Skier und Stöcke stehen gegen eine Wand gelehnt.
Bildrechte: picture alliance / M.i.S. | Bernd Feil
Audiobeitrag

Immer wieder fahren Schüler aus Bayern ins Skilager. Viele Kinder freuen sich auf die Erfahrung, aber es gibt auch Kritik (Symbolbild).

Audiobeitrag
>

Tradition, Kompromiss oder Umdenken? Wenn Skilager polarisieren

Tradition, Kompromiss oder Umdenken? Wenn Skilager polarisieren

Erlebnis oder Umweltbelastung? Bevor Schüler zum Skikurs fahren, wird häufig gestritten. Das ist nicht neu. Skigebiete haben reagiert, manches ist umweltbewusster möglich. Trotzdem gibt es Rufe nach Alternativen.

💬 "Dein Argument" greift Euren Input auf: Kommentare aus der BR24-Community sind Anlass für diesen Beitrag. 💬

Dass Schulklassen ins Skilager fahren, wird häufig kritisiert. Gegner führen hohe Preise und Umweltschutzgründe an. Befürworter halten die Kritik für überzogen. Es gebe viele andere Dinge, die für die Umwelt auch schädlich seien, etwa Kreuzfahrten oder Flugreisen. Wieso stehen Skikurse so sehr in der Kritik?

Es könnte daran liegen, dass sich Schul-Skilager an ein breites Publikum wenden, sagt Sozialwissenschaftler Sascha Oswald von der Uni Hildesheim auf BR24-Anfrage. Somit müssten Kinder und Eltern entscheiden, ob der vergleichsweise teure Trip angetreten wird oder nicht. Das mache es wahrscheinlicher, dass Menschen, die dem Skifahren neutral oder eher negativ gegenüberstehen, Kritik äußerten.

Vergleichbare teure Hobbys, wie Motocross oder Bootsfahrten, fänden hingegen nur im Privatbereich unter Enthusiasten und Befürwortern statt. Daher sei hier weniger Kritik zu erwarten, weil diese Sportarten und Hobbys im Leben von potenziellen Kritikern oft keine direkte Rolle spielen.

BR24-User: Pro und Contra am Skifahren

Diskussionen gibt es auch in der BR24-Community. So bezeichnet User "Echsenmensch" das Skifahren als umweltschädlich. "bewohner" kommentiert: "Skifahren ist out!" Andere Nutzer geben Contra. So kommentiert "Kipferl", dass Anfahrt und Unterkunft den größten Teil der Belastung ausmachen würden. Die hätte man bei alternativen Programmen wie Sommersportwochen auch.

Manche argumentieren, Skifahren solle nicht Sache der Schule sein. Gleichzeitig: Für die Kinder hätte es den Vorteil, dass sie einen Sport ausprobieren könnten, den man sonst nie versucht hätte, schreibt "SokratesMI". Durch die gemeinsamen Erlebnisse auf der Piste würde die soziale Gemeinschaft mehr als in einem Schullandheim gestärkt werden.

Öffentliche Verkehrsmittel und nachhaltigere Skigebiete

"Skilager haben Tradition und bieten wertvolle Gemeinschaftserlebnisse in der Schule", erklärt auch ein Sprecher der Naturschutzorganisation WWF. Dennoch belaste die Wintersportindustrie die Umwelt erheblich. Beispielsweise brauche es planierte Böden; Schneekanonen verbrauchen Wasser und Strom.

Man könne aber auch bei Skireisen Dinge tun, um seinen ökologischen Fußabdruck zu verkleinern. So könne man zum Beispiel versuchen, mit der Bahn anzureisen. Das spare CO₂ und verhindere Staus. Bei der Auswahl des Skigebiets könne man ebenfalls an das Klima denken. "Je kürzer die Anreise, desto besser für die Umwelt, denn die An- und Abreise ist ein Hauptfaktor beim ökologischen Fußabdruck", so der WWF-Sprecher weiter. Durch ausbleibenden Niederschlag oder zu hohe Temperaturen fallen jedoch Ziele in Deutschland häufig weg.

Zudem gebe es nachhaltigere Skigebiete, die beispielsweise auf erneuerbare Energien bei der Stromgewinnung, Energiespeicherung oder klimafreundliche Baustoffe setzten. Mit umweltschonenden Maßnahmen wollen die Betreiber dort Ressourcen schützen und so auch ihre eigene Zukunft sichern. So wirbt Österreich im Bereich des Wintertourismus mit Nachhaltigkeit (externer Link).

Skifahren als "Privileg": Ersatzprogramme helfen

Manche User rufen dennoch nach Alternativen. So kommentiert "moat", dass Skifahren mit "immensem Aufwand" verbunden sei. Er schlägt Wandertouren, Paragleiten oder Kajakfahren vor: "dem wandelnden Klima angepasst".

Generell sollte man das Skifahren an sich nicht verteufeln, erklärt ein Sprecher des Bund Naturschutz (BN), der auch beim deutschen Skilehrerverband arbeitet. Was schlecht ist, sei die Vorstellung, dass man in jedem Winter immer überall Skifahren können müsse. Die Menschen müssten begreifen, dass Skifahren ein Privileg sei – und somit nicht selbstverständlich. Auch eine gewisse Flexibilität helfe: Bei zu wenig Schnee müsse es Ersatzprogramme geben. "Skifahren ist nicht das Einzige, das man im Winter machen kann." An vielen Schulen gebe es das bereits: Im Rahmen von Sommersport- oder Wintererlebniswochen würden Lehrer Schülern andere Aktivitäten als das Skifahren näherbringen.

Ein Grund dafür, dass Schulklassen ins Skilager fahren, sei häufig, dass die Ski-Ausbildung Teil des Sportlehramtsstudiums in Bayern sei, erklärt Manuel Steinbauer vom Lehrstuhl für Sportökologie der Uni Bayreuth. Was er damit meint: Weil das Skifahren in der Lehrplanordnung für Gymnasien und Realschulen für Sport-Lehramtsstudenten genauso verpflichtend ist, wie etwa Leichtathletik oder Geräteturnen, müssen es alle belegen und viele setzen es anschließend um.

Forscher: Schüler lieber für lokale Sportarten begeistern

Zwar seien die gemeinsamen Busfahrten in die Berge, was den Umweltschutzaspekt anbelangt, deutlich weniger problematisch als andere Urlaubsformen wie etwa Flugreisen. Dennoch sollte man sich die Frage stellen, wieso man den Schülern nicht eher nachhaltigere Sportarten näherbringe, die auch lokal betrieben werden können, sagt Steinbauer.

"Aktivitäten wie Wandern oder Mountainbiken haben einen geringeren ökologischen Fußabdruck und fördern gleichzeitig die Begeisterung für lokal verfügbare Sportarten." Primär gehe es bei einer Schulfahrt ja nicht vorwiegend darum, den Kindern eine neue Sportart beizubringen, sondern um Zusammengehörigkeits- und Selbstwertgefühl sowie soziale Fähigkeiten.

Im Video: Schnee von gestern - Sollen Kinder noch ins Skilager fahren?

Zwei junge Mädchen stehen mit Snowboards im Schnee.
Bildrechte: BR | UNKRAUT
Videobeitrag

Kaum Schnee und weite Anfahrtswege: Schulen wägen ab, ob sie noch Skilager-Fahrten anbieten sollen. Manche weichen auf Alternativen aus.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!