35 Stunden. So lange dauert der GDL-Streik bei der Bahn diesmal. Seit 2 Uhr nachts bis einschließlich Freitag 13 Uhr werden Fern- und Nahverkehrszüge bestreikt. Die Bahn rechnet auch bei diesem Streik mit massiven Einschränkungen und Zugausfällen, vor allem im Regionalverkehr. Sichtbar wurde das bereits in der Früh auf den Anzeigetafeln bayerischer Bahnhöfe: "Zug entfällt" stand da über vielen Verbindungen. Trotzdem versucht die Bahn, ein Grundangebot aufrechtzuerhalten: Jeder fünfte Fernzug ist unterwegs, wie DB am Morgen mitteilte.
Das Unternehmen warnte Fahrgäste jedoch auf seinen Webseiten, dass es auch beim sogenannten Notfahrplan jederzeit zu kurzfristigen Fahrplanänderungen kommen könne.
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DB-Sprecherin: Grundangebot derzeit stabil in Bayern
In Bayern könne die Bahn derzeit ihr eingeschränktes Grundangebot voll erfüllen, sagte eine DB-Sprecherin am Mittag auf Anfrage. Das gelte sowohl für die S-Bahnen in Nürnberg und München sowie im DB Regional- und Fernverkehr, hieß es. Das bedeute, dass in München die S-Bahnen zum Flughafen im 20-Minutentakt verkehren, ansonsten im Stundentakt. Auf der Stammstrecke fahren deswegen mehr Züge als im Außenbereich.
In Nürnberg gebe es auf den Linien S1 bis S4 annähernd einen Stundentakt, bei der S6 einen Zweistundentakt, nur die S5 entfällt. Die Bahn nutze derzeit die Kapazitäten, die ihr zur Verfügung stehen. Die Stellwerke arbeiteten weitgehend normal. Von einem Streik im Allgäu sei die Privatbahn Go-Ahead betroffen. Fahrgäste sind weiterhin gehalten, sich vor Fahrtantritt zu informieren. Die Fahrpläne mit dem Grundangebot sind laut Bahn in den Auskunftsmedien in App und Web hinterlegt.
Viele Reisende vorab informiert
Am Nürnberger Hauptbahnhof herrschte am Morgen reger Betrieb in der Bahnhofshalle: Viele Fahrgäste standen mit Tickets und Smartphone in der Hand, um sich über die Fahrplanänderungen zu informieren. Etwa 50 Prozent der Züge sollen fahren, hieß es von Seiten der Bahn.
Am Münchner Hauptbahnhof ist das Chaos bisher ebenfalls ausgeblieben. Viele der Reisenden hätten sich vorab informiert, wie BR-Reporterin Christina Schmitt vor Ort erfahren hat. Hauptsächlich ausländische Fahrgäste hätten vom Streik nichts mitbekommen. Die Stimmung unter den Bahnfahrenden, die einen der wenigen Züge nutzen wollten, sei wenig verständnisvoll gegenüber dem Streik.
Fahrgastverband: Kein Verständnis für Streik
Hauptstreitpunkt im Tarifkonflikt bei der Bahn ist die Forderung der GDL, die Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter auf 35 Stunden zu verkürzen - bei vollem Lohnausgleich.
Marco Kragulji vom Fahrgastverband ProBahn in Augsburg kritisierte im BR24live den GDL-Streik. Das Grundverständnis von Pro Bahn sei, dass man einen Konsens finde. "Was wir nicht verstehen können, ist, dass man einfach stur auf seinen Punkten beharrt und sagt, wir rücken keinen Zentimeter von unseren Forderungen ab." Es komme das Gefühl auf, man wolle die Deutsche Bahn noch einmal schlechter stellen. Kragulji sagte, er sehe ein großes Problem in den unangekündigten Wellenstreiks.
Die GDL hatte bekannt gegeben, dass nach Ablauf des regulären Streik-Zeitraums ab sofort auch weitere sogenannte Wellen-Streiks folgen könnten – und zwar unangekündigt. Das hatte bereits im Vorfeld für Kritik gesorgt, weil sich Fahrgäste dann nicht mehr vorab informieren könnten.
Das empfiehlt die Bahn Reisenden
Wer nicht aufs Auto oder alternative Reisemöglichkeiten ausweichen kann oder möchte, dem rät die Bahn dringend dazu, sich ab 24 Stunden vor Fahrtantritt zu informieren, ob der gewünschte Zug auch tatsächlich fährt. Das geht online auf der Webseite, über die Bahn-App oder auch über ein kostenfreies Service-Telefon.
Allen, die vorab bereits ein Ticket für den Streikzeitraum gekauft haben, aber wegen des Streiks doch nicht reisen möchten, kommt die Bahn entgegen: Die Zugbindung ist aufgehoben, das Ticket kann zu einem späteren Zeitpunkt genutzt werden.
Kein Streik bei privaten Eisenbahnunternehmen
Private Eisenbahnunternehmen wie die Bayerische Regiobahn, die unter anderem von München ins Oberland fährt, und Go-Ahead auf der Strecke München-Augsburg werden nicht bestreikt. Dennoch kann es auch hier zu Verzögerungen und einzelnen Zugausfällen kommen, etwa, wenn Streckenabschnitte aufgrund des Streiks nicht befahrbar sind oder Lokführer nicht rechtzeitig an ihrem Einsatzort ankommen.
Im Video: Die Lage am Münchner Hauptbahnhof um 16 Uhr
Streiks nicht nur bei der Bahn, auch an Flughäfen
Ein weiterer Warnstreik läuft aktuell bei der Lufthansa. Das Bodenpersonal folgte dem Aufruf von Verdi, für 60 Stunden die Arbeit niederzulegen. Seit heute frühmorgens um 4 Uhr bis Samstag kurz nach 7 Uhr soll die Arbeitsniederlegung dauern. Betroffen ist in Bayern der Flughafen München. Auch der Flughafen Nürnberg rechnet mit Auswirkungen.
Am Flughafen München sind 500 von 800 Flügen annulliert worden. Die Check-In-Schalter sind größtenteils geschlossen. Der Warnstreik betrifft hauptsächlich das Terminal 2, das von der Lufthansa mitbetrieben wird. Dennoch: Chaos ist bisher ausgeblieben. Die Fluggäste wurden von den Airlines vorher schon umgebucht oder waren bereits informiert, dass ihr Flug ausfällt. Wie eine Lufthansa-Sprecherin mitteilt, soll es morgen ähnlich verlaufen.
Lufthansa informiert Betroffene per Mail und App
Bestreikt werden sogenannte passagiernahe Bereiche wie Check-Ins, Gates und Lounges der Lufthansa. Die Airline erwartet "umfassende Auswirkungen auf das Flugprogramm" und hat einen Sonderflugplan erstellt. Der Flughafen München spricht von "erheblichen Einschränkungen und Flugstreichungen", mit denen man rechnen müsse. Das heißt, es werden die nächsten beiden Tage wohl zahlreiche Lufthansa-Flüge ausfallen.
Betroffene Passagiere will die Lufthansa vorab per Mail oder App informieren. Der Flughafen München rät dazu, bereits vor Anreise nachzusehen, ob der gewählte Flug tatsächlich stattfindet. Auch nach dem Ende des Streiks ist laut Lufthansa noch mit Nachwirkungen zu rechnen.
Lufthansa: Arbeitskämpfe kosten bislang 100 Millionen Euro
Wie die Lufthansa mitteilte, haben die Warnstreiks im laufenden Jahr das Unternehmen bislang rund 100 Millionen Euro gekostet. Darüber hinaus hielten sich zahlreiche Kunden mit Buchungen zurück, sagte Finanzvorstand Remco Steenbergen bei der Bilanzvorlage in Frankfurt. Personalvorstand Michael Niggemann forderte die Gewerkschaften auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Nur dort könnten Lösungen gefunden werden.
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