Trauer um Benedikt XVI. in seiner bayerischen Heimat
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Trauer um Benedikt XVI. in seiner bayerischen Heimat

Trauer um Benedikt XVI. in seiner bayerischen Heimat

In Marktl am Inn ist Joseph Ratzinger geboren, in Pentling hätte er gern seinen Ruhestand verbracht. Sein Leben als Mann der Kirche führte ihn nach Rom. Doch er blieb seiner bayerischen Heimat stets verbunden. Viele Menschen dort trauern nun um ihn.

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Für den emeritierten Papst Benedikt XVI. war Bayern mehr als Heimat. Es war sein Sehnsuchtsort, dort hätte er gerne seinen Lebensabend verbracht. Nach seinem Tod ist in Benedikts Geburtsort Marktl am Inn und in seinem früheren Wohnort Pentling bei Regensburg die Trauer groß.

Besucher kondolieren in Benedikts Geburtsort Marktl

Auf schwarzem Samt steht eine weiße Rose, eine Kerze spendet Licht. In diesem Zimmer im oberbayerischen Marktl am Inn hat Joseph Ratzinger vor gut 95 Jahren als Sohn eines Gendarmen das Licht der Welt erblickt. Nun ist der emeritierte Papst Benedikt XVI. gestorben. In seinem Geburtsort herrscht Trauer, sein Geburtshaus öffnete jenseits der üblichen Zeiten die Pforten. Auch in Pentling, wo Benedikt von 1970 bis 1977 lebte und wo er seinen Ruhestand hätte verbringen wollen, ist die Trauer groß.

"Lieber Heiliger Vater, in dankbarer Erinnerung an persönliche Gespräche mit Ihnen sind wir in Trauer hierhergekommen", schreiben Besucher in Marktl in das Kondolenzbuch. An der Papstsäule nebenan haben Menschen einige Kerzen angezündet. Manche sind von fern gekommen. Ein 61-jähriger Österreicher sagt, das sei wichtiger, als "irgendwelche Raketen zu zünden".

Missbrauchsskandal immer auch Thema

Kurt und Annemarie Spennesberger haben sich nach der Todesnachricht im Allgäu auf den Weg an die Geburtsstätte Joseph Ratzingers gemacht, um ihm die Ehre zu erweisen. "Ich sehe ihn so, wie er gewesen ist, als Mensch. Kein Mensch ist ohne Fehler", sagt Kurt Spennesberger zu Kritik an dem emeritierten Papst Benedikt XVI. nicht zuletzt im Zusammenhang mit dessen Rolle bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals. Durch diesen hatte sich gerade in den vergangenen Jahren ein Schatten über das Wirken Benedikts gelegt. Mancherorts war unter anderem gar über eine Aberkennung von Ehrenbürgerwürden diskutiert worden.

Christiane Hartwig aus Marktl sagt, Benedikt XVI. habe viel für den Glauben getan und stets versucht, die Menschen darin zu stärken; er habe durch seine theologischen Aussagen viel bewegt. Dennoch habe der Missbrauchsskandal sie "sehr erschüttert". Und weiter: "Das hat mich schon manchmal zweifeln lassen."

Wahl zum Papst statt ruhigem Lebensabend in Pentling

In der Kirche von Marktl stehen weiße Rosen vor dem Bild Benedikts. Gläubige schreiben in ein Kondolenzbuch: "Ruhe in Frieden" und "Gute Reise, Benedikt". Zum Gottesdienst am späten Samstagnachmittag ist die Kirche mit rund 200 Menschen fast voll besetzt. Direkt neben dem Taufstein, an dem Joseph Ratzinger wenige Stunden nach seiner Geburt am 16. April 1927 die Taufe mit dem ersten geweihten Osterwasser empfing, steht ein Foto von ihm nach der Wahl zum Papst - die er sich selbst gar nicht gewünscht hatte.

"Ich bin nur ein einfacher demütiger Arbeiter im Weinberg des Herrn", steht darunter - das sagte er damals, ohne zu verheimlichen, dass er sich bereits auf einen ruhigen Lebensabend in Pentling eingestellt hatte - nicht zuletzt, um näher bei seinem Bruder Georg zu sein, der in Regensburg lebte und mit dem ihn eine enge Beziehung verband. Schwester Maria führte seinen Haushalt, so dass die drei Geschwister viel Zeit miteinander verbrachten. Ihre in Traunstein begrabenen Eltern ließen sie 1974 nach Regensburg umbetten.

Ratzinger hielt stets Kontakt zu Gemeinde Pentling

Und so versammeln sich am Samstag auch in Pentling Gläubige zu einem Trauergottesdienst in der Kirche. Für die Menschen hier war Joseph Ratzinger vor allem der geschätzte Nachbar, einer von ihnen, selbst als Papst und Ehrenbürger. 1970 hatte er das Haus in der Regensburger Vorortgemeinde bezogen.

Als Erzbischof von München und Freising und später als Präfekt der Glaubenskongregation in Rom kam Ratzinger immer wieder auf Heimaturlaub, segnete schon mal ein Feuerwehrauto oder hielt eine Messe. Abgebrochen ist Benedikts Verbindung in die Heimat nie. Eine Regensburger Wirtin brachte ihm zum Beispiel zuverlässig ihre berühmte Tellersulz in den Vatikan. Auch die Lokalzeitung hatte er jeden Tag auf dem Tisch und war stets über die Vorgänge in der Region informiert.

Bürgermeisterin Barbara Wilhelm sagte, Benedikt habe sich "immer als Pentlinger gefühlt, und in der Gemeinde wurde er immer als einer von uns betrachtet". Der Kontakt sei nie abgerissen. Immer wieder hätten Delegationen aus der Gemeinde Benedikt im Vatikan besucht, zudem habe es einen regen Briefkontakt gegeben.

Sein Wohnhaus in Pentling betrat Benedikt im Sommer 2020 ein letztes Mal. Damals war er überraschend zu seinem im Sterben liegenden Bruder nach Regensburg gereist. Es wurde zugleich ein bewegender Abschied von seiner Herzensheimat. Das Zusammentreffen mit seinen ehemaligen Nachbarn berührte Benedikt sichtlich.

1977 Umzug nach München, 1982 in den Vatikan

Denn auch als er – damals noch Joseph Ratzinger – im Jahr 1977 Erzbischof von München und Freising und 1982 Präfekt der römischen Glaubenskongregation im Vatikan wurde, behielt er sein Wohnhaus in Pentling. Für Urlaube kehrte er immer wieder dorthin zurück. 2010, als er schon seit fünf Jahren Papst war, überschrieb er das Haus dann der Stiftung Papst-Benedikt-XVI.

Seinen Geburtsort Marktl am Inn hatte Benedikt 2006 zuletzt besucht. Viele erinnerten sich daran, sagt Franz Haringer, theologischer Leiter des Geburtshauses von Benedikt XVI., in der Predigt. Der emeritierte Papst sei "im tiefsten einfach, liebenswürdig und humorvoll gewesen" - ganz anders als viele ihn gesehen hätten, nämlich konservativ und streng. Er habe sein Leben lang nichts anderes gewollt, als den Glauben zu verstehen und zu feiern.

  • Zum Artikel: Papst Benedikt: Chronologie einer Kirchen-Karriere

Ratzinger nannte Traunstein seine "Vaterstadt"

Wegen der Versetzung des Vaters war die Familie 1929 nach Tittmoning umgezogen, ab 1937 lebten sie in Hufschlag, beides im Landkreis Traunstein. In Traunstein besuchte Joseph Ratzinger das Gymnasium und das erzbischöfliche Studienseminar, in der Stadtpfarrkirche St. Oswald feierte er 1951 seinen ersten Gottesdienst als Priester. Mittags liegen die ersten Blumen an seiner Büste vor dem Haupteingang der Kirche, zu Füßen der Stele brennen Kerzen. Eine Frau bricht in Tränen aus, als die BR-Reporterin sie auf den Tod Benedikts anspricht. "Ich bin sehr betroffen und traurig", sagt sie. Man habe ihn doch gekannt als Einheimische: "Ich fühle mich ihm verbunden."

Altötting: Begegnung mit dem späteren Papst in der Bibliothek

Auch in Altötting bricht eine ältere Dame in Tränen aus, als sie über Benedikts Tod spricht. "Ich bin sehr betroffen", sagt sie, "aber trotzdem froh, dass er erlöst ist von seinem Leiden." Altötting ist wegen seiner Marienwallfahrt für viele der Inbegriff des Katholizismus - und Marktl am Inn ist ganz in der Nähe. Zufällig heute in Altötting unterwegs ist Bernd Behme aus Regensburg, wo Ratzinger als Professor gelehrt hatte. Er erzählt von einer Begegnung mit dem späteren Papst in der Uni-Bibliothek, abends um halb sieben: "Seid's ihr fleißig, Buam", habe der gelobt. Das sei seine ganz persönliche Erinnerung an ihn.

  • Zum Artikel: Trauer in Oberbayern um Benedikt XVI.

Münchner Zeit als Kardinal und Erzbischof

In der Münchner Frauenkirche steht ebenfalls ein Gedenk-Bild, direkt an den Stufen zum Altarraum. Eine Dame erinnert sich an ihre Kindheit, als sie Ratzinger als Kardinal und Erzbischof von München und Freising erlebt hat: "Deshalb habe ich mich mit ihm sehr verbunden gefühlt."

Im Münchner Frauendom wird der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx, am Dienstagabend ein feierliches Requiem für den verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. feiern. Mit dem Gottesdienst werde auch an Benedikts Wirken im Amt des Erzbischofs von München und Freising gedacht, das er als Kardinal Joseph Ratzinger von 1977 bis 1982 innehatte, teilte die Erzdiözese München und Freising mit. Totenmessen waren am Sonntag bereits in Passau und Würzburg angesetzt.

Gebirgsschützen trauern um ihren Freund

Die bayerischen Gebirgsschützen nahmen den Tod des emeritierten Papstes Benedikt XVI. mit großer Trauer auf. "Mit Benedikt XVI. ist ein wirklich Großer von dieser Welt gegangen – ein großer Theologe, ein großer Bayer und ein freundlicher Mensch mit einem großen Herz, der auf das Gute im Menschen vertraut hat", schrieb Landeshauptmann Martin Haberfellner. Die Gebirgsschützen hätten einen Freund verloren. Auch habe er immer um seine Wurzeln gewusst, er habe sein "Bayerisch-Sein" offen gezeigt und freudig gelebt. Die Gebirgsschützen, die sich den Erhalt von Brauchtum Tradition zur Aufgabe gemacht haben und alljährlich ihren Patronatstag zu Ehren der Mutter Gottes als Patronin feiern, waren dem früheren Pontifex stets eng verbunden.

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