wichmann beschreibt, ist kalte Luft eher trocken. Und wenn es trocken ist, dann ist es schwieriger, Vokale und stimmhafte Konsonanten auszusprechen. Klima, Luftfeuchtigkeit und Temperatur scheinen also zumindest eine kleine Rolle dabei zu spielen, wie sich Sprachen im Laufe der Jahrtausende entwickeln: Bei kalter Luft entstehen eher gedämpfte, bei warmer Luft schallende Töne.
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