Nach der Vorstellung eines Gutachtens zu sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche im katholischen Erzbistum München und Freising sind viele Standesämter in Oberbayern besonders beschäftigt: In Ingolstadt etwa sind alle Termine zum Kirchen-Austritt bis Mitte März ausgebucht. Deshalb will das Standesamt zusätzliche Termine anbieten – genau wie in München: In der Landeshauptstadt sind seit Veröffentlichung des Gutachtens rund 850 Termine für Kirchenaustritte gebucht worden. Das sind "deutlich mehr als doppelt so viele, wie üblicherweise zu erwarten gewesen wären", so Johannes Mayer, Sprecher des Kreisverwaltungsreferats.
- Missbrauchsgutachten: Kirchenaustritte nehmen zu
Kirchenaustritt auch per Post möglich
Deswegen setzt das Standesamt dort jetzt zwei zusätzliche Beschäftigte für Kirchenaustritte ein, insgesamt seien die Kapazitäten verdreifacht worden. Das wird aber nach Auskunft des KVR-Sprechers nicht reichen, um alle Austrittswünsche schnell abzuarbeiten, alle neuen Termine für Kirchenaustritte seien in kürzester Zeit gebucht.
Deshalb weist das KVR darauf hin, dass man auch schriftlich per Post aus der Kirche austreten kann. Allerdings muss die Unterschrift dafür notariell beglaubigt sein. Die Gebühr beim Notar sei ähnlich hoch wie die Gebühr bei einer mündlichen Austrittserklärung beim Standesamt, nämlich rund 25 Euro.
"Leute rufen an und sagen: Mir reicht’s"
Auch in Garching an der Alz gibt es mehr Anfragen nach Kirchenaustritten. Die Gemeinde im Landkreis Altötting steht wie kein zweiter Ort in Bayern für vertuschten Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche: Denn hier wurde ein Priester, obwohl er wegen Kindesmissbrauchs verurteilt war, weiter in der Seelsorge eingesetzt. "Man merkt seit dem Gutachten, dass Leute anrufen und sagen: ‚Mir reicht’s", so eine Mitarbeiterin des Standesamtes.
Austritte seit Gutachten-Publikation nicht extrem gestiegen
Allerdings: Die steigenden Anfragen haben sich in Garching an der Alz noch nicht in konkreten Zahlen niedergeschlagen. Die Anzahl der tatsächlichen Austritte habe sich seit Veröffentlichung des Gutachtens nicht merklich erhöht, heißt es aus dem Standesamt. Im Januar seien bisher 13 Menschen aus der katholischen Kirche ausgetreten, im gesamten Jahr 2021 seien es 95 gewesen.
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