Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius ist überraschend in die Ukraine gereist und hat der Regierung in Kiew weitere Waffenhilfen zugesagt. Pistorius kündigte nach einem Gespräch mit seinem Amtskollegen Olexij Resnikow an, dass die Ukraine von einer Gruppe mehrerer europäischer Länder mehr als 100 Kampfpanzer des älteren Typs Leopard 1A5 erhalten soll. Bis zum ersten oder zweiten Quartal 2024 sollten mindestens drei Bataillone damit ausgestattet werden, sagte der SPD-Politiker, der in Kiew auch Präsident Wolodymyr Selenskyj traf. Der Aufenthalt war aus Sicherheitsgründen zunächst geheim gehalten worden.
Die 100 versprochenen Leopard-1-Panzer sollen aus Deutschland, Dänemark und den Niederlanden kommen, wie die Verteidigungsministerien der drei Länder mitteilten. Die "Leo 1 A5 Initiative" sei für weitere Partnerländer offen, hieß es.
Pistorius sagte, bis zum Sommer sollten 20 bis 25 Panzer geliefert werden, bis Ende des Jahres bis zu 80. Ziel sei, im Laufe des ersten oder zweiten Quartals 2024 auf mehr als 100 zu kommen. Dies bedeute, dass mindestens drei ukrainische Bataillone einschließlich des zu beschaffenden Materials für Ersatzteile und Munition ausgerüstet werden sollten. Zudem habe man mit der Ausbildung von 600 Feldwebeln begonnen.
Ausfuhr von bis zu 178 Leopard-1-Panzern genehmigt
Womöglich erhält Kiew auch noch mehr Leopard 1 als die jetzt versprochenen 100 Stück. Insgesamt hat Deutschland die Ausfuhr von bis zu 178 Kampfpanzern des Typs Leopard 1A5 in die Ukraine genehmigt, wie das Wirtschafts- und das Verteidigungsministerium in Berlin gemeinsam mitteilten. Aber: "Wie viele Leopard 1A5 Kampfpanzer tatsächlich an die Ukraine geliefert werden, hängt von den erforderlichen Instandsetzungsarbeiten ab", heißt es in der Erklärung weiter. Die Bundesregierung hatte bereits in der vergangenen Woche ihre grundsätzliche Zustimmung zu dem Export gegeben.
Der Leopard 1 ist der erste Kampfpanzer, der für die Bundeswehr nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut wurde. Von 1965 bis Mitte der 80er Jahre wurden 4.700 Exemplare produziert. Die Bundeswehr hat ihre letzten Leopard 1 bereits vor 20 Jahren ausgemustert.
Selenskyj dankt Deutschland für Unterstützung
Der ukrainische Verteidigungsminister Resnikow zeigte sich hoch erfreut über die angekündigte Panzer-Lieferung. "Es gibt keinen Zweifel - Deutschland steht an der Seite der Ukraine", schrieb er auf Facebook. Dies sei ein bedeutender Beitrag Deutschlands zum Kampf der Ukraine gegen die Aggression Russlands. "Die Unterstützung ist enorm, es kann nur noch besser werden."
Präsident Selenskyj dankte Pistorius für den Besuch in Kiew und Deutschland für die Hilfen. "Die Ukraine ist sehr an der Unterstützung durch einen der Anführer der Europäischen Union – Deutschland – interessiert, besonders in dieser für uns schwierigen Zeit", wurde Selenskyj in einer Mitteilung seines Präsidialamtes zitiert. "Wir sind dankbar für die jüngsten Entscheidungen, für alle Entscheidungen", betonte er.
Leopard-2-Panzer sollen bis "Ende März" ankommen
Die Bundesregierung hatte nach längerer Diskussion vor zwei Wochen entschieden, der Ukraine auch modernere Leopard-2-Kampfpanzer zu überlassen sowie Verbündeten solche Lieferungen des in Deutschland entwickelten Waffensystems zu erlauben. Auch Schützenpanzer vom Typ Marder und das Flugabwehrraketensystem Patriot sollen an die Ukraine gehen. Die Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland läuft bereits.
Die 14 zugesagten Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 A6 aus Deutschland stünden "Ende März" zur Verfügung, bekräftigte Pistorius in Kiew. Mit der aktuellen Zusage zur Lieferung der Leopard-1-Panzer verbinde er "den Wunsch und die große Hoffnung, dass auch dieser Beitrag dazu beitragen kann, dass die Ukraine weiter verteidigungsfähig bleibt und dem Angriff standhält", sagte er. Der Wille des ukrainischen Volkes, die Heimat zu verteidigen, sei ungebrochen. "Dafür zolle ich Ihnen meine größte Bewunderung", sagte der Minister bei einem gemeinsamen Auftritt mit seinem ukrainischen Kollegen Resnikow.
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Pistorius verspricht weitere Waffenhilfe für Ukraine
Pistorius betonte, es dürfe keinen Zweifel daran geben, dass Deutschland sowie die anderen Partner in Europa und darüber hinaus "auch in Zukunft fest an der Seite der Ukraine stehen werden und wir sie weiter unterstützen werden mit allem, was nötig ist". Bis Ende des Monats erhält die Ukraine nach Pistorius' Angaben weitere Lenkflugkörper, zudem fünf Gepard-Flugabwehrpanzer und weitere fünf Dachs-Pionierpanzer. Fünf Brückenlegepanzer vom Typ Biber würden im März geliefert.
Angesprochen auf ukrainische Forderungen nach Kampfflugzeugen etwa vom Typ Eurofighter oder Tornado sagte Resnikow, man habe nicht über spezielle Namen oder Marken gesprochen. Pistorius betonte, die erste Priorität bestehe im Moment darin, die Leopard-Panzer zu liefern und einzusetzen sowie vor allem die Luftverteidigungsfähigkeit in der Ukraine zu gewährleisten.
Pistorius hatte das Amt am 19. Januar übernommen, nachdem Vorgängerin Christine Lambrecht Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) um Entlassung gebeten hatte. Er steht vor der Aufgabe, aus den heruntergewirtschafteten Streitkräften wieder eine breit gefechtstaugliche Truppe zu machen. Pistorius, der zuvor Innenminister in Niedersachsen war, suchte seither bei Besuchen und Kasernen und auf Übungsplätzen die Nähe zur Truppe.
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