Vor etwa einem Jahr wurden die neuen Tierwohlställe in Schwarzenau im Landkreis Kitzingen bezogen, am Donnerstag hat Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) sie besucht. Insgesamt hat der Freistaat in die Generalsanierung des Staatsgutes Schwarzenau mehr als sieben Millionen Euro investiert. Etwa die Hälfte davon, rund dreieinhalb Millionen Euro, kosteten die drei neuen Tierwohlställe.
Außenklimaställe für Ferkel
Für die Ferkelaufzucht wurden Außenklimaställe gebaut. Sie bieten den Tieren mehr Platz, Auslauf und Stroheinstreu. Statt der gesetzlich vorgeschriebenen 0,35 Quadratmeter steht jedem Ferkel hier etwa das Doppelte zur Verfügung. In einem Teil der Ställe kann die Buchtengröße durch eine verstellbare Zwischenwand sogar an den Platzbedarf der Ferkel angepasst werden. In der Anfangszeit, wenn die Ferkel noch kleiner sind und weniger Platz brauchen, muss so auch weniger Fläche sauber gehalten werden.
Sorge: Ferkel fressen zu wenig
Während Außenklimaställe in der Schweinemast bereits üblich sind, werden sie in der Ferkelaufzucht noch kaum umgesetzt. Denn die jungen Ferkel mit nur sechs bis acht Kilogramm müssen dort im Winter zum Fressen in den kalten Bereich. Die Befürchtung: Die Ferkel fressen nicht genug. Doch nach dem ersten – zwar nicht besonders kalten Winter – habe sich dies nicht bestätigt, erklärt Betriebsleiter Hartmut Dittmann. Kritischer könnte stattdessen der Sommer werden, wenn die Schweine lieber draußen auf dem kühleren Spaltenboden liegen und stattdessen im Liegebereich koten. Denn das bedeute mehr Arbeit für das Personal.
- Landwirte unter Druck – Handel fordert mehr Tierwohl
Höherer Arbeitsaufwand für Halter
Generell schätzt Dittmann den Arbeitsaufwand in den Tierwohlställen um rund 20 bis 30 Prozent höher ein. Ganz banal bedeutet mehr Fläche auch größere Laufwege für den Halter, zum Beispiel auch bei der Besamung im Deckzentrum. Dort werden die Sauen nicht mehr generell im Kastenstand fixiert, sondern nur zur Besamung und zum Fressen – so wie künftig auch gesetzlich vorgeschrieben. Ansonsten dürfen sich die Tiere frei bewegen. Eine extreme Umstellung, erklärt der Betriebsleiter. Weil die rauschigen Sauen häufig aufspringen, gebe es auch mehr Verletzungen an den Füßen.
Ferkelschwänze werden nicht kupiert
Darüber hinaus wird in Schwarzenau bei den meisten Ferkeln auch auf das Kupieren Schwänze verzichtet. Die Versuche mit den Langschwänzen laufen laut Dittmann zwar deutlich besser als im konventionellen Stall, aber nicht ohne Schwierigkeiten. Immer wieder werde Schwanzbeißen festgestellt. Zusätzliches Spielzeug wie frei pendelnde Kautschukstangen, Jutesäcke oder Sisalseile können ablenken, notfalls werden aggressive Schweine identifiziert und isoliert. Im Rahmen des Forschungsprojekts sei das einfacher möglich, da die Tiere fast ständig beobachtet würden, gibt Dittmann zu. Für Landwirte hingegen, die nur morgens und abends im Stall sind, sei das schwieriger.
Konflikt: Tierwohl und Immissionsschutz
Landwirtschaftsministerin Kaniber wies bei ihrem Rundgang auf den Konflikt zwischen Tierwohl und Immissionsschutz hin: Stallneubauten dürften nicht immer mit einer ablehnenden Haltung begleitet werden: "Uns muss bewusst sein: Wenn wir das nicht nach den herausragenden Standards in Bayern machen, dann wird das Fleisch in Zukunft aus Drittländern kommen oder anderen Teilen Europas, wo die Standards eben nicht so toll sind." Gleichzeitig appellierte sie an die für die Baugenehmigungen zuständigen Kreisverwaltungsbehörden, die Landwirte zu unterstützen und zu schauen, was möglich sei.
Ministerin: Zusammenarbeit wichtig
Den rückläufigen Selbstversorgungsgrad bei der Ferkelerzeugung beobachtet Kaniber mit Sorge. Aktuell liege er nur noch bei 70 Prozent, denn immer mehr Ferkelerzeuger geben auf. Ferkelerzeuger und Mäster müssten zusammenarbeiten und sich gemeinsame Wertschöpfungsketten erschließen – damit der Bestand über die bayerische Produktion gesichert sei und nicht günstigere Ferkel aus anderen Ländern in Europa eingekauft würden, so die Ministerin.
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