Keine Hefte, keine Bücher, keine klecksenden Tintenfüller: Eine ganz normale Schulstunde in der Klasse 9e an der Staatlichen Realschule Gauting. Denn hier wird mit und auf Tablets gelernt. Jeder hat sein persönliches Gerät, das fast alle Schulbücher ersetzt und das die Kinder auch mit nach Hause nehmen dürfen.
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Tablets ersetzen Schulhefte und Schulbücher
Die Schüler finden, dass es so viel leichter ist, da sie nicht mehr so viele einzelne Hefte und Bücher im Schulranzen mitschleppen müssen. Schülerin Sarah meint: "Ich arbeite später ja auch nicht mit dem Heft, sondern mit dem iPad, ich habe dann einfach schon Vorerfahrungen", etwa für später im Beruf.
Im Augenblick arbeiten die Jugendlichen mit den Tablets nicht nur im normalen Unterricht, sondern auch an einem Projekt, das ohne Tablet gar nicht funktionieren würde: Bei diesem Projekt geht es nämlich darum, digitale Inhalte selbst zu produzieren. Dafür recherchieren die Schülerinnen und Schüler crossmedial und erstellen ein E-Book, das sie dann auch vor anderen Klassen präsentieren.
Doch auch abseits solcher Projekte möchte Lehrerin Tanja Alfia nicht mehr auf das neue Unterrichtsmittel verzichten: "Wir benutzen das iPad für einfach alles: für die Heftführung, wir haben die Bücher drauf, wir machen Recherchen darauf, wir produzieren, wir erstellen Podcasts oder kurze Filme."
400.000 digitale Endgeräte für 1,68 Mio. Schülerinnen und Schüler
Als die Realschule Gauting vor zwölf Jahren Tabletklassen eingeführt hat, war sie damit eine der ersten Schulen in Bayern und konnte ihre Erfahrungen an viele andere weitergeben. Genaue Zahlen darüber, wie viele Tablets an bayerischen Schulen eingesetzt werden, gibt es nicht. Das bayerische Kultusministerium spricht pauschal von aktuell knapp 400.000 digitalen Endgeräten, darunter freilich nicht nur Tablets.
Und das bei 1,68 Millionen Schülerinnen und Schülern in Bayern. Warum nicht längst alle mit Tablets ausgestattet sind, kann Reinhard Schlamp nur auf die eigenen Erfahrungen zurückführen. Er ist stellvertretender Schulleiter der Realschule Gauting und hat das Thema Tablets hier mit aufgebaut: "Unser Weg war mit vielen Widerständen am Anfang verbunden. Corona hat uns dann sehr geholfen in der Akzeptanz auch. Wir kämpfen natürlich immer mit den gleichen Themen: Beschaffung und technische Probleme."
Bildungsforscherin: Bessere digitale Ausbildung der Lehrkräfte im Studium notwendig
Grundsätzlich sei die Situation heute besser als einst: Bei Bildungspolitikern steht inzwischen außer Frage, dass Schule digitale Grundkenntnisse vermitteln soll. Es gibt verschiedene Fördertöpfe für digitale Endgeräte, wie etwa der sogenannte "Digitalpakt", bei dem der Bund den Ländern Geld für Hardware im Unterricht zuschießt. Trotzdem sieht Schulleiter Schlamp nach wie vor eine große Hürde: die mangelnde Ausbildung der Lehrkräfte mit neuen Medien.
Das stellt auch Katharina Kindermann von der Universität Würzburg fest. Die Grundschulpädagogin begleitet derzeit zwei dritte Klassen in Unterfranken, die Tablets in den Unterricht integrieren. Was an der Grundschule dort gut funktioniere, hängt aus ihrer Sicht sehr von den Lehrkräften ab. Sie sagt, man brauche dafür "nicht nur ein Seminar an der Uni, und ein bisschen am Tablet arbeiten im Referendariat; sondern wirklich eine grundlegende Veränderung auch unserer Qualifizierung der Lehrkräfte."
Auch wenn Tablets künftig freilich nicht komplett Hefte und Stifte ersetzen können: Den Wert der Tabletklassen hat inzwischen offenbar auch das Kultusministerium erkannt. Seit Beginn dieses Schuljahres läuft der Pilotversuch "Digitale Schule der Zukunft". Dabei wurden an rund 250 Schulen einige Kinder und Jugendliche mit staatlich geförderten Tablets ausgestattet. In Gauting sind Lehrer und Schüler froh, dass heute alle Klassen dort über Tablets verfügen. "Es ist schon spannend zu sehen, mit welcher Selbstverständlichkeit unsere Kinder dann damit umgehen", findet Reinhard Schlamp. Auch Sebastian ist überzeugt, das wird er in seinem weiteren Leben einfach brauchen.
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