Landräte in Berlin: Viele Klagen aus Bayern
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Landräte in Berlin: Viele Klagen aus Bayern

Landräte in Berlin: Viele Klagen aus Bayern

Bayerns Gemeinden und Landkreise fühlen sich von der Bundespolitik nicht verstanden. Egal ob Windkraft, Migration oder Klinik-Kosten – überall hakt es. Nun sind die Landräte nach Berlin gereist, um den Bundespolitikern ins Gewissen zu reden.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Es ist ein bisschen wie beim Schulausflug. Über 50 Leute versammeln sich morgens vor dem Hotel, warten, bis der Letzte eintrudelt, dann ist Aufbruch. Nur, dass es nicht etwa ins Museum geht, sondern durchs politische Berlin, also zu den Bundesministerinnen und -ministern. Ihnen wollen die versammelten Landräte erklären, was von den Gesetzen aus Berlin zu Hause bei ihnen in den Kommunen ankommt - vor allem finanziell.

Kommunen machen immer mehr Schulden

Da sei Feuer am Dach, erklärt der Präsident des Bayerischen Landkreistags, Thomas Karmasin (CSU). Seine Sicht: Es klemmt an zwei Seiten. Wegen der Wirtschaftskrise brächen Einnahmen weg, auf der anderen Seite würden immer neue Pflichten und Aufgaben belasten - vor allem im sozialen Bereich. Ergebnis: Allein im ersten Halbjahr 2024 ist in den bayerischen Kommunen laut Karmasin ein Defizit von fünf Milliarden Euro zusammengekommen.

Weniger Windräder und mehr Energie-Mix

Erste Station: das Bundeswirtschaftsministerium. Dort soll es beispielsweise um die Windkraft gehen. Bayern muss bis Ende 2027 1,1 Prozent der Fläche für Windräder zur Verfügung stellen. Bis Ende 2032 sollen es 1,8 Prozent sein. Manche Landkreise sehen sich von dieser Vorgabe überfordert.

So erklärt Josef Niedermaier (Freie Wähler) aus dem Landkreis Bad Tölz – Wolfratshausen, dass in seiner Region nicht viel Wind wehe. Dafür liefert das Walchensees-Kraftwerk umso mehr Wasser-Energie. Niedermaier fordert deshalb einen Mix, Sonne, Wasser, Wind. Will heißen, manche Landkreise tragen mehr zum Flächenziel bei den Windrädern bei, andere weniger. Ob es so leicht wird, Landkreise zu finden, die für andere in die Bresche springen? Hier zuckt der Tölzer Landrat etwas unschlüssig mit den Schultern.

Freundlicher Austausch mit Habeck

Also rein ins Wirtschaftsministerium. Dort trifft die Delegation aus Bayern auf einen gesprächsbereiten Grünen-Minister Robert Habeck, der gleich die ganze Palette der Probleme skizziert. Habeck spricht von der Transformation und großen Aufgaben in den Landkreisen, von erneuerbaren Energien und von Bürokratieabbau - und seufzt. Nur von der Problemanalyse bis zu den Lösungen ist es ein weiter Weg. Und so bleibt es im Wirtschaftsministerium bei einem freundlichen Austausch. Die Positionen seien einfach doch sehr unterschiedlich, heißt es danach aufseiten der Landräte.

Kliniken nahe am Kollaps

Nächste Station: Bundesgesundheitsministerium; nächstes Groß-Problem: die finanzielle Schieflage in den Krankenhäusern. Tanja Schweiger, Freie-Wähler-Landrätin von Regensburg, findet es "ein absolutes No-Go, dass wir seit zwei Jahren die nachgewiesenen Kostensteigerungen nicht ersetzt bekommen." Personalkosten, Materialausgaben und Energie, alles werde teurer, man könne aber den Patienten ja das nicht zusätzlich in Rechnung stellen. Deshalb stehen immer mehr Kommunen vor der Frage, ob sie sich ihr Krankenhaus noch weiter leisten können.

Wie Berlin helfen könnte: höhere Fallpauschalen für die Behandlungen in Krankenhäusern oder eine Geldspritze in Form einer Notfinanzierung. Immerhin, es tut sich was. Während nämlich im Bundesgesundheitsministerium die bayerischen Landräte von einer Staatssekretärin empfangen werden, verkündet Minister Karl Lauterbach (SPD) zeitgleich die lange erwartete Klinikreform. Ob das alle kommunalen Krankenhäuser in Bayern retten wird, muss sich freilich erst noch zeigen.

"Ganz klar: weniger Migration"

Sebastian Gruber, CSU-Landrat für Freyung-Grafenau, kommt aus Niederbayern, sein Landkreis grenzt an Tschechien und Österreich. Hier gibt es seiner Aussage nach mittlerweile so viele geflüchtete Menschen, dass man keine Integration mehr leisten könne. Deshalb will er beim Treffen mit Bundesinnenministerium Nancy Faeser (SPD) unbedingt schildern, wie die Stimmung bei ihm zu Hause inzwischen ist – schwierig, sagt er.

Seine klare Forderung: spürbar weniger Migration. Die Ministerin zeigt Verständnis und verweist darauf, dass zum Beispiel Grenzkontrollen gegenüber den östlichen Nachbarländern eingeführt worden seien. Solche und andere Maßnahmen beginnen zu greifen, sagt Faeser: "Wir sehen einen Rückgang von einem Fünftel von Asylsuchenden in Deutschland."

Für Faeser gibt es offenbar keine Berührungsängste mit den bayerischen Landräten. Als ehemalige Kommunalpolitikerin fühle sie sich generell sehr nah an denen dran, sagt sie. Die Landräte setzen derweil ihre Tour durch Berlin fort. Drei Tage haben sie sich Zeit genommen, um noch mehr Bundespolitikern von zu Hause, von der Basis zu erzählen.

Im Video: Thomas Karmasin, Präsident des Bayerischen Landkreistages

Thomas Karmasin, Präsident des Bayerischen Landkreistages
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Thomas Karmasin, Präsident des Bayerischen Landkreistages

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