Es sind drei Pilzarten, die in bizarren Formen gelblich-weiß auf totem Holz wachsen und an die Struktur von Korallen in den Weltmeeren erinnern. Und so heißen sie auch. Im Fall der seltenen Becherkoralle (Artomyces pyxidatus) sogar mit ihrem deutschen Namen. Der Pilz gilt in Bayern als vom Aussterben bedroht. Gefunden wurde er in der Kernzone des Biosphärenreservats, im Naturwaldreservat Lösershag. Vertreter des Biosphärenreservats sprechen aufgeregt von einer geradezu "spektakulären Entdeckung".
Becherkoralle nutzt Schutzwald für Überleben
In Bayern seien nur wenige Nachweise dieser Pilzart bekannt. In der Rhön wurden innerhalb weniger Wochen nun zwei Exemplare der Becherkoralle gefunden. Das zeige, wie wertvoll unberührte Rückzugsorte wie die in der Kernzone der Biosphäre für bedrohte Arten und die biologische Vielfalt seien.
Das Naturwaldreservat Lösershag zeichnet sich durch seine Artenvielfalt und seine geologische Geschichte aus. Der Basaltkegel zwischen Wildflecken und Oberbach ist geprägt von uralten Buchen, Eschen, Ulmen und Bergahornen, die umgeben sind von Blockschutthalden vulkanischen Ursprungs. Bereits 1978 wurde der Lösershag als eines der ersten Naturwaldreservate Bayerns ausgewiesen und wissenschaftlich auch von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft begleitet. Seit 1993 gehört er zur Kernzone des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön.
Stachelbart-Baumpilze im Würzburger Stadtwald
Erst vor wenigen Tagen kam eine ähnliche Meldung auch aus Würzburg: Im Stadtwald wurden ebenfalls seltene Pilzarten entdeckt. Der ästige Stachelbart (Hericium coralloides), bei der sich die Koralle noch im lateinischen Namen wiederfindet, und der noch seltenere Igelstachelbart (Hericium erinaceus). Entdeckt hat die Pilzarten, die ebenfalls auf der roten Liste für bedrohte Arten stehen, der Stadtförster Karl-Georg Schönmüller an alten Rotbuchen im Reichenberger Grund.
In Bayern gibt es vier Arten von Stachelbärten: den Dornigen Stachelbart, den Tannenstachelbart, den Igelstachelbart und den ästigen Stachelbart. Sie alle gelten als schöne und seltene Bewohner des Waldes.
Der ästige Stachelbart erreicht etwas mehr als 20 Zentimeter im Durchmesser. Er entspringt einem dicken Strunk, verzweigt sich in immer feinere Äste, an denen sich seine Sporen bilden. Jedes kleine Ästchen bildet Hunderte davon. Der Pilz keimt an alten Buchen aus. Sein Myzel bildet er im Holz und lässt den Stamm vermorschen.
Bei dem Igelstachelbart zeigen sich vor allem längliche "Stacheln" und weniger Verästelungen. Erst in der letzten Phase der Holzzersetzung bilden sich die Fruchtkörper der Stachelbärte.
Pilz schädigt keine lebenden Bäume
Beide Pilze wachsen nur auf totem Holz und schädigen damit nicht die lebenden Bäume. Vielmehr tragen sie dazu bei, den organischen "Abfall" des Waldes zu beseitigen und bereiten damit auch für andere Organismen einen Lebensraum: für Insekten, die im morschen Holz leben, oder für Spechte, die dort leichter ihre Höhle schaffen können, erklärt die Stadt Würzburg.
Auch Bürgermeister Martin Heilig und Gartenamtsleiter Dr. Helge Grob zeigten sich begeistert über die Wiederentdeckung. Weil der Pilz nur in Regionen mit alten Buchenbeständen vorkommt, sei es nötig, absterbende Buchen nach Möglichkeit stehenzulassen.
Pilzexpertin: Korallenpilze unbedingt stehenlassen
Dass die Funde der Becherkoralle und der beiden Stachelbart-Pilzarten eine Besonderheit sind, bestätigt auch die Würzburger Pilzsachverständige Renate Schoor. Sie selbst kenne die Arten nur aus der Theorie, gesehen habe sie noch kein Exemplar. "Einige der Korallenpilze sind sogar essbar, andere ungenießbar oder sogar giftig. Weil die genaue Bestimmung nur mit einem Mikroskop möglich ist und vor allem, weil die Pilze so selten und streng geschützt sind, sollte man sie als Laie aber auf jeden Fall stehenlassen", sagt Schoor.
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