Nach den Großdemonstrationen am Wochenende gegen den Braunkohleabbau im nordrheinwestfälischen Dorf Lützerath erreichen die Proteste auch Niederbayern. In der Nacht auf Mittwoch haben Unbekannte mehrere Parolen vor Wahlkreisbüros der Ampel-Parteien auf die Straße gesprüht. Betroffen sind nach BR-Informationen das Büro der Landtagsabgeordneten und neuen SPD-Generalsekretärin Ruth Müller sowie die Wahlkreisbüros der Bundestagsabgeordneten Nicole Bauer (FDP) und der Grünen-Politikerinnen Rosi Steinberger und Marlene Schönberger.
Der Fall wurde nach Angaben des Polizeipräsidiums Niederbayern dem Staatsschutz übergeben. Anhaltspunkte für eine Straftat lägen aber nicht vor. Ersten Erkenntnissen zufolge wurden die Parolen mit Sprühkreide aufgetragen. Diese lasse sich ohne größeren Aufwand wieder entfernen.
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Klare Botschaft
Die SPD wird in den Botschaften direkt adressiert. Mit den Schmierereien wird unter anderem eine "sozial-ökologische Transformation" gefordert. Die Kohle solle außerdem im Boden gelassen werden. Auch das Dorf Lützerath wird offen erwähnt.
Die Landtagsabgeordnete und SPD-Generalsekretärin spricht von einer gezielten Attacke auf ihr Büro. Niemand habe den Dialog mit ihr gesucht, es habe keine Kontaktanfrage nach einem Gespräch gegeben. "Dann aus dem Nichts heraus eine solche Sachbeschädigung zu verüben, da fehlt es mir an jedem Verständnis", erklärte Müller im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk.
Auch Büros von FDP und Grünen betroffen
Ähnlich das Bild vor dem Büro von FDP-Politikerin Nicole Bauer und dem gemeinsamen Sitz der grünen Landtagsabgeordneten Rosi Steinberger und der Bundestagsabgeordneten Marlene Schönberger. Hier steht nun jeweils der Schriftzug "Lützi lebt!" auf dem Gehweg. Auf BR-Anfrage erklärte Rosi Steinberger, sie habe grundsätzlich Verständnis dafür, dass sich Menschen über das Abbaggern von Kohle weiter echauffieren und sich für den Klimaschutz einsetzen. Der Kompromiss, der in Nordrhein-Westfalen getroffen wurde, sei jedoch ohne Beteiligung der Grünen nicht möglich gewesen. Sonst hätten neben Lützerath noch fünf weitere Dörfer dem Kohleabbau weichen müssen, auch der vorgezogene Kohleausstieg 2030 konnte so erreicht werden.
Steinberger: "Die Einhaltung des Rechtsstaats steht an erster Stelle"
Der Energiekonzern RWE habe das Recht auf seiner Seite gehabt, betont Steinberger. Insofern sei es ein Erfolg, dass dieser Kompromiss dennoch erreicht werden konnte. Dass es manchen mit dem Klimaschutz noch immer zu langsam gehe, sei nachvollziehbar. Die Einhaltung des Rechtsstaats stehe aber an erster Stelle.
Ähnlich sieht es auch Nicole Bauer. Dem BR teilte sie auf Anfrage mit, sie halte solche Aktionen für völlig unsinnig: "Schmierereien und möglicherweise auch Sachbeschädigung mit Aktivismus zu begründen, hilft niemandem weiter und sorgt nur für Unmut in der Gesellschaft - und das genau in die entgegengesetzte Richtung."
Ähnlicher Fall in Passau
Erst vor wenigen Tagen war das Parteibüro der Grünen in Passau beschmiert worden. Auch dabei wurde ein Zusammenhang mit dem Braunkohleabbau im nordrhein-westfälischen Dorf Lützerath hergestellt. Die Polizei ermittelt.
Lützerath geräumt
Bis Montag (16.01.) war Lützerath von Klimaaktivisten besetzt. Vor gut einer Woche hat die Polizei mit der Räumung begonnen. Anschließend will der Energiekonzern RWE die darunterliegende Kohle abbaggern. Nach Darstellung der NRW-Landesregierung und der Bundesregierung ist das notwendig, um die Energiesicherheit zu gewährleisten. Die Aktivisten bestreiten das – nach ihrer Darstellung reicht die Braunkohle im aktuellen Tagebau aus.
- zum Artikel: Chaos in Lützerath: Gewalt zwischen Polizei und Demo-Teilnehmern
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