Snowboard-Kurs im Skilager
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Mia und Helena aus der 7c des Coburger Gymnasiums Alexandrinum im Skilager

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Schnee von gestern: Passt das Skilager noch in unsere Zeit?

Schnee von gestern: Passt das Skilager noch in unsere Zeit?

Kaum Schnee und weite Anfahrtswege: Schulen wägen ab, ob sie überhaupt noch Skilager-Fahrten anbieten sollen. Manche weichen auf kreative Alternativen aus. Der Winter spielt aber eine wichtige Rolle.

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Mia aus der 7c des Coburger Gymnasiums Alexandrinum steht zum ersten Mal auf der Piste. Im Skilager hat sie die Möglichkeit, Snowboard fahren zu lernen. Zuerst übt sie mit dem Board zu rutschen, dann das Bremsen. Die gesamte Jahrgangsstufe ist für eine Woche nach Wagrain bei Salzburg gefahren. Mias Sportlehrerin Diana Atzpodien ist eine große Verfechterin des Skilagers. Hier bekämen Schüler die Möglichkeit, das Element Schnee zu erleben, Gleiten zu lernen und Fliehkräfte zu spüren: "Das sind ganz neue Reize fürs Hirn und die koordinativen Fähigkeiten."

Mia hat allerdings damit gerechnet, dass in den Bergen mehr Schnee liegt. Es war einer der trockensten Winter in Österreich (externer Link) seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Sie hat Sorge, dass es noch wärmer wird und dann gar kein Naturschnee mehr liegt. Wenn es irgendwann nur noch "falschen Schnee" gebe, würde es sich bestimmt nicht mehr so gut fahren, sagt sie.

Schnee wird immer weniger

Angesichts der Klimaerwärmung muss fürs Skifahren immer mehr Aufwand betrieben werden. Eine Datenanalyse des BR hat erst kürzlich gezeigt, dass fast alle Skigebiete in Bayern und Österreich großflächig beschneit werden. Das verbraucht Wasser und Strom. Außerdem werden Skipässe immer teurer. Eine Woche Skilager kostet pro Kind schnell um die 500 Euro.

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Sportlehrerin Diana Atzpodien mit dem Fortgeschrittenen-Kurs

Vor diesem Hintergrund müssen bayerische Schulen abwägen, ob sie überhaupt noch klassische Ski-Freizeiten anbieten. Genaue Zahlen dazu, wie viele Bildungseinrichtungen das Skilager schon abgeschafft haben, gibt es nicht. Laut Bayerischem Lehrer- und Lehrerinnenverband ist das an jeder Schule eine individuelle Entscheidung: Manche halten am Skilager fest. Andere suchen nach Alternativen und bieten zum Beispiel Sommersportwochen an.

Winterfreizeiten sind ein starker Kontrast zum Schulalltag

Professor Ralf Roth von der Sporthochschule Köln hebt aber den besonderen Wert einer Klassenfahrt im Winter hervor: "Kinder im Winter rauszubringen, ist viel spannender", sagt er. Studien würden zeigen, dass es einen besonderen tiefenpsychologischen Effekt hat, im Schnee zu sein. Die Landschaft "verzaubere". Und auch Kinder, deren Familien nicht mit ihnen in die Berge fahren, bekämen über die Schule einen Zugang zum Wintersport.

Allerdings müsse es nicht zwingend Skifahren oder Snowboarden sein. Mit Schlittenfahren oder Schneeschuhwandern kann man laut dem Sportwissenschaftler einen ähnlich hohen Erlebniswert erreichen. Wichtig sei vor allem, die Kinder in Bewegung zu bringen – und zwar auch in der kalten, dunklen Jahreszeit.

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Blick vom Brauneck bei Lenggries

Alpaka-Wandern statt Skilager

Die Leopold-Ullstein-Realschule aus Fürth hat das aufgegriffen. Das Skilager im oberbayerischen Bad Tölz wurde in "Winter-Aktiv-Woche" umbenannt. Für alle Schülerinnen und Schüler, die nicht Skifahren wollen oder können, gibt es ein Alternativprogramm. Mit Wandern, Rodeln – und einem Alpaka-Spaziergang. Der kann auch stattfinden, wenn gar kein Schnee liegt.

Klassenleiter Dominik vom Dorp hat mit dem Konzept gute Erfahrungen gemacht. "Wir können ihnen jeden Tag etwas anderes bieten", sagt er. Letztes Jahr lag während der Klassenfahrt am Brauneck so wenig Schnee, dass Skifahren überhaupt nicht mehr möglich war. Dann gab es mit der Winter-Aktiv-Woche sportliche Alternativen für alle.

Bergwelt macht Erderwärmung erfahrbar

Hinzu kommt: Wenn Kinder oder Jugendliche den Winter in den Bergen selbst erleben, bekommen sie leichter ein Gefühl für die Klima-Problematik. Grüne Hänge neben künstlich beschneiten Pisten regen zum Nachdenken an. Dem Sportwissenschaftler Roth zufolge ist ein Aufenthalt in den Alpen ein guter Rahmen, um mit ihnen zum Beispiel über planetare Grenzen und die Pariser Klimaschutzziele zu diskutieren. Ob Schnee schmilzt oder nicht, ist nur eine Frage von wenigen Grad Celsius.

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