In Kirchseeon ist die Vorfreude groß. Am Samstag hat bereits der erste Perchtenlauf in der Gemeinde Vaterstetten stattgefunden. Und am ersten Adventswochenende startet nun die offizielle Perchtensaison. Dem Brauch nach sind die Perchten mit Gewändern und Holzmasken zwischen Ende November und Januar unterwegs, um die bösen Geister des Winters auszutreiben.
Etwa 80 aktive Mitglieder hat der Kirchseeoner Perchtenverein aktuell. Während viele Vereine mit Nachwuchssorgen zu kämpfen haben, ist das bei ihnen kein Problem. In diesem Jahr gab es allein 34 Neuaufnahmen. Die meisten Erwachsenen waren früher schon als Kinder dabei und geben das nun an die nächste Generation weiter.
Erster Auftritt nach langer Wartezeit
Nach zwei Jahren Pandemiepause konnten es die Perchten gar nicht mehr erwarten, bis es wieder losgeht, so Vorstand Wolfgang Uebelacker. Für viele Kinder und Jugendliche ist es diesen Winter sogar das erste Mal, dass sie mit den Perchten auftreten. Eine von ihnen ist Giuliana Böschenbröker. Sie ist elf Jahre alt und hat in den letzten Monaten fleißig alle Gesänge und Tänze geübt. Vor dem ersten Auftritt am Samstag war sie aber doch nervös. Gerade bei so vielen Zuschauern. Die Sicht unter einer Perchtenmaske ist sehr eingeschränkt und gerade beim Tanzen sieht man so gut wie gar nichts.
Unterstützung und gute Tipps bekam sie von ihrer Familie. Opa Herbert Froschauer trommelt bei den Perchten und hat auch seine damalige Frau dort kennengelernt. Die Kinder haben sie dann ganz selbstverständlich auch mitgenommen und nun geht es mit Enkelkind Giuliana weiter. Die will auf jeden Fall weitermachen. Bei den Perchten fühlt sie sich "wie in einem Team".
Kindergruppe PiA: Perchten in Ausbildung
In Kirchseeon wird viel dafür getan, damit die Tradition im Verein weiterlebt. Für den Nachwuchs gibt es sogar extra Gruppenstunden, PiA nennt sich das, Perchten in Ausbildung. Der Andrang ist groß, fast jede Woche kommt ein neues Kind dazu. Die Kleinen lernen dort mehr über den Brauch, woher die Perchten eigentlich kommen und was es mit dem Vereinsheim, der Badstube überhaupt auf sich hat. Ein Großteil der Einnahmen aus der Arbeit der Perchten fließt in den Erhalt des historischen Holzgebäudes.
Seit April gehört der Perchtenlauf in Kirchseeon sogar zum Immateriellen Kulturerbe. Ausgestellt werden die Masken im eigenen Museum, dem "Maskeum". Gerade für Kinder sei das Museum perfekt, um mehr über die Perchten und die verschiedenen Figuren zu lernen. Draußen im Dunkeln könne man sich sonst vor den Masken schon gruseln, erzählt Tina Heiler von der Perchten-Stiftung. Sogar ein eigenes Kinderbuch haben sie mittlerweile rausgebracht.
Perchten in Bayern zufrieden
Doch nicht nur in Kirchseeon läuft es gut. Viele Perchten-Gruppen in Bayern können - anders als andere Vereine - nicht über Mitgliederschwund klagen. Die Amperperchten z.B. haben nur einen Abgang. Dafür seien einige Helfer nun aktive Mitglieder. Ähnlich ist es bei den Freisinger Perchten. Nur ein paar wenige machen dieses Jahr eine Pause z.B wegen der hohen Spritpreise, so die Organisatoren. Auftritte seien eben oft mit viel Fahrerei verbunden.
Den jährlichen Perchtenlauf in Freising konnten sie aber nicht auf die Beine stellen, zu spärlich war die Rückmeldung bis Ende Oktober. Das müsse aber nicht unbedingt daran liegen, dass sich viele Gruppen aufgelöst haben. Das Perchtenbrauchtum sei wohl die letzten beiden Coronajahre bei vielen Vereinen einfach etwas eingeschlafen. Die meisten Gruppen freuen sich aber, wie die Kirchseeoner, dass sie endlich wieder auftreten dürfen.
Ein Glück für die Zuschauer. In Vaterstetten war der Andrang am Wochenende bereits riesig. Endlich wieder Perchten nach so langer Pause, hieß es von vielen. "Die gehören zum bayerischen Brauchtum einfach dazu", sagte eine Zuschauerin, die jedes Jahr zuschauen will. Es wurde gefilmt und fotografiert wie auf dem Roten Teppich. In Bayern sind die Perchten offenbar richtige Stars.
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