Symbolbild: Schülerinnen und Schüler bei einer Prüfung
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Streit über Exen: Elternvertreter "entsetzt" über Söder

Streit über Exen: Elternvertreter "entsetzt" über Söder

Mit scharfen Worten kritisieren Elternvertreter in Bayern das Machtwort des Ministerpräsidenten zu unangekündigten Tests an Schulen. Söder beschädige das Vertrauen in Demokratie, warnt ein Elternverband. Ein anderer hält Exen für "nicht förderlich".

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Das öffentliche Machtwort des Ministerpräsidenten machte die Hoffnungen so mancher Schülerinnen und Schüler zunichte: "Exen und Abfragen werden natürlich bleiben", betonte Markus Söder vergangene Woche bei der CSU-Fraktionsklausur im oberfränkischen Kloster Banz. Sein Argument: Die "Leistungsdichte" dürfe sich nicht verschlechtern.

Nachdem zunächst Opposition und ein Teil der Lehrerverbände scharfe Kritik am Vorgehen des Ministerpräsidenten geäußert hatten, schalten sich jetzt Elternverbände ein.

Der Landesvorsitzende des Bayerischen Elternverbands (BEV), Martin Löwe, macht in einem offenen Brief seinem Unmut Luft: "Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, der Bayerische Elternverband e.V. ist über Ihre bildungspolitischen Äußerungen während der CSU-Fraktionsklausur in Kloster Banz entsetzt." Mit seiner Vorgabe zu Exen habe Söder das Vertrauen in Demokratie und Rechtsstaat "abermals schwer beschädigt". Auch die Landes-Eltern-Vereinigung der Gymnasien in Bayern kritisiert in einem Brief Söders Haltung.

Fast 20.000 Unterschriften für Petition gegen Exen

Die Zukunft von Exen war zuletzt aus zwei Gründen in den Fokus gerückt: Zum einen unterstützen viele Organisationen und Experten eine bayerische Petition mit dem Titel "Schluss mit Abfragen und Exen!" Die Zahl der Unterschriften nähert sich aktuell der Marke von 20.000. Zum anderen stellte zum Start des neuen Schuljahrs Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) eine grundlegende Debatte über Prüfungen an den bayerischen Schulen in Aussicht – auch darüber, ob es weiter unangekündigte Exen geben soll. Nach Söders öffentlicher Ansage lenkte Stolz ein: Sie hält zwar weiter am Dialog fest, Exen sollen aber nicht zur Diskussion stehen.

Der BEV-Landeschef lobt grundsätzlich den "neuen Dialogstil" im Kultusministerium. "Der offene und tabufreie Austausch mit Experten und Verbänden ist überfällig, um den über Jahrzehnte angehäuften Reformstau in der Bildungspolitik anzugehen." Ein Dialog zur Zukunft von Prüfungen und Tests wäre laut Löwe "ein wichtiger Schritt gewesen", um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Diesen Prozess habe Söder mit seiner "Intervention zunichtegemacht".

BEV: Söders Vorgehen "problematisch"

Söder entscheidet laut Löwe in zentralen Bildungsfragen "offensichtlich im Alleingang, ohne Konsultation von Fachleuten und Experten und über die Fachministerin hinweg". Ähnlich sei der Ministerpräsident Anfang des Jahres bei der Grundschulreform vorgegangen. Wenn fachlicher Rat ignoriert werde, könne Bildungsqualität nicht sichergestellt werden, die programmatische Arbeit der Ministerin werde zur Farce.

"Besonders problematisch" ist dem Elternvertreter zufolge, dass Söder das Petitionsrecht untergrabe. Denn er greife einer Entscheidung des Landtags über die Petition "Schluss mit Abfragen und Exen!" vor. Das sei nicht mit den demokratischen Werten vereinbar, die Schülern in der Verfassungsviertelstunde nähergebracht werden sollen. "Vielmehr erinnert es an veraltete, absolutistische Entscheidungsstrukturen." Der BEV fordert Söder auf, den Weg für "dringend" nötige Reformen der bayerischen Bildungspolitik freizumachen.

Art der Prüfung "nicht förderlich"

Die Vorsitzende der Landeselternvereinigung der Gymnasien in Bayern (LEV), Birgit Bretthauer, schreibt in ihrem Brief an den Ministerpräsidenten: "Es ist unbestreitbar, dass unangekündigte schriftliche Leistungsnachweise bei vielen Schülerinnen und Schülern Angst und Druck erzeugen." Diese Art der Prüfung werde von der Mehrheit der Gymnasial-Eltern in Bayern "als nicht förderlich für eine nachhaltige Lernentwicklung" angesehen.

Häufig werde das Argument angeführt, dass unangekündigte Tests die Kinder und Jugendlichen auf das spätere Arbeitsleben vorbereiten sollen. Dieses Argument sei wenig überzeugend, betont Bretthauer. "In der Berufswelt geht es vielmehr darum, lösungsorientiertes Denken und strukturiertes Arbeiten zu beherrschen, um Herausforderungen unter Druck zu meistern – Fähigkeiten, die bei unangekündigten Leistungsnachweisen meistens nicht gefördert werden." Stattdessen solle es kleine, angekündigte schriftliche Leistungsnachweise geben.

Auch der LEV begrüßt den von Kultusministerin Stolz angekündigten Dialog über die gesamte Prüfungskultur. Diese müsse weiterentwickelt werden. Der Verband fordert den Ministerpräsidenten auf, einen so "wegweisenden Prozess" nicht "durch eine Verordnung" zu behindern oder gar zu beenden.

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