Ein Mann übt gemeinsam mit einem Kind, einen Teller auf einem Stab zu drehen
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Chefarzt Moritz Kuscha zeigt, wie das Tellerdrehen funktioniert.

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Therapie in der Manege: Eine Klinik ist im Zirkusfieber

Therapie in der Manege: Eine Klinik ist im Zirkusfieber

Im Ameos Klinikum in Simbach am Inn wird eine neue Therapierichtung ausprobiert: die Zirkustherapie. Kinder stellen sich Herausforderungen, tauchen ein in eine neue Welt. Und die ganze Klinik ist im Zirkusfieber.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Wenn plötzlich in der eigenen Stadt ein Zirkuszelt auftaucht, ist das für viele Kinder etwas Magisches – mit Akrobatik, Clowns und Popcorn. Eine ganz eigene Welt.

In Simbach, im Landkreis Rottal-Inn, steht gerade ein ganz besonderes Zirkuszelt. Hier proben die Kinder aus dem örtlichen Ameos Klinikum für ihren eigenen großen Auftritt. Und gleichzeitig ist das auch eine neue - allerdings noch nicht anerkannte - Form der Therapie.

Proben mit dem Chefarzt

Die Zirkustherapie enthält Elemente aus der Ergo-, Gruppen- und Bewegungstherapie. Es gibt keine sozialen Benachteiligungen. Finanziert wird sie von der Ameos Gruppe, dem Krankenhausbetreiber, sowie manchmal auch durch Spenden.

Eine Gruppe von 30 Kindern probt aktuell hier unter Anleitung von Moritz Kuscha, dem Chefarzt der Klinik für Familienpsychosomatik. "Die Kinder müssen eigentlich nur den Mut haben, was Neues auszuprobieren und auch aushalten, dass es nicht sofort klappt. Eine schöne Vorstellung ist ja nicht mit Leistung verknüpft, sondern wie wir uns das gemeinsam mit den Kindern erarbeiten", sagt Kuscha.

Drahtseil, Akrobatik oder Nagelbrett

Gemeinsam mit Liane Marx, der Leiterin der Kindertagesstätte, und Erzieherinnen dürfen die Kinder sich in allen Zirkusdisziplinen ausprobieren. Wie ein Fakir auf dem Nagelbrett probeliegen, auf dem Drahtseil balancieren oder sich in akrobatischen Figuren üben. Dann dürfen sie sich für eine der Disziplinen entscheiden, die sie dann am Ende der Woche vor großem Publikum aufführen. Direkt am ersten Tag zeichnen sich schon besonders beliebte Disziplinen ab. "Ich möchte unbedingt wieder Hula Hoop machen", sagt ein Mädchen, sie war schon letztes Jahr bei einer der Projektwochen dabei. Ein Junge überlegt sich, als Clown aufzutreten: "Ich kann lustige Sachen, wo ich manche Kinder aufmuntern kann."

Wer nicht im Rampenlicht stehen möchte, für den hat die Zirkuswelt auch andere Möglichkeiten zur Teilnahme. "Das kann bei der Requisite sein oder Gegenstände auf die Bühne zu tragen oder dem Techniker zu helfen", erklärt Kuscha.

In der Zirkuswelt findet jeder seinen Platz

Auf dem Gelände der Klinik proben Kinder mit psychischen Erkrankungen, Kinder von Eltern mit psychischer Erkrankung und Kinder von Eltern, die in Simbach auf Reha sind – alle gemeinsam.

Das Projekt ist bisher einzigartig im klinischen Bereich. Manche Kinder haben eine Depression, Angsterkrankungen, ADHS oder posttraumatische Belastungsstörungen. Krankheitsbilder, die sich aus medizinischer Sicht nicht von körperlichen unterscheiden. Aber in der Gruppe fällt es nicht auf, ob jemand krank ist oder nicht. Außerdem ist die Zirkuswelt eine, die einen Platz für alle mit besonderen Talenten hat. "Im Zirkus muss man natürlich auch gewisse Fähigkeiten haben, wo man in der klassischen Gesellschaft auch mal aneckt", sagt Chefarzt Kuscha, "aber es ist eben auch eine eigene Welt, in der jeder so sein darf, wie er ist."

Klinik im Zirkusfieber

Inzwischen hat das Zirkusfieber die ganze Klinik fest im Griff. "Das ist magic", sagt Margarete Liebmann, die ärztliche Direktorin des Klinikums. Das besonders Schöne sei, dass auch die Eltern sehen würden, was in ihren Kindern an Fähigkeiten und Mut stecke. Liebmann eröffnet die kostenlose Vorstellung als Gastgeberin in einem glitzernden Samt-Anzug. "Dann darf ich auch aus meiner Rolle rausgleiten und teilhaben an dem Zirkus-System", sagt sie und grinst.

Clowns, Fakire und Akrobaten auf der Bühne

Dass diese eigene Zirkuswelt funktioniert, beweisen die Kinder am Ende der Projektwoche. Sie führen eine komplette Zirkusshow im vollbesetzten Zirkuszelt vor. Eine Fakir-Nummer, Clowns, eine Feuershow und Riesenseifenblasen. Ein paar der Kinder entdecken auch neue Talente in der Artistik. Für viele Eltern ist das etwas ganz Besonderes, das eigene Kind dort stehen zu sehen. So besonders, dass viele Freudentränen an diesem Zirkusnachmittag fließen.

Das Wichtigste aber ist: Alle Kinder haben sich auf die Bühne getraut. "Das sind die Momente, wieso man das in eine Therapieform umwandeln möchte", sagt Chefarzt Kuscha, "weil in so einer Woche so viel mehr passieren kann wie in manchen Einzeltherapien." Für die Anerkennung fehlt bisher aber noch eine wissenschaftliche Prüfung der Wirksamkeit von Zirkustherapie.

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