Die Coburger Hütte liegt inmitten halb verschneiter Felsen über dem Drachensee.
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Die Coburger Hütte liegt malerisch über dem Drachensee.

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Stornogebühr auf Hütten: Zahlen trotz alpiner Gefahr?

Stornogebühr auf Hütten: Zahlen trotz alpiner Gefahr?

Wer nicht zu einer gebuchten Hütten-Übernachtung erscheint, muss meist eine Stornogebühr zahlen. So steht es in vielen AGBs der Buchungssysteme. Doch was gilt, wenn eine Hütte wegen Unwetter, Schnee oder Lawinengefahr schwer erreichbar ist?

Über dieses Thema berichtet: Rucksackradio am .

Eigentlich gelten die Monate September und Oktober als schöne Wanderzeit. Bergsteigerinnen und Bergsteiger gehen bei stabilem Wetter im Herbst noch gerne weiter hinauf ins Gebirge. Doch Schneefall bis auf 1.500 Meter macht an diesem ersten Oktober-Wochenende vielen Wandernden einen Strich durch die Routenplanung. Noch extremer war es Mitte September, als von den Allgäuer bis zu den Berchtesgadener Alpen in kurzer Zeit bis zu eineinhalb Meter Schnee fielen. So waren beispielsweise das Kärlinger Haus und die Wasseralm nicht gefahrlos erreichbar.

Hüttenzustieg im September zu gefährlich – kein Storno

"Es bestand Gefahr für Leib und Leben", sagt Gabi Schieder-Moderegger, Vorsitzende der DAV Sektion Berchtesgaden. Denn unter dem schweren Schnee drohten Bäume auf den Zustiegswegen zu den Hütten zu brechen. Deswegen beschloss die Vorsitzende gemeinsam mit dem Vorstand, an jenem Wochenende keine Stornogebühren von Gästen zu verlangen.

Die Wirte der betroffenen Sektions-Hütten stornierten daher alle Anmeldungen aus dem Buchungssystem, so dass für die Wandernden erst gar keine Stornogebühr entstand. "Wir wollen nicht, dass sich jemand beim Hüttenzustieg in Gefahr bringt", sagt Gabi Schieder-Moderegger. Dadurch lassen sich auch Rettungsaktionen vermeiden, zu denen die Ehrenamtlichen der Bergwacht notfalls ausrücken müssten.

Einschätzungen nicht immer einfach

Soweit sich Gabi Schieder-Moderegger erinnern kann, ist dies zum ersten Mal in ihrer Alpenvereins-Sektion so entschieden worden. Es sei immer eine Einzelfallentscheidung, die aufgrund der Prognosen des Deutschen Wetterdienstes und der Einschätzung der Bergführer vor Ort getroffen werde. Es gibt auch keine grundsätzliche Regelung zu Stornogebühren auf Berghütten.

Denn zum Teil gehören die Hütten den Alpenvereinen, aber auch Gemeinden oder Privateigentümern. Daher weichen die Regeln je nach Verträgen voneinander ab, und es ist auch unterschiedlich, wer sie festlegt und wer die Stornogebühren einbehält – ob Eigentümer oder Pächter. Im Alpenverein München wird die Stornogebühr beispielsweise aufgeteilt: "Dabei erhält die Sektion aktuell 25 Prozent, 75 Prozent gehen an die Pächter. So werden die Belange beider Partner berücksichtigt", erklärt Pressesprecher Markus Block.

Sicherheit der Hüttengäste geht vor

Auch für den Alpenverein München & Oberland hat die Sicherheit der Gäste oberste Priorität. "Aufgrund der im Zusammenhang mit der Wettersituation Mitte September bestehenden Lawinengefahr haben wir selbstverständlich alle angefallenen Stornogebühren gemäß unseren geltenden Stornoregelungen erstattet beziehungsweise gar nicht erst erhoben", heißt es von der Pressestelle.

Im Münchner Haus auf der Zugspitze handelt Hüttenwirt Toni Zwinger schon von sich aus sehr umsichtig und im Sinne der Sicherheit der Gäste. Bei erhöhter Lawinengefahr storniert er die getätigten Buchungen, so dass sich die Bergsteigerinnen und Bergsteiger gar nicht erst auf den Weg auf Deutschlands höchsten Gipfel machen. "Sie bekommen dann automatisch eine E-Mail zugesandt. Manche rufen auch an, so dass ich es ihnen erklären an", sagt Toni Zwinger.

Keine einheitliche Reglung für Stornogebühren

In den AGBs des Deutschen Alpenvereins kann man nachlesen: "Es steht den Hüttenbewirtschaftenden frei, Anzahlungen einzuheben bzw. im Falle von Rücktritt oder Nichtantritt eine angemessene Stornogebühr geltend zu machen. Details gibt es bei den Hüttenwirtsleuten." Für Gäste heißt dies: Es gibt keine einheitliche Stornoregelung und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind bei Hütten und in Buchungssystemen weder dieselben noch sind sie leicht zu finden.

Unterschiede gibt es auch bei den Buchungen: Bei manchen Hütten muss man sich per Telefon oder E-Mail anmelden, bei anderen über ein automatisiertes Buchungssystem. Bei letzterem sieht man die AGBs oft erst, wenn man die Buchung abschließt.

Gut informieren und rechtzeitig Kontakt aufnehmen

Als Mitte September im Gebirge eineinhalb Meter Neuschnee fielen, griffen viele Hüttenwirte zur Schneeschaufel: Ob auf der Wiener Neustätter Hütte im Wettersteingebirge oder auf der Coburger Hütte im gegenüberliegenden Mieminger Gebirge. Auf knapp 2.000 Metern hat Hüttenwirt Jürgen Schranz selber Hand angelegt und den Zustieg zur Coburger Hütte freigelegt. Somit konnten die Gäste zwar zur Coburger Hütte gelangen, doch dahinter war schneebedingt Schluss. "Wenn Gefahr in Verzug ist und beispielsweise Lawinengefahr herrscht, dann bin ich der Letzte, der Stornogebühren einbehält", sagt Jürgen Schranz.

Letztlich sollte die Sicherheit in den Bergen immer vorgehen, denn niemand möchte einen Einsatz der Bergwacht oder der Bergrettung riskieren. Deshalb ist es im Zweifel immer am besten, wenn man sich als Gast gut informiert und rechtzeitig direkten Kontakt zu den Hüttenwirten und -wirtinnen aufnimmt.

Auf vielen Berghütten geht die Saison nun zu Ende. Doch Hüttenstornos bei alpinen Gefahren werden spätestens beim Skitourengehen im Winter wieder ganz aktuell werden.

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