Bäume liegen nach einem Unwetter auf Campingwagen auf einem Campingplatz in Lindau am Bodensee.
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Bäume liegen nach einem Unwetter auf Campingwagen auf einem Campingplatz in Lindau am Bodensee.

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Schwere Unwetter wüten in Bayern - mindestens 16 Verletzte

In der Nacht sind schwere Unwetter über Bayern gezogen. Die bisherige Bilanz: etliche Verletzte, umgestürzte Bäume, gesperrte Zugstrecken, Dutzende Einsätze. Besonders betroffen waren ein Campingplatz in Lindau und ein Biker-Treffen in Nördlingen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Die Unwetter der vergangenen Nacht haben in mehreren Teilen Bayerns eine Spur der Verwüstung hinterlassen: Auf einem Campingplatz in Lindau am Bodensee stürzten am Donnerstagabend mehrere Bäume um. Insgesamt sechs Menschen wurden verletzt. Die Polizei ließ den gesamten Campingplatz räumen, 900 Menschen wurden vorübergehend in der Inselhalle in Lindau untergebracht, wo sie immer noch versorgt werden. Ob und wann sie zurückkehren können, ist laut Stadt derzeit noch unklar. Nach Polizeiangaben untersuchen Sachverständige am Freitag die Bäume auf dem Campingplatz auf ihre Standfestigkeit.

Warnung vor Astbruch in Lindau

In Lindau selbst sind alle Parkanlagen, Spielplätze, Friedhöfe und Sportplätze wegen der akuten Gefahr von abbrechenden Ästen gesperrt. Die Stadt warnt ausdrücklich davor, sich in der Nähe von Bäumen oder gar im Wald aufzuhalten, zu groß sei die Gefahr von Astbrüchen. Aktuell seien rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Garten- und Tiefbaubetriebe Lindau im Einsatz. Sie kontrollieren nach Angaben der Stadt alle betroffenen Flächen und versuchen diese schnellstmöglich wieder freizugeben. Die Straßen würden derzeit mit Schneepflügen, Kehrmaschinen und von Hand wieder freigeräumt. Wie hoch der Sachschaden ist, könne noch nicht beziffert werden. Die Orkanböen hatten in Lindau Geschwindigkeiten von bis zu 144 Kilometern in der Stunde erreicht, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) mitteilte.

Verletzte gab es auch in Nördlingen. Dort wurden zehn Menschen von umherfliegenden Teilen getroffen; sie waren Teilnehmer eines Motorradfahrer-Treffens am Nördlinger Flugplatz. Drei der Verletzten mussten in die Klinik gebracht werden.

Schwaben: Umgestürzte Bäume, vollgelaufene Unterführungen

In Augsburg waren die Feuerwehren im Einsatz wegen umgestürzter Bäume und vollgelaufener Unterführungen. Verletzt wurde jedoch niemand, sagte die Polizeidirektion im Gespräch mit BR24. Auch das größte Volksfest Schwabens, der Augsburger Plärrer, der heute beginnt, kam ohne größere Schäden davon. "Es ging ordentlich rund, ein paar Fahnen sind verbogen worden, aber es ist nichts passiert", so Plärrer-Organisator Josef Diebold. Strom- und Telefonleitungen wurden in Schwaben durch die Unwetter-Böen heruntergerissen. Vor allem auf der B17 war der Verkehr durch herumfliegende Äste beeinträchtigt. Bei Gersthofen wurde ein Trampolin auf die Fahrbahn geweht, zwei Autos wurden beschädigt.

Kurioser Einsatz: Wohnwagen vom Winde verweht

Das Unwetter in Bayern hat auch zu kuriosen Situationen geführt: In Rehling im Landkreis Aichach-Friedberg wurden Einsatzkräfte von einem Anwohner gerufen, weil vor dessen Haus plötzlich ein Wohnwagen stand, der ihm nicht gehörte. Der Wohnanhänger war offenbar vom Wind eine leicht abschüssige Straße hinuntergeweht worden - blieb dabei aber unbeschädigt, wie die Polizei mitteilte.

Auch andernorts in Bayern gab es umgestürzte Bäume, blockierte Straßen und beschädigte Autos. Die Unwetter zogen von West nach Ost über Schwaben und Oberbayern, Niederbayern und die Oberpfalz.

Oberbayern: Zum Teil schwere Schäden durch Blitzeinschläge

Ein Blitzeinschlag hat in der Nacht zu Freitag in einer Gaststätte in Freising einen Schaden von 25.000 Euro verursacht. Menschen wurden dabei nicht verletzt, wie das Polizeipräsidium Oberbayern/Nord mitteilte. Insgesamt 200 Unwetter-Einsätze zählte das Präsidium in seinem Zuständigkeitsbereich. "Der Schwerpunkt war in Freising", sagte ein Polizeisprecher. Ein weiterer Blitzeinschlag in ein landwirtschaftliches Gebäude verursachte einen Schaden von 5.000 Euro, auch in Ampertshausen schlug der Blitz in ein Wohnhaus ein und löste einen Brand aus - ebenfalls 5.000 Euro Schaden.

Eine Frau wurde leicht verletzt, als in Dachau ein Baum auf ein Haus stürzte, wie die Polizei mitteilte. Ansonsten lagen zunächst keine Berichte über Verletzte vor. Allerdings wurden Straßen von umgestürzten Bäumen blockiert, Verkehrsschilder wurden weggeweht und Oberleitungen der Bahn beschädigt. Das Landratsamt Dachau warnt weiterhin vor Fahrbahnverschmutzungen und herabfallenden Ästen. Nun sei "erhöhte Aufmerksamkeit im Straßenverkehr, an Badeseen und beim Aufenthalt in der Natur gefordert", heißt es in einer Mitteilung der Kreisbehörde. Mitarbeitende des Bauhofs würden derzeit vor allem daran arbeiten, die Verkehrssicherheit wiederherzustellen. Alle Aufräumarbeiten seien aber "vor dem Wochenende nicht zu schaffen".

Auch am Flughafen München gab es orkanartige Böen mit 112 Kilometern pro Stunde. Der meiste Regen in Bayern fiel in Lenggries im oberbayerischen Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen mit 31 Litern in einer Stunde pro Quadratmeter - gefolgt von Tittmoning im Landkreis Traunstein mit 30 Litern.

Münchner S-Bahn-Linien weiter blockiert

In München wurde kurz vor Mitternacht der gesamte S-Bahn-Verkehr vorübergehend eingestellt. Mittlerweile fahren viele S-Bahnen wieder. Auf einigen Linien kommt es weiterhin durch Unwetterschäden zu erheblichen Einschränkungen und Ausfällen. Wie die DB mitteilt, ist die Strecke der S1 wieder befahrbar. Zwischen München Ost und Flughafen München fahren jetzt wieder Züge, allerdings unregelmäßig. Zwischen Moosach und Freising ist ein Ersatzverkehr mit Taxis eingerichtet.

Die S20 entfällt weiterhin komplett. Zwischen Buchenau und Fürstenfeldbruck können die Züge wegen eines Baums in der Oberleitung nicht fahren. Die S-Bahnen aus Richtung Geltendorf der Linie S4 enden und beginnen in Buchenau. Aus Richtung München-Pasing enden und beginnen die S-Bahnen in Puchheim, teilt die Deutsche Bahn mit. Ein Schienenersatzverkehr soll eingerichtet werden. Bei den Linien S2, S3 und S6 sind weiterhin Streckenabschnitte gesperrt, es kommt zu Verzögerungen, vorzeitigen Zugwenden und kurzfristigen Ausfällen.

Die DB weist darauf hin, dass Fahrgäste sich vor Antritt der Fahrt online informieren sollten und im Schienenersatzverkehr nur die Taxis nutzen dürfen, die mit einem "SEV" Schild gekennzeichnet sind.

S2: Baum stürzt auf S-Bahn - Fahrgäste werden gerettet

Bei den schweren Unwettern ist in der Nacht auf Freitag ein Baum auf einen Zug der Münchner S-Bahn gefallen. 15 Fahrgäste mussten um kurz vor Mitternacht aus der Linie S2 gerettet werden, wie die Bundespolizeiinspektion München mitteilte. Verletzt wurde bei dem Vorfall in der Nähe der Haltestelle Erdweg niemand. Nach ersten Schätzungen entstand ein Schaden von rund 10.000 Euro. Nur eine Stunde später sei die Linie S2 erneut betroffen gewesen: Sechs Fahrgäste mussten aus einem Zug evakuiert werden, der wegen eines Stromausfalls nicht weiterfahren konnte. Am Bahnhof Moosburg wehte eine Fahrradhütte auf die Gleise. Bundespolizisten mussten die Hütte kurz vor Mitternacht wegräumen und sichern, so die Bundespolizeiinspektion.

Behinderungen in Bayerns Bahnverkehr

Bahnpendler müssen am Freitagmorgen in ganz Bayern mit erheblichen Verzögerungen und kurzfristigen Ausfällen rechnen. Zugstrecken in Schwaben und Oberbayern sind weiterhin von den Unwetterschäden betroffen. Die Bahn erkundet auch die Strecken im Allgäu und in Oberbayern. Gesperrt sind noch die Strecken zwischen Dingolfing und Wörth sowie zwischen Starnberg und Tutzing.

Probleme gibt es weiterhin auch auf der Strecke Lindau-Bregenz. Hier wurde durch den Sturm eine Oberleitung beschädigt. Betroffen sind davon auch die Verbindungen München-Zürich. Diese fallen zwischen Lindau und Bregenz voraussichtlich bis zum Mittag aus. Ein Schienenersatzverkehr ist laut bahn.de nicht eingerichtet.

Rund 120 Einsätze in Niederbayern

Im Regierungsbezirk Niederbayerns waren auch am Morgen noch immer viele Feuerwehren im Einsatz. Wie eine Sprecherin der Polizeieinsatzzentrale Niederbayern auf Anfrage des BR mitteilte, mussten die Einsatzkräfte bisher rund 120 Mal wegen des Unwetters in Niederbayern ausrücken. In den meisten Fällen seien Bäume umgeknickt und auf Straßen gefallen. Personen wurden dabei aber nicht verletzt. In Altfraunhofen im Landkreis Landshut fiel ein Baum auf die Windschutzscheibe eines fahrenden Autos. Das teilte die Polizeiinspektion Vilsbiburg am Freitagmorgen mit. Ein 34-Jähriger war mit seinem Auto auf Höhe Holzhäuseln unterwegs. Der Fahrer wurde nicht verletzt, am Auto entstand ein Totalschaden von rund 7.000 Euro, so die Polizei.

Betroffen ist auch der Campingplatz "Isarcamping Landshut". Zwischenzeitlich war die Zufahrt nicht mehr möglich. Zwei große Bäume sind umgestürzt, weitere wurden eventuell in Mitleidenschaft gezogen, heißt es am Freitagvormittag von der Stadt Landshut. Aufgrund der Vorhersagen fürs Wochenende, die weitere Unwetter nicht ausschließen, bleibt der Campingplatz aus Sicherheitsgründen bis voraussichtlich Mittwoch gesperrt. Die Gäste müssen den Platz verlassen. Geplante Anreisen müssen abgebrochen werden. Wegen zahlreicher umgestürzter Bäume ist der auch der Landshuter Hofgarten gesperrt. Die Sperrung wird voraussichtlich bis Mitte nächster Woche andauern.

Im Audio: In der Nacht sind schwere Unwetter über Bayern gezogen

In Landshut hat ein Baum ein Auto unter sich begraben
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In Landshut hat ein Baum ein Auto unter sich begraben

Schwere Unwetter auch in Baden-Württemberg

Im benachbarten Bundesland Baden-Württemberg haben die Unwetter ebenfalls große Schäden hinterlassen. Ein Zeltlager in Friedrichshafen am Bodensee musste geräumt werden. Rund 300 Menschen mussten die Nacht auf Freitag in einer Turnhalle verbringen, wie ein Polizeisprecher am Freitag sagte. Es gab keine Verletzten.

Es gab ebenfalls Streckensperrungen im Regionalverkehr der Bahn. Bei der S-Bahn Stuttgart waren Strecken am Abend gesperrt worden - wegen Bäumen und größerer Äste im Gleis. Sie seien wieder für den Zugverkehr freigegeben, teilte die S-Bahn Stuttgart mit.

Auch am Freitag wieder Gewitter und Sturmböen in Bayern

Nach den Unwettern in der Nacht zum Freitag bleibt es in Bayern stürmisch. Laut Vorhersage des Deutschen Wetterdienstes (DWD) soll es am Freitag im Tagesverlauf und in der Nacht zum Samstag erneut teils kräftige Gewitter bis hin zu Unwettern mit Regen, Hagel und schweren Sturmböen mit rund 100 Kilometern pro Stunde geben. Die Temperaturen liegen zwischen 27 und 32 Grad. Auch am Samstag wird es laut DWD regnerisch in Bayern. Bei etwas kühleren Temperaturen zwischen 23 und 28 Grad sollen zwischen Alpen und Bayerischem Wald erneut teils starke Gewitter aufziehen.

Mit Informationen unserer Korrespondenten und der dpa

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Unwetter in Bayern - Verletzte auf Campingplatz in Lindau

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